Die Verfälschungen des Gotteswortes durch den jeweiligen Zeitgeist

1. Vermischung mit dem Heidentum

Die Verkündigung der einzelnen Denominationen hat sich allmählich geändert, während der alte Name erhalten geblie­ben ist. So gilt z. B. Bultmann, dessen Lehre auf vielen Kanzeln gepredigt wird und der zentrale Glau­benswahrheiten wie z. B. Jesu Auferstehung weginterpretiert hatte, als „Lu­theraner“. Dabei lie­gen die Unterschiede von Luther und Bultmann auf der Hand. In der Vergangenheit hatten libe­rale Theologen einzelne Glaubenslehren mit der Schere aus der Botschaft herausgeschnitten, z. B. Jungfrauengeburt, Jesu Wunder und seine Auferste­hung. Doch bei der heute allgemein verbreiteten dialektischen Theologie bleiben die tradi­tionellen Glaubenslehren scheinbar erhal­ten, die Dimension der Tatsächlichkeit wird aber beseitigt. Beispiel: Wir glauben an den aufer­standenen Christus. Doch dieser Glaube an den Auferstandenen hänge doch nicht daran, ob vor 2000 Jahren Jesu Knochen lebendig das Grab verlassen haben. Christus sei ins Kerygma – zu deutsch: in die Verkündigung – aufer­standen. Man könnte auch sagen, er sei in eine Mär­chenlandschaft auferstanden. Der Glaube bleibe angeblich erhalten, aber die Dimension der Tatsächlichkeit wird auf null reduziert. Wenn bei einem Körper eine Dimension null ist, dann ist es kein Körper, son­dern eine Fläche. Doch schaut man von oben auf die Fläche, dann könnte man sie für einen Körper halten. Diese dialektische Theologie scheint fromm zu sein. Man kann wie­der Jesu Auferstehung verkündigen. Predigthörer, die wissen, daß Jesus auferstanden ist und diesen ihren Auferstehungsglauben beim Prediger voraussetzen, werden in ihrem Aufer­stehungsglauben gestärkt, ohne daß der Prediger sagt, daß Jesu Gebeine lebend das Grab verlassen haben. Im Radio hörte ich eine Predigt, in der die Lehren aus der Auferweckung des Lazarus entfaltet wurden. Jegliche Aussage darüber wurde vermieden, ob es sich um einen historischen Bericht handelt, ob lediglich ein historischer Kern vorliegt oder ob die ganze Ge­schichte frei erfunden sei. Der Prediger hätte der Predigt ebenso einen Text aus Grimms Mär­chen zugrundelegen und daraus die Lehren für unser Leben entfalten können.

Die Entgleisungen in der Verkündigung geschehen auf der Grundlage einer Vermi­schung der christlichen Verkündigung mit dem Heidentum unserer Zeit. Im Heidentum unserer Zeit gibt es keine absolute unveränderliche Wahrheit, sondern lediglich subjektive Auffassungen, auch wenn sie als „Wahrheit“ bezeichnet werden. Hegel schrieb in seinem berühmten Machwerk „Phänomenologie des Geistes“: „sein [des Selbstbewußtseins] Denken ist unmit­telbar selbst die Wirklich­keit“.1 Die eigenen Wahnvorstellungen werden somit mit der Wirklichkeit gleichgesetzt. Im Sinne Hegels sagt Pippi Langstrumpf: „Ich bau mir die Welt, wie sie mir gefällt“, und dann trägt das Kind ein Pferd, das 600 kg wiegt. Wie Pippi Langstrumpf sich über die Naturgesetze hinwegsetzt, so setzen sich die Kommunis­ten über die Gesetze der Ökonomie hinweg und ver­ursachen dadurch Not und Elend. In der DDR behaupteten Spötter: „Die Christen predigen die Armut, die Marxisten verwirkli­chen sie“. Wie sich die Leugnung einer unveränderlichen Wahr­heit auf die Wis­senschaft auswirkt, zeigt ein Satz in „Weltall-Erde-Mensch“, das die 14jährigen in der DDR zur athe­istischen Jugendweihe erhielten: „So müssen denn die Resultate der Natur­wis­senschaften durch die Erkenntnisse der Philosophie des Marxismus-Leninismus über­prüft und ergänzt werden, um zu einem richtigen Bilde vom Menschen zu gelangen“.2Und dieses Heiden­tum von Hegel, von Pippi Langstrumpf, der Kommunisten und vieler ande­rer Dummköp­fe, das keine absolute unveränderliche Wahrheit kennt, wird mit der christli­chen Verkündi­gung vermischt. Dieses Heidentum in der Theologie bewirkt, daß die Wahr­heitsdimension von den Glaubenslehren abgetrennt wird. Die traditionellen Glaubensleh­ren bleiben zu­nächst scheinbar erhalten, werden aber in eine Märchenlandschaft verlegt.

Es gibt somit die christliche Botschaft, und es gibt das antichristliche Heidentum, in dem die eigenen Wahnvorstellungen mit der Wirklichkeit gleichgesetzt werden, so daß kein Raum bleibt für den Gedanken, daß eine objektive Wahrheit uns von außen erreicht. Und dann gibt es noch den Mischmasch von Gotteswort und dem antichristlichen Verzicht auf eine absolute Wahrheit in der dialektischen Theologie. Diese antichristliche dialekti­sche Theologie durch­dringt sowohl die Landeskirchen als auch die Katholische Kirche als auch eine Freikirche nach der anderen. Und das Nebeneinander von Gotteswort, Heiden­tum und der Vermischung von beiden gibt es schon so lange, wie weit wir in die Geschich­te zurückblicken können. Noah op­ferte nach der Sintflut dem HERRN. Doch in den fol­genden Generationen kam es zum Abfall von Gott, der sich im Turmbau zu Babel auswir­ken sollte, dessen Spitze bis an den Himmel reicht. Doch nicht alle waren dem Heidentum verfallen. Der Glaube an den HERRN lebte in Tarach, dem Vater von Abraham und dem Großvater von Lot fort. Gott führte Tarach nach Ha­ran und nach dessen Tod dessen Sohn Abraham und dessen Enkel Lot nach Kanaan. Auch in Kanaan hatte sich bei allem Götzendienst auch der Glaube an den lebendigen Gott erhalten. Denn Melchisedek, der König von Salem, war nicht etwa ein Götzendiener, sondern ein Pries­ter Gottes des Höchsten (1. Mose 14,18). Er brachte dem Abraham Brot und Wein, nachdem er aus ei­nem Krieg zurückkahm, und er segnete ihn, und Abraham gab ihm den Zehnten. Und von Christus heißt es, daß er ein Priester ist nach der Weise Melchisedeks. Aber der Götzen­dienst drang auch in die Nachkommenschaft Tarachs ein. Denn als Jakob mit seinen Frauen und seiner Habe aus Haran floh, stahl Rachel den Götzen ihres Vaters Laban (1. Mose 31,19). Also: Ein Enkel von Tarach, ein Neffe von Abraham hatte einen Götzen. Und Jakob, dieser Be­trüger, war bereit, sieben Jahr für eine Götzendienerin zu arbeiten. Über vierhundert Jahre spä­ter, als Mose vor Pharao nach Midian geflohen war, wird von Moses Schwiegervater gesagt, daß er Priester war (2. Mose 3,1). Später wird Mose sei­nem Schwiegervater noch bei der Wüs­tenwanderung begegnen. Das deutet darauf hin, daß er ein Priester des HERRN war.

Als die Israeliten in Ägypten wohnten, hatten sie ägyptische Nachbarn. Nur so war es möglich, daß sie bei ihrem Auszug goldene und silberne Gefäße von ihren Nachbarn erbitten konnten. Es gab Mischehen, und auch Ägypter waren beim Auszug aus Ägypten mit dabei. Sie brachten ihren Götzendienst mit in das Gottesvolk. Und der Religions­mischmasch äußerte sich im Tanz um das Goldene Kalb. Als Mose nicht wieder vom Berg Horeb zurückkahm, forderte das Volk von Aaron, daß er einen Gott mache, der vor ihnen hergeht. Im Unterschied zum Baalskult zur Zeit Elias galt der Tanz um das Goldene Kalb nicht als Abfall, sondern lediglich als eine andere Weise der Verehrung des Gottes, der sein Volk aus Ägypten geführt hat. Denn das Volk sagte: „Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat!“ (1. Mose 32,4). Und Aaron sprach: „Morgen ist des HERRN Fest“. Im Hebräischen steht der Gottesname „Jahve“, auch als „Jehovah“ ausge­sprochen. In seiner demokratischen Gesinnung hatte es Aaron nicht gewagt, sich gegen den Volkswillen zu stellen. Das Volk wollte einen Gott, der vor ihm hergeht. Doch Aaron war ein Priester des HERRN. Da hat er den Tanz um das Goldene Kalb als Fest des HERRN deklariert. Der Götzendienst wurde einfach umgedeutet. Eine heuti­ge Parallele wäre die Umdeutung des römischen Festes der unbesiegten Sonne am 25. De­zember zur Feier der Geburt Jesu. Der götzendienerische Geist des Tanzes um das Goldene Kalb zeigt sich darin, daß das Volk zuchtlos geworden war, denn, so heißt es: „Aaron hatte sie zuchtlos werden lassen zum Gespött ihrer Widersacher“ (2. Mose 32,25). Aber nicht das ganze Volk war abgefallen. Denn Mose rief zu sich, wer den HERRN angehört. Das waren die Söhne Levi. Die erschlugen auf Befehl Moses dreitausend Mann (2. Mose 32,26-28).

Der Unglaube und Kleinglaube des Volkes trotz der vielen Wunder, die es beim Aus­zug aus Ägypten und während der Wüstenwanderung erlebt hatte, zeigte sich, als sie das Land Kanaan einnehmen sollten. Zwölf Kundschafter wurden ausgesandt. Die berichte­ten, daß das Land sehr gut ist, aber auch, daß die Einwohner sehr stark und die Städte befestigt sind. Da bekam das Volk es mit der Angst zu tun und glaubte nicht, daß der Gott, der seine Allmacht immer wieder erwiesen hatte, ihnen auch diesmal den Sieg schenken kann (4. Mose 14). Des­halb mußten die Israeliten vierzig Jahr in der Wüste umherziehen, bis die Erwachsenen gestor­ben waren. Über eine Million Menschen lebte auf engem Raum in der Wüste zusammen, Gott ernährte sie durch Manna, und unter dem Einfluß des Gotteswortes wuchs eine neue Genera­tion heran, die bereit war, das verhei­ßene Land Kanaan einzunehmen. Nach der Landnahme legte Josua am Ende seines Le­bens dem Volk die Frage vor, wem sie dienen wollen, und das Volk bekannte, daß sie dem HERRN dienen wollen. Und dann sagt Josua: „So tut nun von euch die fremden Göt­ter, die unter euch sind, und neigt euer Herz zu dem HERRN, dem Gott Israels“ (Jos. 24,23). Das Volk bekannte sich zu dem Gott, der mit gewaltiger Hand sein Volk aus Ägyp­ten her­ausgeführt hatte, der durch die Wolken- und Feuersäule das Volk führte, der viele Wunder getan hatte, der Sieg über die Kanaaniter gegeben hatte; und trotzdem gab es noch fremde Götter, die sie hinwegtun sollen. Da fragt man sich: Wie paßt das zusam­men? Wie kann man bekennen: „Das sei ferne von uns, daß wir den HERRN verlassen und anderen Göttern dienen!“ und andererseits fremde Götter haben? Doch dieses Kunststück hatte man nicht nur zur Zeit Josuas vollbracht, sondern auch in der gesamten Geschichte Isra­els. Die ganze Kirchengeschichte bis in unsere Gegenwart ist voll vom Götzendienst sol­cher Men­schen, die meinen Gott zu dienen.

Die Einwohner Kanaans sollten wegen ihrer Sünden ausgerottet und vertrieben wer­den. Doch das war nur in geringem Ausmaß geschehen. Die Kanaaniter lebten auch wei­terhin unter den Israeliten und trieben auch weiterhin Götzendienst. Im Laufe der Jahr­hunderte vermischten sich die Kanaaniter mit dem Volk Israel, das von ihnen deren Göt­zendienst übernahm (Richter 2,1-5; 3,6).

Im Buch der Richter ist beschrieben, wie der Mann Micha ein Gotteshaus hatte. Ei­ner sei­ner Söhne war sein Priester. Doch dann kam ein Levit auf der Durchreise zu ihm, der nach ei­nem Ort suchte, wo er sich dauernd niederlassen kann. Diesen Leviten bat Micha, daß er sein Priester sei. Und Micha sprach: „Nun weiß ich, daß der HERR wohltun wird, weil ich einen Levi­ten zum Priester habe“ (Richter 17,13). Micha war ein Götzendie­ner, was Gott verabscheut. Aber nun hat er einen echten Leviten für seinen Götzendienst. So erleben wir es auch heute ständig. Die Kirche wird benötigt, um bei schlechten Sachen voranzugehen. Bevor zwei Män­ner oder zwei Frauen auf dem Standesamt heiraten konn­ten, hatte ein echter Pfarrer oder eine echte Pfarrerin, also echte Leviten, sie in der Kirche am Traualtar verkuppelt. Auch beim Kin­dermord mischt die Kirche mit. Kirchliche Einrich­tungen stellen Tötungslizenzen aus, als „Bera­tungsschein“ verharmlost. Und auch die Evangelische Allianz, also die frömmsten unter den Leviten, verbreitet die politische Lü­genpropaganda krimineller Vereinigungen, die den Kinder­mord fördern und die Interessen der Pädokriminellen vertreten, indem sie die Grundschulkinder belehren, daß Sexualkon­takte lustvoll seien.

Auch während der Königszeit ging der Götzendienst in Israel weiter. So hatte Sauls Toch­ter und Davids Frau einen Götzen. Den legte sie in Davids Bett, nachdem David vor den Häschern Sauls geflohen war (1. Sam. 19,8-17). Nach dem Tode Samuels ging Saul in größter Bedrängnis zu einer Totenbeschwörerin (1. Sam. 28). Folglich gab es Totenbe­schwörer in Is­rael. Salomos Götzendienst, zu dem ihn seine tausend vorwiegend auslän­dische Frauen ver­führt hatten, führte zur Spaltung des Reiches. Der Prophet Ahija sagte dem Jerobeam, daß Gott deshalb das Königtum aus der Hand Salomos reißen und dem Haus Davids nur einen Stamm lassen, zehn Stämme aber ihm, dem Jerobeam, geben wird (1. Kön. 11,26-43). Nach­dem Salomos Sohn Rehabeam König geworden war, baten ihn Jerobeam und die ganze Ge­meinde Israel, ihr Joch zu erleichtern. Doch das lehnte Rehabeam schroff ab. Die Folge war, daß sich zehn Stämme vom Hause David trennten und nur der Stamm Juda, mit dem der Stamm Simeon verschmolzen war, beim Haus Da­vids blieb.

Doch Salomo hatte den prächtigen Tempel gebaut. Und Jerobeam befürchtete, daß, wenn nun das Volk nach Jerusalem hinaufgeht um Opfer darzubringen, sich die Stim­mung im Volk wieder zu Rehabeam wenden könnte. Unter dem Vorwand, daß der Weg nach Jerusalem zu weit sei, ließ er zwei Goldene Kälber errichten, eines in Bethel, das andere in Dan. Gott hat­te dem Jerobeam versprochen: „Wirst du nun gehorchen allem, was ich dir gebieten werde, und in meinen Wegen wandeln und tun, was mir gefällt, daß du haltest meine Rechte und Ge­bote, wie mein Knecht David getan hat: so will ich mit dir sein und dir ein beständiges Haus bauen, wie ich es David gebaut habe, und will dir Israel geben“ (1. Kön. 11,38). Doch anstatt dieser Verheißung Gottes zu glauben und seine Macht auf den Beistand Gottes zu gründen, brachte er durch die Goldenen Kälber zum Ausdruck, daß er den Verheißungen Gottes nicht glaubt, sondern sich lieber auf seine menschliche Klugheit und sein politisches Können verläßt.

Warum errichtete er die Kälber in Bethel und in Dan? Dan lag an der Nordgrenze Is­raels, und es war von dort nach Jerusalem in der Tat sehr weit. Außerdem war in Dan der Götzen­dienst bereits etabliert. Denn als der Stamm Dan nach Norden zog, um sein Ge­biet zu erobern, kamen sie beim Haus des bereits erwähnten Micha vorbei, der einen ech­ten Leviten für seinen Götzendient hatte. Sie raubten den Götzen und entführten den Le­viten, damit er deren Priester sei. Bethel, wo Jerobeam das andere Goldene Kalb aufstell­te, lag an der Grenze zu Juda und nur etwa 20 km von Jerusalem entfernt. Der Weg nach Jerusalem wurde somit nicht wesentlich abgekürzt. Bethel heißt zu deutsch: „Haus Got­tes“. So nannte Jakob diesen Ort, als er vor sei­nem Bruder Esau floh, nachdem ihm dort im Traum die Himmelsleiter erschienen war. Die reli­giöse Bedeutung des Ortes mit dem wunderschönen Namen „Haus Gottes“ nutzt Jerobeam für seinen Götzendienst. Dadurch wurde verschleiert, daß es sich überhaupt um Götzendienst handelt. Jerobeam gebraucht auch im hebräischen Urtext wortwörtlich die gleichen Worte, die schon Aaron sprach: „Siehe, da ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägypten geführt hat“ (1. Kön. 12,28). Man hatte also nichts aus der Geschichte gelernt und wiederholte die damaligen Sün­den bei der Wüstenwanderung. Der geistliche Niedergang des Nordreiches wurde auch dadurch begünstigt, daß zur Zeit Jerobeams und danach Priester und Leviten in das Südreich ab­wanderten (2. Chron. 11,14).

 

Nach dem Tod Jerobeams ging dessen Sohn Nadab den Unheilsweg weiter (1. Kön. 15,25f). Nur zwei Jahre regierte er, dann machte Bascha eine Verschwörung und tötete nicht nur Jerobeams Sohn Nadab, sondern das ganze Haus Jerobeam (1. Kön. 15,27-29). Doch auch Bascha wandelte in dem Wege Jerobeams (1. Kön. 15,34). Baschas Sohn Ela wurde er­mordet durch seinen eigenen Knecht Simri (1. Kön. 16,9f). Sein Feldhauptmann Omri putschte gegen Simri, der daraufhin Selbstmord beging (1. Kön. 16,16-18). Auch Omri tat, was dem HERRN mißfiel. Dessen Sohn war Ahab. Und Ahab schritt auf dem Unheilsweg der Könige Is­raels noch weiter voran. Von ihm lesen wir: „Es war noch das Geringste, daß er wandelte in den Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats; er nahm so­gar Isebel, die Tochter Etbaals, des Königs der Sidonier, zur Frau und ging hin und diente Baal und betete ihn an und richtete ihm einen Altar auf im Tempel Baals, den er zu Sama­ria baute, und machte ein Bild der Aschera, so daß Ahab mehr tat, den HERRN, den Gott Israels zu erzürnen, als alle Könige von Israel, die vor ihm gewesen waren“ (1. Kön. 16,31-33). In den Goldenen Kälbern Jerobeams wurde ledig­lich eine andere Form der Verehrung des Gottes gesehen, der sein Volk aus Ägypten geführt hat. Doch der Baalskult ist eindeutiger Abfall von diesem Gott. Trotz seines Baalskultes wirkte die christ­liche Vergangenheit nach. Das zeigte sich, als Nabot ihm seinen Weinberg nicht ver­kau­fen wollte. Ahab war ratlos. Aber seine Frau Isebel löste das Problem auf typisch heidni­sche Weise (1. Kön. 21). Isebel war es auch, die die Propheten des HERRN ausrottete (1. Kön. 18,4.13). Aber nicht das ganze Volk war dem Baalskult verfallen. So versteckte Ahabs Hof­meister 100 Propheten und versorgte sie (1. Kön. 18,3). Auch ist in diesem Zu­sammenhang an die siebentausend in Israel zu erinnern, die ihre Knie nicht vor Baal ge­beugt hatten (1. Kön. 19,18). Neben den Dienern Baals und den Dienern des HERRN gab es noch Leute, die sich weder für Baal noch für den HERRN entscheiden konnten; zu de­nen sagte Elia: „Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten?“ (1. Kön. 18,21). Daß sich die Israeliten trotz allem Götzendienst, den sie aus ihrer Umwelt übernahmen, von den ande­ren Völkern unterschieden, hatten sogar die Heiden erkannt. Denn als in einem Krieg der Aramäer Ben-Hadad vor dem Heer Ahabs floh, sagten seine Diener zu ihm: „Wir haben gehört, daß die Könige des Hauses Israel barm­herzige Könige sind“ (1. Kön. 20,21). Und Ahab schloß mit dem besiegten Ben-Hadad Frieden, was sich später als Fehler heraus­stellte.

Das neutestamentliche Bild, daß ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert, kann den Niedergang illustrieren von Jerobeam, der durch seine Goldenen Kälber angeb­lich den Gott verehrte, der sein Volk aus Ägypten geführt hatte, hin zu dem Baalskult Ahabs. Doch der Sauerteig blieb nicht auf das Nordreich beschränkt. Der König Joram des Südreiches hatte eine Tochter Ahabs zur Frau (2. Kön. 8,18), und er tat, was dem HERRN mißfiel. Dessen Sohn war Ahasja. Ahasjas Mutter hieß Atalja und war eine Toch­ter Omris. Und Omri war der Vater von Ahab. Und Ahasja tat, was dem HERRN mißfiel. Doch ein Prophet Gottes salbte den Jehu zum König des Nordreichs; der rottete das gan­ze Haus Ahabs aus, der tötete alle Baalspriester und auch den König Ahasja des Südrei­ches, während er sich im Nordreich aufhielt. Nach dem Tode Ahasjas tötete dessen Mut­ter, die ein Nachkomme Omris aus dem Nordreich war (2. Kön. 8,18.26), die Söhne Ahas­jas, also ihre eigenen Enkel. Nur der jüngste Sohn Joasch blieb am Leben, weil er ver­steckt worden war. Im Alter von sieben Jahren wurde er König. „Und Joasch tat, was recht war und dem HERRN wohlgefiel, solange ihn der Priester Jojada lehrte, nur, daß die Hö­hen nicht entfernt wurden; denn das Volk opferte und räucherte noch auf den Höhen“ (2. Kön. 12,4). So ging die ganze Geschichte des Gottesvolkes weiter bis in unsere Gegen­wart: Er tat, was dem HERRN wohlgefiel, aber … Bei aller Hingabe an Gott hat das Hei­dentum, also die anderen Götter, die wir nicht haben sollen, ein Nischendasein; und in der Weise, wie ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert, wird das Heidentum mehr und mehr dominant. Jehu hatte im Nordreich alle Nachkommen Ahabs und die Baalspriester ausgerottet; doch sein Sohn Joahas tat wieder, was dem HERRN mißfiel, und er wandelte in den Sünden Jerobeams (2. Kön. 13,1). In der weiteren Geschichte wurde Israel von seinen Feinden bedrängt, Gott stand ihm trotz seiner Sündhaftigkeit bei (z. B. 2. Kön. 13,23), aber die Sünde steigerte sich, und das Nordreich wurde von den Assyrern weggeführt.

Im Südreich wurde nach Joasch dessen Sohn Amazja König. Von ihm heißt es: „Und er tat, was dem HERRN wohlgefiel, doch nicht wie sein Vater David, sondern wie sein Va­ter Joasch tat er. Denn die Höhen wurden nicht entfernt, sondern das Volk opferte und räucherte noch auf den Höhen (2. Kön. 14,3f). Von dessen Sohn Asarja heißt es: „Und er tat, was dem HERRN wohlgefiel, ganz wie sein Vater Amazja, nur daß die Höhen nicht entfernt wurden; denn das Volk opferte und räucherte noch auf den Höhen“ (2. Kön. 15,4). Von dessen Sohn Jotam heißt es: „Und er tat, was dem HERRN wohlgefiel, ganz wie sein Vater … getan hatte, nur daß die Höhen nicht entfernt wurden, denn das Volk opferte und räucherte noch auf den Höhen“ (2. Kön. 15,34f). Dessen Sohn war Ahas; und von Ahas heißt es: „er wandelte auf dem Wege der Könige von Israel. Dazu ließ er seinen Sohn durchs Feuer gehen nach den greuli­chen Sitten der Heiden, die der HERR vor den Israeliten vertrieben hatte, und brachte Opfer dar und räucherte auf den Höhen und auf den Hügeln und unter allen grünen Bäumen“ (2. Kön. 16,3f). Ahas wurde von den Aramä­ern und von Israel bedrängt. Da sandte er Silber und Gold zum König von Assyrien, damit er Krieg gegen die Aramäer führt. Als Ahas dem König von As­syrien nach Damaskus ent­gegenzog, sah er in Damaskus einen Altar. Dessen Maße schickte er nach Jerusalem, damit man dort eine Kopie des heidnischen Altars anfertige. Auf diesem nachgebauten Altar opferte der König Ahas nach seiner Rückkehr nach Jerusalem. Aber den kupfernen Altar, der vorher dort war, tat er hinweg. Auch nahm er am Tempel weitere bauliche Ver­änderungen dem König von Assyrien zuliebe vor (2. Kön. 16). In den Tempel des HERRN in Jerusalem brachte Ahas somit mehr und mehr Elemente des heidnischen Götzendiens­tes ein.

Die Vermischung von Götzendienst und Verehrung des lebendigen Gottes, und daß man die Sitten der Heiden nachäfft, hat seit der Zeit Aarons Tradition und begegnet uns in immer neuen Variationen. Das Verhaltensmuster von Ahas hat seine Entsprechung auch in unserer Gegenwart und wirkt sich im Baustil von Kirchen aus. Im klassizistischem Stil sind auch Kirchen gebaut, z. B. der Berliner Dom. Wie Ahas den heidnischen Altar in Da­mas­kus nachbauen ließ, so äffte man in unserer Zeit antike Götzentempel nach. In der Kirche scheinheilig bekennen: „Ich glaube an Gott den Vater, den allmächtigen Schöpfer … Ich glaube an Jesus Christus ….“, doch der Baustil eines antiken Götzentempels bringt die Sympathie für das antike Heidentum zum Ausdruck. Der Baustil zeigt somit den tat­sächli­chen heidnischen Glauben, der sich von dem unterscheidet, was in der Kirche ge­heuchelt wird. Ahasens Sohn war Hiskia. „Und er tat, was dem HERRN wohlgefiel, wie sein Vater David. Er tat ab die Höhen und zerbrach die Säu­len und rottete das Aschera­bild aus und zerstieß die eherne Schlange, die Mose gemacht hat­te; denn bis zu dieser Zeit hatten ihr die Kinder Israel geräuchert, und man hieß sie Nehusthan. Er vertraute dem Herrn, dem Gott Israels, daß nach ihm seinesgleichen nicht war unter allen Königen Juda‘s noch vor ihm gewesen. Er hing dem Herrn an und wich nicht von ihm ab und hielt seine Gebote, die der Herr dem Mose geboten hatte“ (2. Kön. 18,3-6). Der Blick auf die eherne Schlange rettete während der Wüstenwanderung demjenigen das Leben, der von einer Schlange gebissen worden war. Der Götzendienst bestand darin, daß dieser tote Gegenstand aus Metall ebenso zu einem Götzen geworden war wie eine von Handwer­kern gefertigte Fi­gur. Orte und Gegenstände, die einen geistlichen Bezug haben, dienen häufig dem Göt­zendienst. Ein Beispiel war Bethel, daß dort, wo Gott dem Jacob im Traum erschienen war, ein Goldenes Kalb errichtet wurde. Ein weiteres Beispiel ist die eherne Schlange. In unserer Zeit sind es Splitter vom Kreuz Jesu, Jesu letztes Gewand, das in Trier aufbe­wahrt wird und zu dem auch „Protestanten“ pilgern, und das Land Israel, in dem Jesus gelebt hat und in dem er aber auch verworfen worden war. Einem Gegenstand wie der ehernen Schlange zu räuchern, ist heute zwar nicht mehr zeitgemäß, aber heute gibt es andere Formen des Götzendienstes, wie er die­sem Land dargebracht wird. Das Wort „Is­rael“ öffnet die Geldbörsen vieler Gläubiger z. B. für die Aufforstung der Wüste, für die armen Waisenkinderchen, die vor über 75 Jahren ihre Eltern verloren hatten, und an­de­res. Es wurde darauf hingewiesen, daß Ahas seinen Sohn durchs Feuer gehen ließ. Men­schenopfer sind in den Augen Gottes ein besonders verabscheuungs­würdiger Göt­zen­dienst. Und wenn dem Götzen Israel Gefahr droht, dann werden auch heute Men­schen­opfer in Form von Präventivkriegen dargebracht. Ich habe das beim Golfkrieg des Jahres 2003 erlebt. Die Gläubigen waren gegen diesen Krieg. Doch ihre Kriegsgegner­schaft ließ in dem Maße nach, in dem sie merkten, daß der Krieg etwas mit der Sicherheit des Staa­tes Israel zu tun haben könnte. In SALZ und LICHT, dem Blatt der Partei bibel­treuer Christen (PBC), hetzte Pastor Heinzmann für die deutsche Kriegsbeteiligung: „Mit der wahltak­tisch be­gründeten Aufkündigung der westlichen Soli­dargemeinschaft hat unser Bundes­kanzler [Ger­hard Schrö­der, SPD] unserem Land einen schlechten Dienst erwie­sen“.3
Nebenbei: Die Geschichte Hiskias zeigt, wie Weltpolitik funktioniert, daß der Bei­stand von heute der Gegner von morgen wird. Hiskias Vater Ahas gab den Assyrern Gold und Silber, da­mit sie ihm gegen die Aramäer beistehen. Die Verbündeten von damals nehmen zur Zeit His­kias Juda ein und belagern Jerusalem. Durch Gottes wunderbares Eingreifen wurden Jerusa­lem und Juda gerettet. Doch dann bekam Hiskia Besuch aus Babel. Er zeigte den Staatsgästen alle seine Schätze. Der Feind meines Feindes ist mein Freund, mag er gedacht haben. Er wuß­te nicht, daß Babylon der Gegner von morgen sein wird. Hilfe bei Menschen zu suchen, steht nicht unter dem Segen Gottes. Jede Menge von Beispielen aus der heutigen Tagespolitik könn­te man nennen, wie aus Verbündeten Gegner werden nach dem Motto: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Viele Gläubige strömten vor 1933 in Hitlers SA. Denn in der Sowjetunion wurden die Gläubigen blutig verfolgt, und es bestand die Sorge, daß die von Stalin ferngesteuerten Kommunisten auch in Deutschland die Macht erringen. Doch nach der Bibel scheiden sich an Christus die Geister, wodurch die Unterschiede der Feinde Christi untereinander zum Klein­kram ver­blassen.

Nach Hiskia war das Pendel in die andere Richtung ausgeschlagen. His­kias Sohn Manas­se richtete den Götzendienst wieder auf und war völlig maßlos darin. Er ließ auch seinen Sohn durchs Feuer gehen und er vergoß sehr viel unschuldiges Blut. Auch stellte er das Bild der Aschera in den Tempel. Das Haus, in dem Gott seinen Namen wohnen ließ, wurde somit für den Götzendienst umfunktioniert. Ma­nasses Sohn Amon tat ebenso wie Manasse, was dem HERRN mißfiel (2. Kön. 21,18-20). Doch dessen Sohn Josia war das krasse Gegenteil von sei­nem Vater und Großvater. Er wandelte in den Wegen seines Vaters David (2. Kön. 22,2). „Sei­nesgleichen war vor ihm kein König gewesen, der so von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften sich zum HERRN bekehrte“, heißt es in 2. Könige 24,25. Bei Ausbesserungs­arbeiten im Tem­pel wurde das Gesetz des Mo­se gefunden, und es wurde vor den Oren des Volkes verle­sen (2. Kön. 33,2). Der König Josia rottete den Götzendienst total aus. Die aufge­listeten Einzelheiten zeigen das Aus­maß, in dem der Götzendienst mit dem Tempel verbunden worden war: „Der König gebot …, daß sie aus dem Tempel des HERRN hinaustun sollten alle Geräte, die dem Baal und der Aschera und allem Heer des Himmels gemacht waren“ (2. Kön. 23,4). Verschiedene Götzenheiligtümer beseitigte er, und „er machte unrein das Tofet im Tal Ben-Hinnom, damit niemand seinen Sohn oder seine Tochter dem Moloch durchs Feuer gehen ließe“ (2. Kön. 23,10). „Und er schaffte die Rosse ab, die die Könige von Juda für den Dienst der Sonne bestimmt hatten am Eingang des Hauses des HERRN (2. Kön. 23,11). Verschie­dene Altäre, die Ahas und Manasse gemacht hatten, brach er ab (V. 12). „Auch die Höhen …, die Salomo … gebaut hatte der Astarte, dem greulichen Göt­zen von Sidon, und Kemosch, dem greulichen Götzen der Ammoniter, machte der König unrein und zerbrach die Steinmale und hieb die Ascherabilder um und füllte ihre Stätte mit Menschenknochen“ (2. Kön. 13,13f). Er ließ die Priester der Höhen schlachten (V. 20) und rottete alle Geister­beschwörer, Zeichendeuter, Abgötter und Götzen und alle Greuel, die im Lande Juda und in Jerusalem zu sehen waren, aus (V. 24). Und es wurde ein Passa gehalten, wie keines von den Zeiten der Richter an (V. 22). Josias Sohn tat aber, was dem HERRN mißfiel (2. Kön. 24,31). Zu dieser Zeit befand sich das Reich Juda schon in der Auflösung. Der Pha­rao von Ägypten erpreßte Gold und Silber und entschied, wer re­giert; dann kam Ne­bukadnezar von Babel, der die Bevölkerung in etlichen Wellen weg­führte (ab 2. Kön. 23,31).

2. Heutige Entsprechungen

Manch einer könnte meinen, das alles sei für uns heute nicht relevant, da niemand vor ir­gendwelchen von Handwerkern gefertigten Figuren niederfällt, niemand den Baal anbetet und sich nirgendwo Goldene Kälber befänden. Gleiches von der Aschera zu be­haupten, ist schon schwieriger. Denn die Aschera war ein Baum, und heute gibt es den Weihnachtsbaum. Und wenn in Jer. 7,18 steht, daß die Frauen der Himmelskönigin Ku­chen backen, dann fragt man sich, ob diese Bezeichnung für die Mutter Jesu nicht viel­leicht doch etwas mit Götzendienst zu tun haben könnte. Nach der Christianisierung Eu­ropas wurde das Heidentum als Ganzes abge­lehnt. Das bedeutet aber noch nicht zwin­gend, daß auch die heidnischen Denkstrukturen end­gültig überwunden worden wären. Der Auszug aus Ägypten war auch eine Absage an die Göt­zen der Ägypter. Doch als das Volk orientierungslos wurde, weil Mose nicht vom Berg Horeb zurückkahm, hat es durch das Goldene Kalb den Gott, der sie aus Ägypten geführt hatte, in heid­nischer Weise ver­ehrt. Als in neutestamentlicher Zeit Heiden in die Gemeinden strömten, hatten sie etwas von ihrer heidnischen Denkweise mitgebracht. Ein Beispiel ist Simon. Simon trieb Zaube­rei und zog das Volk von Samaria mit seiner Zauberei in seinen Bann. Als Philippus in Samarien vom Reich Gottes und dem Namen Jesu Christi predigte und Menschen zum Glauben kamen, ließen sich Männer und Frauen taufen. Da wurde auch Simon gläubig. Als er die Zeichen und großen Taten sah, geriet er ins Staunen. Als die Apostel in Jerusa­lem hörten, daß Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, sandten sie Petrus und Johannes zu ihnen. „Als aber Simon sah, daß der Geist gegeben wurde, wenn die Apostel die Hände aufleg­ten, bot er ihnen Geld an und sprach: Gebt auch mir die Macht, damit jeder, dem ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfange“ (Apg. 8,18f). Von Simon hieß es, daß er gläubig wurde (V. 13). Aber nun sprach Petrus zu ihm: „Du hast weder Anteil noch Anrecht an dieser Sache, denn dein Herz ist nicht rechtschaffen vor Gott“ (V. 21). Indem er geistliche Gaben für käuflich hielt, hat er die heidnische Denkweise in die Gemeinde hineingetragen.

Wie das Heidentum in die Gemeinde eindringt, zeigt auch der erste Korintherbrief. Paulus schreibt: „Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christus Jesus, daß ihr seid durch ihn an allen Stücken reich ge­macht, an aller Lehre und in aller Erkenntnis. Denn die Predigt von Chris­tus ist in euch kräftig geworden, so daß ihr kei­nen Mangel habt an irgendeiner Gabe und nur wartet auf die Offenbarung unsres Herrn Jesus Christus“ (1. Kor. 1,4-7). Und dann nennen sich die einen paulisch oder apollisch, dann gibt es entsetzliche Unzucht in der Gemeinde. Nach­dem die letzten Apostel gestorben waren, hatte sich das Heidentum in der Kirche mehr und mehr entfaltet. Das hatte der Apostel Paulus vor­hergesehen, als er auf der Durchrei­se nach Jerusalem den Ältesten von Ephesus sagte: „Denn das weiß ich, daß nach mei­nem Abscheiden reißende Wölfe zu euch kommen, die die Herde nicht ver­schonen wer­den“ (Apg. 20,29). Wie die Israeliten den Götzendienst der Kanaaniter, unter denen sie lebten und mit denen sie sich vermischten, in ihre Frömmigkeit integriert hat­ten, so wurde nach dem Ableben der Apostel das römische Heidentum und die römische Staatsphiloso­phie in die christliche Theologie integriert. Das römische Heidentum und die römi­sche Staatsphilosophie waren im Volk weit stärker verwurzelt als der Marxismus in der DDR-Bevölkerung oder die politische Korrektheit in der Bundesrepublik. So konnten in Philippi – und das ist immerhin im griechischen Teil des römischen Reiches – die Eigentümer einer Magd mit einem Wahrsagegeist die Bevölkerung gegen Paulus und Silas aufbringen durch die Behaup­tung: „Sie sind Juden und verkünden Ordnungen, die wir weder anneh­men noch einhalten dür­fen, weil wir Römer sind“ (Apg. 16,20f). Und in Tessalonich konn­ten Juden den Pöbel gegen Paulus und Silas aufhetzen mit der Behauptung: „Diese alle handeln gegen des Kaisers Gebo­te und sagen, ein anderer sei König, nämlich Jesus“ (Apg. 17,7).

Der Glaube an die römischen Göttermythen wurde schwächer, das Judentum mit seinem Monotheismus war attraktiv. Es gab eine jüdische Mission, und um die jüdischen Gemeinden herum gab es einen Rand von Heiden. Vor dem Übertritt zum Judentum ha­ben viele gezögert wegen der vielen Gesetze und auch wegen der Beschneidung, die bei einem Erwachsenen mit erheblichem Blutverlust verbunden ist, was auch zu Todesfällen führte. Diesen Sympathisanten predigten die Apostel ein Christentum ohne Befolgung der vielen jüdischen Gesetze und ohne Beschneidung. Waren die Juden ein fremdes Volk, so waren die Christen in der römischen Ge­sellschaft verwurzelt und haben sich rasch aus­gebreitet. Man mache sich bewußt, daß die Ver­kündigung des Paulus in Ephesus so wirk­sam war, daß sie sich als geschäftsschädigend für die Handwerker auswirkte, die silberne Tempel der Diane herstellten (Apg. 19). Vergleicht man das Judentum mit einer verheilten Tuber­kulose, bei der zwar einzelne Teile der Lunge zerstört sind, die aber ansonsten kei­ne Probleme bereitet, so ist das Christentum mit einer offenen Tu­berkulose vergleichbar, die die Lunge nach und nach zerstört und auch andere Personen ansteckt. Als das Römi­sche Reich militärisch bedrängt war und alle opfern mußten, um die Götter gnädig zu stimmen, waren die Juden davon nicht betroffen, denn sie waren ein anderes Volk. Doch die Chris­ten wurden als renitenter Teil und als eine sich rasch ausbreitende Pest der rö­mischen Gesellschaft blutig verfolgt. Auch dadurch, daß sie im Zirkus den wilden Tieren vorgewor­fen worden waren, sahen die Römer deren Glaubenskraft, und das Christentum breitete sich immer weiter aus. Wie der bereits erwähnte Zauberer Simon haben viele, die in die Kirche strömten, Teile ihrer heidnischen Vergangenheit mitgebracht. Nachdem Kai­ser Konstantin einen militärischen Sieg in einer Schlacht auf den Beistand des Christen­gottes zurückgeführt hatte, wurde das Christentum bevorzugt. Wie aus ehemaligen Nazis und aus ehemaligen DDR-Kommunisten gute Demokraten wurden, so nahmen auch da­mals Wendehälse das Christentum an. Vierzig Jahre, nachdem der letzte Märtyrer starb, wurde in Trier der erste Ketzer hingerichtet. Das Heidentum war nun vollends in die Kir­che ein­gedrungen. Viele Kriege wurden verstanden als Krieg zwischen Jesus und der je­weiligen heidnischen Gottheit, und der Sieg der „christlichen“ Seite bewirkte die „Bekeh­rung“ der Verlierer. Schöne Worte in frommen Glaubensbekenntnissen sind das eine, was aber wirklich geglaubt und tief empfunden wird, das andere. Natürlich kann man sich zu Jesus bekennen. Doch es macht einen Unterschied, ob man mit Jesus den Friedefürsten oder aber einen heidnischen Kriegsgott meint.

Als Christ lehnt man natürlich die heidnischen Götter ab. Aber die heidnischen Denkstrukturen wirken nach. Dann werden eben Märtyrer mit einem ähnlichen Namen zu Heiligen und übernehmen die Rolle der heidnischen Götzen. Von Handwerkern gefertigte Figuren werden geweiht und erhalten dadurch wundertätige Kräfte. Der Kaiser war der Oberste in der Politik und in Glaubensdingen. In diese Rolle schlüpfte der Bischof von Rom hinein. So beansprucht der Papst die Weltherrschaft; und auch heute trägt das Pro­tokoll in der Diplomatie diesem Anspruch Rechnung. Ein Regierungschef geht nicht zum Botschafter, sondern er bestellt den Botschafter ein. Und wenn der Papst in Deutschland ist, dann geht er nicht zur Bundeskanzlerin, sondern er empfängt die Bundeskanzlerin in einer kirchlichen Einrichtung. Der Gedanke des Papsttums setzt voraus, daß in der Kirche nicht nur ein Organismus gesehen wird, sondern eine Organisation, die Christus zu Pfingsten gegründet habe. Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil, hatte Augustinus ge­lehrt; und mit Kirche war die vom Papst zusammengehaltene Organisation gemeint. Christus predigte aber ein geistliches Reich. „Das Reich Gottes kommt nicht so, daß man’s beobachten kann; man wird auch nicht sagen: Siehe, hier ist es! Oder: Da ist es! Denn siehe, das Reich Gottes ist inwendig in euch“ (Luk. 17,20f). Und dieses geistliche Reich wurde mit der Kirche als der vom Papst geleiteten Organisation verwechselt. Und die Kirche wurde wie ein irdisches Reich zum Subjekt des Handelns. Sie maßte sich an, Glaubenslehren und Kirchengebote verbindlich festzulegen. Und das geschah auch nach sachfremden politischen Erwägungen. So gewährte sie denen Ablaß, die in den Kreuzzü­gen starben. Dann wurde der Ablaß auf diejenige ausgedehnt, die die Kreuzzüge finan­zierten. Und die einmal erschlossene Geldquelle wurde auch nach dem Ende der Kreuz­züge weiter genutzt, z. B. für den Bau des Petersdoms in Rom, was die Reformation aus­löste.

Jede politische Macht verfolgt ihre Gegner. Mehr noch als die Kriminellen sind das diejenige, die die Herrscherkaste als solche gefährden. Bei den Kommunisten und Nazis wurden die Gegner dieser Ideologien entschiedener verfolgt als die Kriminellen. Und heu­te beruht die Macht der Herrschenden auf dem Glauben an Hitlers Gaskammermorde. Wer diese leugnet und dadurch die Macht derer gefährdet, die sich für auserwählt halten, kommt bis zu fünf Jahren ins Gefängnis. Wie Politiker Kriminalität tolerieren, so duldeten Päpste die Jahrhunderte hindurch viele Irrlehren in der Kirche. Doch wenn Ketzerei die Herrschaft der Päpste gefährdete, dann loderten die Scheiterhaufen. Ich sprach mit einer evangelikal gesinnten Katholikin, die sich als Erwachsene erneut hatte taufen lassen, über das Papsttum. Die vielen Mißstände sah sie auch. „Aber irgendwer muß doch die Kirche leiten“ – meinte sie. In der Bibel steht nichts von Kirche, sondern nur von Gemeinde. Auch wenn es im lateinischen nur ein Wort gibt, unterscheiden die Katholiken gedanklich zwi­schen der Ortsgemeinde und der vom Papst geleiteten einen heiligen christlichen Kirche. Die Vokabel „katholisch“ im lateinischen Text des Glaubensbekenntnisses lassen sie un­übersetzt und beziehen sie auf die Papstkirche. Ein Leserbrief im Main-Echo vom 14.7.2007 beschreibt das katholische Kirchenverständnis treffend: „Jesus hat vor 2000 Jahren gesagt: ‚Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen‘ (Mt 16, 18). Jesus hat nicht gesagt: ‚Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirchen bauen.‘ Die andere, die zweite protestantische Kirche, kam erst viel später durch Luther.“ Der Leserbriefschreiber konnte Kirche gar nicht anders denken, als daß Christus eine Or­ganisation gegründet hätte. Und die Kirche mache selig. Da Christus aber nur eine Kirche gegründet habe, sei die Katholische Kirche die einzig seligmachende Kirche. Denn die anderen Glaubensgemeinschaften seien keine Kirche, sondern Sekten, was abwertend gemeint ist. Die Protestanten lehnen dieses Kirchenverständnis ab, können diesem Denk­schema aber nicht wirklich entkommen. In ihrem Verständnis gibt es zwei Kirchen (ev. und kath.) oder drei Kirchen (luth., ref. und kath.). In dem Maße, in dem sich die anderen Glaubensgemeinschaften auf dem Breiten Weg der Ökumene integrieren, werden auch sie frei von der schimpflichen Etikettierung als Sekten.

3. Luther

Auch Luther war nicht frei vom römischen Kirchenverständnis. Luther wollte keine neue Kirche gründen, sondern die eine Kirche erhalten und reformieren. Erst nach seinem Tod wurde die Erkenntnis Allgemeingut, daß es neben der Römischen Kirche auch eine Lutherische Kirche gibt. Weil im Katholizismus das Christentum ebenso mit dem Heiden­tum verschmolzen ist wie in alttestamentlicher Zeit der Glaube an den lebendigen Gott mit dem damaligen Heidentum, deshalb wurde wie bei den Heiden der Henker bemüht, um Ketzerei zu bekämpfen. Das lehnte Luther aus guten biblischen Gründen ab, waren doch Lutheraner betroffen. In der Apologie der Augsburgischen Konfession (Apol. VII,19), die 1537 zur Bekenntnisschrift erhoben worden ist, wird Jesu Auslegung seines Gleichnisses vom Unkraut unter dem Weizen (Matth. 13,38) aufgenommen, wenn es heißt: „Der Acker ist die Welt, nicht die Kirche“. Nicht wir sollen das Unkraut ausraufen, sondern erst im Jüngsten Gericht Gottes wird das Unkraut vom Weizen getrennt werden. Durch Schriften wollten Luther und die Lutheraner die Ketzerei überwinden. Doch als das nicht den ge­wünschten Erfolg hatte, haben sie umgedacht. Sie haben die Irrlehren der Wiedertäufer als Gotteslästerung gewertet. Zwar nicht die Prediger, aber die weltliche Obrigkeit habe von Gott die Aufgabe, diese zu bekämpfen. Durch die Umetikettierung zur Gottesläste­rung haben wir wieder Ketzerei als Ursache für ein Todesurteil. Durch ihre Verkündigung in Verbindung mit einem heiligen Leben bezeugten die Wiedertäufer auch der „Welt“ in den etablierten Kirchen, daß ihre Werke böse sind. Weil das schon Christus tat, wurde er gehaßt (Joh. 7,7). Unter der Mitverfasserschaft Luthers wirft Melanchthon den Wiedertäu­fern vor, „sie wollten eine Kirche machen, die ganz rein wäre. … denn Trennung und neue Ministeria anrichten, allein von wegen der Anderen bösen Sitten, ist gewißlich wider GOtt; und dieweil es sehr ärgerlich und zu ewigem Unfrieden Ursache gibt, soll die weltliche Obrigkeit solches mit Ernst wehren und strafen“.4Der Kirchenspalterei wollte Luther durch ein Monopol für die christliche Verkündigung begegnen. Denn „wo man nicht auf dem Beruf oder Befehl fest stünde und dränge, würde zuletzt keine Kirche nirgend blei­ben. Denn gleich wie die Schleicher unter uns kommen, und unsere Kirchen zertrennen und verwüsten wollen, also wür­den hernach auch andere Schleicher in ihre Kirchen kom­men, und zer­trennen und verwüsten, und fortan würde des Schleichens und Trennens, eins über das andere, nimmermehr kein Ende, oder müßte bald nichts mehr von keiner Kirche bleiben auf Erden“.5Wenn sich irgendwo zwei oder drei Schäflein versammeln, die ihres Hirten Stimme hören, dann sei das keine Kirche. Hier wird bei Luther der Einfluß des römisch-katholischen Kirchenverständnisses überdeutlich. Lediglich der Papst in Rom als Kirchen­oberhaupt ist ausgetauscht durch den Landesfürsten, der durch seine Theologenkaste und durch die Justiz die kirchliche Verkündigung steuert. Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein bekamen Menschen, die sich außerhalb kirchlicher Räumlichkeiten um das Got­teswort versammelten, mit der Polizei Schwierigkeiten, und der Ortspfarrer konnte die Po­lizei zurückpfeifen.

Wir erkennen hier eine Denkweise, daß der Einzelne nicht unmittelbar vor Gott steht, sondern in eine Gemeinschaft eingebunden ist. Heute würden wir sagen: Er ist im Mainstream integriert. Es wurde bereits zitiert: „Sie sind Juden und verkünden Ordnun­gen, die wir weder annehmen noch einhalten dürfen, weil wir Römer sind“ (Apg. 16,20f) und „diese alle handeln gegen des Kaisers Gebote und sagen, ein anderer sei König, nämlich Jesus“ (Apg. 17,7). Später hatte die ganze römische Gesellschaft den Göttern geopfert, noch später wurde das Christentum in die römische Gesellschaft integriert. Für die politische Stabilität ist die Glaubenseinheit der Bevölkerung von Bedeutung. Obwohl die römischen Kaiser selbst noch im Heidentum befangen waren, setzten sie sich für die Einheit des christlichen Glaubens ein, indem sie sich darum kümmerten, daß sich die Theologen in den christologischen Streitigkeiten einigten.

4. Bluttaten und Kriege

Die christliche Lehre wurde zurechtgebogen, um Bluttaten und Kriege zu ermögli­chen, wenn es politisch geboten zu sein schien. Die Bergpredigt gelte für Mönche und Priester, von den Laien verlange Gott aber weniger. So beklagte Erasmus in seiner 1517 erschienenen Schrift gegen den Krieg, daß die Christen, für die Christus gestorben ist, untereinander Krieg führen und sich dazu mit den Türken verbünden.6 Aus der heidnisch-christlichen Mischreligion des Mittelalters wurden durch Luthers Reformation heidnische Elemente ausgeschieden, nicht aber jegliches Heidentum überwunden. Wie in alttesta­mentlicher Zeit zur Zeit der Könige Joasch, Amazja und Jotam mancher Götzendienst abgeschafft wurde, aber Heiligtümer auf den Höhen erhalten blieben, so hat das römische Kirchenverständnis zumindest teilweise die Reformation überdauert. Im Unterschied zum Papst, den Luther als Bluthund bezeichnet, hatte der Reformator niemanden umgebracht. Er hatte lediglich die weltliche Obrigkeit angeblich aus dem Gotteswort belehrt, was Gott von ihr verlange. Die Abkehr vom Papst in Rom führte zum allgemeinen Priestertum der Gläubigen. Sind aber alle Priester, dann fällt der Unterschied von Priestern und Laien weg. Für die Wiedertäufer hatte das zur Konsequenz, daß die Bergpredigt für alle gilt und kein Christ Kriegsdienst leisten kann. Da auch Luther und die Lutheraner das Gotteswort nach den politischen Erfordernissen und den Wünschen irgendwelcher Menschen zu­rechtgebogen haben, mußten sie sich etwas anderes einfallen lassen, um es als gott­wohlgefällig erscheinen zu lassen, daß sich die Gläubigen gegenseitig umbringen. Nach der Schrift leben wir in zwei Reichen, in der Welt und im Reich Gottes. Während wir nach der Schrift Fremdlinge in der Welt sind, sind wir nach Luther Bürger der Welt. Und die Welt sei ebenfalls Reich Gottes, wenn auch nur „Reich Gottes zur Linken“, im Unterschied zum „Reich Gottes zur Rechten“, Gottes eigentlichem Reich. Und im „Reich Gottes zur Linken“ gelte des Kaisers Gebot und nicht Gottes Gebot. So haben sich die Gläubigen die Jahrhunderte hindurch lediglich in ihrer Eigenschaft als „Bürger des Reiches Gottes zur Linken“ gegenseitig umgebracht. Doch die Bluttaten innerhalb des „Reiches Gottes zur Linken“ stellen die Einheit im Glauben im „Reich Gottes zur Rechten“ nicht in Frage. Durch diese auf dem ersten Blick lediglich geringe Abweichung der Zweireichelehre Lu­thers von der biblischen Zweireichelehre wird der Schmale Weg erheblich verbreitert. Durch die Verortung von Bluttaten im „Reich Gottes zur Linken“ kann man Kamele ver­schlucken und gleichzeitig durch ein Theologengezänk tatsächliche Irrlehren aussieben, selbst wenn sie so klein sind wie Mücken. Während die Reformierten in der Politik mitge­mischt haben, haben Lutheraner jeglichen heidnischen Götzendienst, der in ein politi­sches Gewand gekleidet ist, dem Bereich der Politik zugeordnet, womit sich die christliche Verkündigung wegen der Unterscheidung der beiden Reiche nicht befassen dürfe.

Luther hatte gelehrt, daß das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet ist. Doch das päpstliche Denken war tief verwurzelt, so daß ein Alternativpapst benötigt wurde, der na­türlich nicht so genannt werden kann. Als „Reformator“ wurde Luther selbst zum Alterna­tivpapst, und die bloße Behauptung: „Luther hat gesagt“ läßt einen Schriftbeweis als ver­zichtbar erscheinen. In einem Museum hatte ich das Bildnis Luthers mit Heiligenschein gesehen. Und dieser Heiligenschein wird von denen poliert, die in dem Sinne lutherisch sind, wie man in Korinth paulisch oder apollisch war. Da die Bluttaten, zu denen der „Re­formator“ die weltliche Obrigkeit ermuntert hatte, den angedichteten Heiligenschein als Fälschung entlarven, werden diese verschwiegen. Als Kind wußte ich von den Bluttaten der Päpste und, daß Calvin den Servet hatte hinrichten lassen. Von Luthers Bluttaten hat­te ich weder am Seminar der Lutherischen Freikirche in Leipzig noch am Seminar der Wisconsinsynode in Amerika erfahren. Erst bei meinen Gesprächen an der Universität im Zu­sammenhang mit meiner Promotion hatte ich mit meiner Unwissenheit verblüfft. Denn in der Universität sind Luthers Bluttaten allgemein bekannt, und sie sind in Büchern über Kirchengeschichte registriert. Lediglich in der Literatur angeblicher Lutheraner, die Luthers Heiligenschein polieren, werden sie verschwiegen.

5. Wahrheitsverständnis

Eine derartige selektive Wahrnehmung ist bei den Gottlosen gang und gäbe. In der DDR hatte ich in der Schule gelernt, daß die Sowjetarmee bei der „Befreiung“ Berlins Es­sen verteilt hat. In keiner DDR-Veröffentlichung stand etwas Schändliches über diese Ar­mee der barmherzigen Samari­ter. Ganz anders die Bibel, die auch über Sünden der Glaubenshelden informiert. In der Bibel lesen wir über die Sünden von Abraham, Isaak, Jakob und der Söhne Jakobs. Doch in den einen Kirchengeschichtsbüchern lesen wir nichts Schlechtes über Luther, in den anderen werden die Sünden der Päpste herunter­gespielt, und in wieder anderen lesen wir nichts Schlechtes über den Guru der entspre­chenden Glaubensgemeinschaft. Ich wollte mir bei jemandem einen Band der Werke Lu­thers ausleihen. Da er wußte, daß ich solche Stellen zitieren wollte, die der Reformator besser nicht geschrieben hätte, lieh er mir den Band nicht aus. Denn der Mann war in dem Sinne lutherisch, wie man in Korinth paulisch oder apollisch war. Entsprechendes hatte ich bei einem Katholiken erlebt: Ich sprach mit Günter Stiff vom katholischen Komm-Mit-Kalender am Telefon. Ich sagte ihm, daß bei der Hugenottenverfolgung in Frankreich die katholischen Bischöfe die einzelnen Verfol­gungsmaßnahmen vorgeschlagen hatten. Daraufhin legte Günter Stiff den Hörer auf.

Jesus sagte dem Pilatus: „Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme“ (Joh. 18,37). Darauf Pilatus: „Was ist Wahrheit!“ Das Fragezeichen, das gewöhnlich in Bibel­übersetzungen steht, stammt von den Übersetzern. Die Apostel haben ein Griechisch oh­ne Satzzeichen geschrieben. Pilatus fragt somit nicht, was Wahrheit ist, sondern er meinte zu wissen, daß es keine Wahrheit gäbe. Das Denken in Wahrheitskategorien ist eine christliche Besonderheit. Dagegen sind die Heiden an der Wahrheit nicht interessiert. Je­remia, aber auch Jesaja, weisen darauf hin, daß die von Handwerkern gefertigten Götter weder sehen noch hören können, obwohl sie Augen und Ohren haben, und daß man sie deshalb tragen muß, weil sie nicht laufen können. Doch derartige Hinweise auf unbe­streitbare Tatsachen haben nicht zum Ende des Götzendienstes geführt. Und als der Baalsdiener Ahab den Krieg gegen Syrien vorbereitete, sagten ihm 400 falsche Propheten den Sieg voraus. Aber den Micha wollte er ursprünglich nicht anhören, denn – so sagte Ahab – „er weissagt mir nichts Gutes, sondern nur Böses (1. Kön. 22,8). Ahab sagte nicht: „Micha lügt“. Denn einem Heiden geht es nicht um Wahrheit. Wie man einen Elektromotor durch Betätigung eines Schalters abschalten kann, so können Gottlose ihr Gehirn stillle­gen und offenkundige Tatsachen ignorieren. Der Götzendienst bestand fort, obwohl nie­mand bestreiten konnte, daß die von Handwerkern gefertigten Gottheiten weder sehen, noch hören, noch sprechen, noch gehen können. Das Gottesurteil auf dem Karmel hatte nicht dazu geführt, daß Isebel Buße getan hätte, sondern sie wollte den Elia töten. Es wurden bereits Hegel und Pippi Langstrumpf zitiert, die beide ihre Wahnvorstellungen mit der Wirklichkeit gleichsetzen, so daß Pippi ein Pferd trägt. Ebenso wurden sowohl die Na­tur­wissenschaft als auch die Ökonomie nach der Philosophie des Marxismus-Leninismus zurechtgebogen. Philipp Jenninger mußte als Bundestagspräsident zurücktreten und Mar­tin Hohmann wurde aus der CDU ausgeschlossen, weil sie Dinge aussprachen, die man deshalb nicht aussprechen darf, weil sie niemand widerlegen kann. Außerdem ist nir­gendwo zu erfahren, welches die Lügen und Irrtümer von Sarrazin sein sollen. Und ich war über zwei Jahre meines Lebens in Gefängnissen, obwohl ich von niemandem be­schuldigt worden war, gelogen zu haben. Ich hatte auf Flugblättern den Dr. Freudemann als „Berufskiller“ bezeichnet und seine Menschentötungen plastisch beschrieben. Außer­dem zeigte ich in dem Flugblatt „Wir wurden belogen“, das ich vor einer Gedenkstätte ver­teilte, Änderungen in der Geschichtsschreibung auf. Darin ging es nicht um die schlimme Vergangenheit, sondern um die bestens dokumentierte Geschichtsschreibung über die schlimme Vergangenheit. Weil die Kenntnis derartiger Tatsachen zu strafrechtlich rele­vanten Schlußfolgerungen führen könnte, deshalb kam ich ohne gesetzliche Grundlage ins Gefängnis. Denn bei den Heiden, die nicht in Wahrheitskategorien denken, geht es nicht darum, ob eine Aussage wahr ist, sondern es geht nur darum, ob sie opportun ist und was sie bewirkt.

Und in dem Maße, in dem die Theologie heidnisch wird, wird die Wahrheitsfrage bei der Betrachtung des Gotteswortes ausgeblendet. Dann kommt so etwas wie die bereits be­schriebene dialektische Theologie heraus, daß es für unseren heutigen Glauben an den Auferstandenen nicht entscheidend sei, ob damals vor 2000 Jahren Jesu Knochen lebend das Grab verlassen haben. Diese bereits beschriebene dialektische Theologie ist der Sauerteig des Unglaubens, der die Verkündigung zersetzt. Die Bibel wird angeblich „wis­senschaftlich“ betrachtet. Und unter „Wissenschaft“ wird ein methodischer Atheismus ver­standen. Die Bibel wird so interpretiert, als ob es Gott nicht gäbe. Das ist damit ver­gleich­bar, wie wenn Chemiker so arbeiten würden, als ob es keine stofflichen Verände­rungen gäbe. Doch so, wie stoffliche Veränderungen der Gegenstand der Chemie sind, so sollte es in der Theologie um das Handeln Gottes gehen. Doch wer den Glauben verloren hat, der hat keine Orientierung und wird von dem Wind des jeweiligen Zeitgeistes, von dem jeweils aktuellen Heidentum, bewegt.

6. Politischer Götzendienst

Zur Zeit des Alten Testaments hatten die Menschen auch ihre Götzen, z. B. Laban, Jakobs Frau Rahel, Davids Frau Michal, und während der ganzen Geschichte Israels. Den Götzendienst der Heiden hatten sie zum Teil übernommen, zum Teil auch in Gestalt der Goldenen Kälber und der ehernen Schlange des Mose mit dem Glauben an den le­bendigen Gott verschmolzen. Das römische Heidentum verschmolz mit dem Christentum zum Katholizismus, und in Südamerika wird die heidnisch-christliche Mischreligion noch­mals mit dem indianischen Heidentum verschmolzen. Die ständigen Kriege der Heiden untereinander gingen im angeblich christlichen Mittelalter weiter, wo sich die Ritter ständig wegen irgendwelcher Belanglosigkeiten rauften. So wie Moses eherne Schlange zu einem Götzen umfunktioniert worden war, so motivierte der christliche Glaube, das Reich Gottes in den Kreuzzügen zu verteidigen. Nachdem die Kreuzritter aus dem Orient vertrieben worden waren, verbreiteten die Ritter das Christentum in Ostpreußen in typisch heidni­scher Weise. Sie dienten der Kirche, die sie mit dem Reich Gottes verwechselten, mit Mord und Totschlag, wie die Heiden ihrer Königsherrschaft dienen. Und als die Einheit der Kirche durch Ketzer bedroht war, da wurden die Katharer, Hus und andere umgebracht. Nur bei Luther hatte es nicht geklappt, weil die angeblich christlichen Fürsten gegenei­nander intrigiert und sich manche unter ihnen mit Luther verbündeten, dessen Verwerfung des Papsttums ihren politischen Interessen entsprach. Doch darin, daß die Wiedertäufer not­falls mit Hilfe des Henkers einzudämmen seien, waren sich alle einig, einschließlich Lu­ther und Melanchthon. Doch das ist nicht im allgemeinen Bewußtsein, weil die Sieger die Geschichte schreiben und daher die eigenen Verbrechen ebenso verschweigen, wie alle DDR-Veröffentlichungen verschwiegen, was die Sowjetarmee bei der „Befreiung“ Ber­lins noch getan hatte außer Essen zu verteilen. Weltmenschen, die nicht vom Geist Got­tes ge­leitet werden, handeln in der gleichen Weise, so wie die Naturgesetze für alle gel­ten. So fällt eine Bibel mit 9,81m/Sec2. Der Koran fällt ebenfalls mit 9,81m/Sec2. Daß in der Bibel etwas anderes steht als im Koran, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. So wie Bibel und Koran mit der gleichen Geschwindigkeit fallen, so handeln Weltmen­schen in der gleichen Weise: die römischen Kaiser, die Pharisäer, die Päpste, Luther, Na­poleon, Hitler, Stalin, Merkel u. s. w. Lediglich die Möglichkeiten und Sachzwänge sind unterschiedlich. Wäre der Theologiestudent Stalin nicht Kommunistenchef, sondern Bi­schof geworden, dann hätte er einen christlichen Schafspelz tragen müssen, und er hätte nur so viele Menschen töten können, wie es seine akrobatischen Fähigkeiten bei der Bi­belauslegung zugelassen hätten, durch die er die Tötungshandlungen als gottwohlgefällig hätte darstel­len können.

Die einen heidnischen Religionen werden bedeutungslos oder gehen unter, z. B. Baal, Astera, Zeus, Thor, Wodan u. s. w. Neue heidnische Religionen entstehen bzw. ge­winnen an Breitenwirkung, und es kommt wie bei Aarons Goldenem Kalb ebenfalls zur Vermischung des Bibelglaubens mit dem neuen Heidentum. Ein Götze ist z. B. der eigene Staat bzw. die eigene Nation. Die Vergötzung des Staates wird bei Preußen besonders deutlich. Der preußische Kurfürst Friedrich III. hat im Jahre 1701 sein Kurfürstentum zum Königreich erhoben und sich zum König Friedrich I. gemacht. Preußen war ein Flicken­teppich auf der Landkarte ohne zusammenhängendes Staatsgebiet und ohne national einheitliches Staatsvolk. Im zersplitterten Preußen lebten Deutsche und Polen. Preußen war in erster Linie eine Idee. Wollte König Friedrich I. durch verschwenderische Hofhal­tung Preußen als bedeutend erscheinen lassen, so trimmte sein Sohn, der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., den preußischen Staat auf Effizienz und wurde dadurch zu dessen eigentlichem Schöpfer. Mit seinem Amtsantritt im Jahre 1713 strich er die Kosten für die Hofhaltung gewaltig zusammen, gestaltete die Verwaltung effizient und trimmte sie auf Sparsamkeit, was ihm den Unterhalt einer für das kleine Preußen übergroßen Armee er­möglichte. Die preußischen Tugenden und der für unbestechlich geltende Beamtenappa­rat konnten gedeihen auf dem Boden des protestantischen Christentums reformierter Prägung. Das Königshaus war reformiert, die protestantische Bevölkerung Preußens war vorwiegend lutherisch, bei den Staatsdienern wurden aber die Reformierten bevorzugt.

Friedrich Wilhelm I. hinterließ im Jahre 1740 seinem Sohn Friedrich II. eine übergro­ße Armee und einen großen Staatsschatz. Anders als sein Vater, der sich für fromm hielt, war sein Sohn Friedrich ein Aufklärer und Schöngeist. Als Kronprinz schrieb er einen Anti-Machiavelli. Das hätte er später gerne rückgängig gemacht, doch er konnte nicht verhin­dern, daß dieses sein Werk außerhalb Preußens weiterhin gedruckt wurde. Im Jahre sei­nes Machtantritts starb der österreichische Kaiser ohne männlichen Erben. Mit einer Frau auf dem Thron erschien ihm Österreich als militärisch schwach. Er hielt Österreich auch deshalb für militärisch schwach, weil er als Kronprinz Hilfstruppen begleitet hatte und auch durch diese Erfahrung die österreichische Armee für schwach hielt. Er verbündete sich mit Frankreich und Sachsen und raubte Schlesien ohne rechtliche Grundlage. Das geschah mit dem „Recht des Stärkeren“, wie er es in seinem Anti-Machiavelli verurteilt hatte. Ohne Bindung an Gott konnten die schönen Worte, die er als Kronprinz in seinem Anti-Machiavelli geschrieben hatte, es nicht verhindern, die einmalige Gelegenheit für einen Landraub zu ergreifen.

Wie seine Bewunderer es darstellten, betrachtete sich Friedrich als ersten Diener des Staates. Erster Diener des Staates, nicht aber erster Diener der Men­schen im Staat. Die Menschen wachsen nach wie die Bäume im Wald. Ein Land konnte bei den damali­gen Transportmöglichkeiten nur eine begrenzte Zahl von Menschen ernäh­ren. Wird die Kapazität überschritten, dann verhungern Einwohner oder wandern aus. Wie man einem Wald eine begrenzte Zahl von Bäumen entnehmen kann, so verträgt es ein Land, wenn man eine begrenzte Menge von Menschen in Kriegen verheizt. Der preußi­sche Staat war ein Götze, und Friedrich II. war ein Diener dieses Götzen. Und der Göt­zendiener Friedrich brachte seinem Götzen ebenso Menschenopfer dar, wie in alttesta­mentlicher Zeit dem Moloch Menschenopfer dargebracht worden waren. Natürlich wird sich Österreich das geraubte Schlesien zurückholen. Dem kam Friedrich durch zwei Prä­ventivkriege zuvor, dem Zweiten Schlesischen Krieg von 1745 und dem Dritten Schlesi­schen Krieg von 1756-1763, auch Siebenjähriger Krieg genannt. Und der Götzendienst war mit dem christlichen Glauben zu einer Einheit verschmolzen wie damals, als Aaron das Goldene Kalb angefer­tigt hatte. Das zeigt sich in dem frommen lutherischen Reiter­general Ziethen. Von ihm ist überliefert, daß Friedrich ihn nach einem Karfreitag höhnisch gefragt hatte, ob er den Leib und das Blut Christi auch verdaut habe. Darauf wies er Friedrich in einem Gespräch, des­sen Inhalt nicht überliefert ist, zurecht, daß er bereit ist, sein Leben für den König einzu­setzen, er es aber nicht hinnimmt, daß Friedrich seinen Glau­ben verhöhnt. Daß Ziethen Teil einer Raubmörderbande war, war dem frommen Mann ebensowenig bewußt, wie dem Aaron bewußt war, daß es sich bei dem von ihm geleite­tem Fest um Götzendienst handelte. Denn die christliche Botschaft kannte Ziethen aus den Predigten in der Kirche. Und der Pfarrer predigte, was er auf der Universität gelernt hatte. Und Könige wie Fried­rich II. beeinflußten die Personalentscheidungen der Universi­täten und sogar die Beset­zung von Pfarrstellen. So kam eine mit den Goldenen Kälbern vergleichbare heidnisch-christliche Mischreligion ins Volk, durch die Friedrichs Raubmör­dertum als gottwohlgefällig erschien.

Daß Kriegshandlungen in der Tat ähnlich wie zur Zeit Aarons als „Des HERRN Fest“, als eine Art „Gottesdienst“ betrachtet wurden, zeigt die Tatsache, daß die preußischen Grenadiere im Siebenjährigen Krieg auf dem Marsch in die Schlacht bei Leuthen im De­zember 1757 den Choralvers sangen: „Gib, daß ich tu mit Fleiß, was mir zu tun gebühret, wozu mich dein Befehl in meinem Stande führet. Gib, daß ichs tue bald zu der Zeit, da ich soll, und wenn ichs tu, so gib, daß es gerate wohl.“ Und aus Sicht der preußischen Pro­paganda war es in der Tat wohlgeraten. Mit 29 000 Soldaten besiegte Preußen eine Übermacht von 66 000 Mann. Diesen Sieg konnte man sich nur durch den Beistand Got­tes erklären. Ein Grenadier stimmte den Choral „Nun danket alle Gott“ an, der schnell zum Hymnus der Erinnerungskultur Preußens wurde. Wenn eine Nation erfolgreich ist, dann muß Gott auf ihrer Seite sein – wie immer dieser Erfolg errun­gen worden ist. „Gib, daß ich tu mit Fleiß, was mir zu tun gebühret, wozu mich dein Geheiß in mei­nem Stande führet.“ Aus dem Geheiß Gottes wurde der „Geheiß“ eines hochkriminellen Raumörders, der im Unterschied zu anderen königlichen Raubmördern nicht einmal seine Skrupellosigkeit be­mäntelte, als er 1740 in Schlesien einfiel, nur weil sich ihm eine günstige Gelegenheit bot. Durch den christlichen Einfluß wurde das preußi­sche Raubmördertum erfolgreich. Jeder Gegner im Siebenjährigen Krieg, und zwar Ruß­land, Österreich und Frankreich, das aller­dings zur gleichen Zeit auch noch eine Krieg gegen England hatte, war größer als das kleine Preußen. Aber das orthodoxe Christentum in Rußland und der Katholizismus in Öster­reich konnten bei dem einzelnen Beamten und dem einzelnen Untertan der Korruption und dem Schlendrian nicht in gleichem Ausmaß entgegenwirken wie das protestantische Christentum in Preußen. Wenn jemand in eine Bank eindringt, die Bankangestellten er­schießt und Geld und Goldbarren entwendet und damit ungestraft davonkommt, dann wird niemand diese Eigentumsumverteilung als gott­wohlgefällig werten, selbst dann nicht, wenn diese Tat mit großer Professionalität ge­schieht und die Täter den Allmächtigen durch den Choral „Nun danket alle Gott“ für sei­nen Beistand preisen. Doch die Bluttaten der gekrönten Häupter werden anders bewertet. Seit dem Zweiten Schlesischen Krieg wurde Friedrich II. als „der Große“ bezeichnet. Denn Größe ist keine geistige oder morali­sche, sondern entspricht etwa der zu ihren Glanzzei­ten vergossenen Blutmenge.

Diese Wertung erfolgreicher Raubmörder ist bei den Gottlosen gang und gäbe, wie die Bezeichnungen „Alexander der Große“, „Peter der Große“ und „Katharina die Große“ zeigen. Mose hatte sich zum Goldenen Kalb geäußert, ebenso die Propheten zum Göt­zendienst ihrer Zeit. Jesus warnte vor dem Sauerteig der Pharisäer und die Apostel vor Irrlehren und vor gottlosem Leben. Elia wäre ein falscher Prophet gewesen, wenn er sich nicht zum Baalskult geäußert hätte. Und Mose wäre ein falscher Prophet gewesen, hätte er zum Goldenen Kalb geschwiegen. Der Tanz um das Goldene Kalb geschah in aller Öf­fentlichkeit. Ebenso in aller Öffentlichkeit wurden dem preußischen Staat Menschenopfer dargebracht, und der oberste Götzendiener wurde und wird bis heute als „der Große“ be­zeichnet und dadurch der Götzendienst am preußischen Staat aufgewertet. Doch anders als Mose, Elia, Christus und die Apostel thematisieren die Pfaffen den Götzendienst nicht. Das erinnert an die Worte des Propheten Jesaja, der über Israel schreibt: „Alle ihre Wäch­ter sind blind, sie wissen alle nichts; stumme Hunde sind sie, die nicht bellen können, sind faul, liegen und schlafen gerne“ (Jes. 56,10). Dabei sind die Pfaffen durchaus in der Lage, ein Pfaffengezänk wegen irgendwelcher Fragen der Lehre zu veranstalten. Dadurch werden Mücken ausgesiebt, aber Kamele werden verschluckt.

Ein König ist auf Rückhalt im Volk angewiesen auch ohne Demokratie im heutigen Sinne, daß es Gegenkandidaten gibt und Wählerstimmen ausgezählt werden. Schon Saul beachtete den Willen des Volkes, Absalom konnte sich zu König machen, weil er die Her­zen des Volkes stahl, und Jerobeam befürchtete, daß er seine Macht verliert, wenn die Bevölkerung nach Jerusalem geht und sich dadurch die Herzen zum Hause David wen­den. Und „Friedrich der Große“ hätte seine Soldaten nicht so schlecht behandeln und trotzdem mit seiner Räuberei erfolgreich sein können, wenn alle gegen ihn gewesen wä­ren. Und daß nicht alle gegen ihn waren, dazu hatten die Pfaffen entscheidend beigetra­gen. Denn der Staat war auf der Fläche des Landes weitgehend abwesend. Geburten, Sterbefälle und Eheschließungen registrierte der Pfarrer. Zeitungen waren viel zu teuer und spielten außer in Kriegszeiten kaum eine Rolle. Entscheidend war der Einfluß der Pfarrer, die auch die Chefs der Lehrer waren. Und deren Verkündigung des Gotteswortes bewirkte, daß der preußische Staat durch fromme Untertanen sowohl wirtschaftlich als auch militärisch stark wurde. Andererseits wurde das Gotteswort so zurechtgebogen, wie es gebraucht wurde, um die frommen Untertanen wie z. B. Reitergeneral Ziethen in eine Raubmörderbande zu integrieren. Daß Preußen friedliebender war als andere Schurken­staaten zur gleichen Zeit wie z. B. England, soll hier nicht thematisiert werden. Denn nicht Politik soll hier das Thema sein, sondern die Verfälschungen des Gotteswortes, durch die der Raubmord als gottwohlgefällig hingestellt wird. Ahabs Baalskult ist doch auch nicht dadurch entschuldbar, daß die Heiden seiner Zeit es schlimmer getrieben haben. Es war schon immer so gewesen, doch so soll es nicht sein, daß die Gläubigen sich auch am sich ständig wandelnden Zeitgeist orientieren, anstatt allein am Gotteswort, daß sie nur be­grenzt vom Zeitgeist abweichen.

7. Handlungsanweisung für die Gegenwart

Die Wertungen von Vorgängen in der Vergangenheit wirken als Handlungsanwei­sungen für die Gegenwart. Die Pfaffen und Schulmeister, die es als „Größe“ werteten, einem Götzen Menschenopfer darzubringen, haben weiteren entsprechenden „Großtaten“ den Weg bereitet. Solch eine „Großtat“ war die Gründung des Deutschen Reiches im Jah­re 1871. Im Zuge der Befreiungskriege gegen den einstigen Hoffnungsträger Napoleon erwachte das nationale Bewußtsein bei denen, die nicht den Himmel, sondern Deutsch­land als ihr Vaterland betrachteten. Der Nationalismus verlangte nach politischer Einigung der deutschen Kleinstaaten. Die Frage war, ob Wien die Hauptstadt des geeinten Deutschland sein soll, oder aber Berlin, die Haupt­stadt des unter „Friedrich dem Großen“ zur Großmacht aufgestiegenen ehemaligen preußischen Kleinstaates. Um diese Frage im Sinne Preußens zu entscheiden, initiierte Bismarck als Kanzler Preußens drei Kriege, die insgesamt 80 000 Menschen das Leben kosteten.

Der erste Krieg war 1864/65 gegen Dänemark. Die deutschen Fürstentümer Schleswig und Holstein wurden vom däni­schen König in Personalunion regiert. Dänemark hatte die weibliche Erbfolge, Schleswig und Hol­stein hatten sie aber nicht. Damit diese deutschen Fürstentümer der dänischen Krone nicht verloren­gehen, wurden sie Dänemark eingegliedert. Daraufhin riefen die deutschen Nationalisten nach Krieg. Preußen und Ös­terreich kämpften gemeinsam gegen Däne­mark. Der Krieg war sehr populär. Damit ist aber die Frage noch nicht beantwortet, ob der Krieg auch gottwohlgefällig war. Die deut­schen Kriegshetzer beanstandeten, daß die Dä­nen die deutsche Sprache z. B. in der Kir­che verboten. Doch auch die Deutschen verbo­ten das Plattdeutsche in der Kirche. Denn plattdeutsch ist ähnlich wie dänisch. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. In 5. Mose 26,13f heißt es: „Du sollst nicht zweierlei Ge­wicht, groß und klein, in deinem Beutel ha­ben, und in deinem Hause soll nicht zweierlei Maß, groß und klein, sein“. Ein Maß, wenn man kauft, ein anderes, wenn man verkauft. Jemandes Muttersprache in der Kirche un­terdrücken ist verwerflich, wenn es der politi­sche Gegner tut, jedoch legitim, wenn man es selber macht. In dieser Weise messen die Heiden ständig mit zweierlei Maß; und auch Gläubige übernehmen diese Denkweise der Kriegshetzer. Nach dem gemein­sam errun­genen Sieg wurden die beiden Fürstentümer Schleswig und Holstein von Preußen und Österreich gemeinsam verwaltet. Doch Preußen stänkerte, und man einigte sich, daß Ös­terreich Schleswig und Preußen Holstein verwal­tet. Dann bereitete Preußen einen Krieg gegen Österreich vor, um Schleswig zu rau­ben. Doch die österreichischen Generäle über­ließen Schleswig den Preußen, bevor es zu Kampf­handlungen kam. Das ist damit ver­gleichbar, wie wenn jemand in einer Bank eine Maschinenpistole auf den Tresen legt, der Kassierer das Geld und die Goldbarren in eine Tasche packt und der Kunde die Bank ver­läßt, ohne daß ein Schuß fällt. In diesem Stil verlief die von der Nachwelt hochbejubelte Deutsche Einigung. Später annektierte Preu­ßen die Herzogtümer Schleswig und Holstein ohne den geringsten juristischen oder histo­rischen Anspruch.7 Die Folge war die Mobil­machung von Österreich und von anderen deutschen Staaten. Und Preußen gewann den Krieg gegen eine Übermacht. Im Zuge die­ses Krieges annektierte Preußen nicht nur die Kriegsgegner nördlich der Mainlinie, son­dern auch die im Krieg neutrale freie Reichsstadt Frankfurt.

Preußen war – wie schon gesagt – eine Idee, ein Glaubensinhalt, ein Götze, eine mit dem Christentum verschmolzene heidnische Religion wie Aarons Goldenes Kalb. Glei­ches gilt für Deutschland, das es als Staat noch nicht gab. Um das Nationalgefühl anzu­heizen, so daß durch den Druck der Volksmassen die einzelnen deutschen Könige sich nicht der Gründung des Deutschen Reiches widersetzen konnten, inszenierte der preußi­sche Kanzler Bismarck einen Krieg gegen den Erbfeind Frankreich. In der Politik ist es großes Können, einen Krieg nicht selbst zu beginnen, sondern den Gegner zum ersten Schuß oder zu einer Kriegserklärung zu veranlassen, so daß man selbst als Unschulds­lamm dasteht. Und Bismarck war Meiser in derartiger Gaunerei. Als Folge des Sieges im Krieg gegen Österreich wuchs Preußen durch Annektion deutscher Gebiete. Das erfüllte Frankreich mit Sorge. Dann wurde der spanische Königsthron vakant, und die Spanier boten ihn einem Glied des preußischen Königshauses an. Da befürchtete Frankreich, ein­gekreist zu werden. Als man im preußischen Königshaus die Kriegsgefahr erkannte, woll­te man auf den spanischen Thron verzichten. Aber Bismarck hatte es durch Intrigen und Verfälschungen diplomatischer Noten fertiggebracht, eine Kriegserklärung Frankreichs zu provozieren. Nun hatte er, was er wollte. Die Emotionen kochten hoch. Bevor Frankreich mobil gemacht hatte, fielen Preußen und andere deutsche Staaten in Frankreich ein. Im Zuge der Siegesemotionen gegen den Erbfeind wurde in Versailles das Deutsche Reich gegründet.

Die Details brauchen uns nicht weiter interessieren, sondern von Bedeutung ist die geistliche Betrachtungsweise der damaligen Vorgänge. Bismarck stellte im Nachhinein die Vorgänge so da, daß er durch Lug und Trug den Krieg bewußt herbeigeführt hatte. Wie zutreffend Bismarcks Selbstdarstellung ist, darüber streiten Historiker, doch das braucht uns nicht weiter interessieren. Denn es soll hier nicht um historische Einzelheiten gehen, sondern um die Wertung, daß der vermeintlich gute Zweck Lug, Trug und Krieg rechtferti­gen würde. Am Ende stand jedenfalls die Reichsgründung. Und das Deutsche Reich war eine tiefe Sehnsucht, es war Glaubensinhalt. Durch den Erfolg wurden alle Gaunereien, die zum Erfolg geführt hatten, im Nachhinein geheiligt. Sollen wir die Angestellten einer Bank niederschießen und das Bankeigentum umverteilen? Manch einer von uns wird da­gegen sein, so wie Bismarcks Kriegspolitik durchaus umstritten war. Doch nachdem der Bankraub angeblich durch Gottes Beistand erfolgreich abgeschlossen worden ist, dann ist das für einen Heiden eine nachträgliche Rechtfertigung. Doch für ein Gotteskind ist die Frage damit noch nicht beantwortet, ob der Bankraub auch gottwohlgefällig war.

Zur Zeit Bismarcks waren fast alle getauft und hielten sich selbst für Christen. Aber das Deutsche Reich war ihr wirklicher Glaubensinhalt. Sie dienten Gott und dem Deut­schen Reich. Somit hatten sie zwei Herren. Da aber niemand zwei Herren dienen kann, waren sie bereit, die Wege Gottes zu verlassen, um dem Deutschen Reich zu dienen. Wäre Bismarck mit seiner Kriegspolitik gescheitert, dann wäre er der größte Lump, ver­gleichbar mit Hitler. Die allgemeine positive Wertung von Bismarck zeigt sich in Bismarck­straßen, Bismarckplätzen und Bismarckdenkmählern. Er wurde auch von denen für fromm und gläubig gehalten, deren Christentum ebenso mit dem Glauben an Deutschland ver­schmolzen war, wie das Christentum mit dem Heidentum verschmolzen war zur Zeit Aarons, zur Zeit der Könige Israels, im Katholizismus, bei Luther und zur Zeit von „Fried­rich dem Großen“.

Und was hatten die Pfaffen zu diesem heidnisch-christlichem Misch­masch gesagt? Was sie nicht sagten, obwohl sie es hätten sagen müssen, kann man nicht zitieren. Des­halb seien einige Worte des ansonsten frommen Predigers Max From­mel wiedergegeben, die auf einen mangelnden Abstand zum damaligen Zeitgeist hindeu­ten. Die geistliche Waffenrüstung in Eph. 6 illustriert er durch das Erleben seiner Predigt­hörer: „Wir haben es ja mit unseren Ohren gehört und mit unseren Augen gesehen, was es ist um den Geist in einer Armee, um die begeisterte Hingebung für Fürst und Vater­land. In den großen Be­freiungskriegen zu Anfang dieses Jahrhunderts, wie in dem letzten großen Kriege war es nicht tief ergreifend zu sehen, wie unser ganzes Volk von Land zu Land, von Stamm zu Stamm, von Mann zu Mann von einer ungeahnten Begeisterung er­faßt ward, daß es auf­stand vom König bis zum Rekruten und das Schwert umgürtete, das heißgeliebte Vater­land zu schirmen; daß es dastand nicht als ein Heer von Söldnern, sondern als ein Volk in Waffen?“8In einer anderen Predigt schreibt dieser Generalsuper­intendent und Consistori­alrat: „Es ist heute der zweite September, der Tag, an welchem wir gedenken der Groß­that unseres Gottes, als er vor dreizehn Jahren unserem greisen Heldenkaiser den Sieg verlieh über unseren alten Erbfeind und die königliche Botschaft durch alle Lande und Herzen widerhallte: ‚Welch´ eine Wendung durch Gottes Fügung!‘ Wem soll der erste Dank erschallen? Dem Gott, der groß und wunderbar Aus langer Schande Nacht uns al­len In Flammen aufgegangen war. Das läuten die Glocken, das donnern die Geschütze am heutigen Tage, und wir wollen im Hause des Herrn frohlocken und danken mit dem Liede Mirjams: ‚Lasset uns dem Herrn singen, denn er hat eine herr­liche That gethan.‘“9

Die Aufwertung menschlicher Bluttaten von „Friedrich dem Großen“ bis Bismarck zu Großtaten Gottes auch durch die Pfaffen begünstigt deren Wiederholung. Bei der Auftei­lung der Welt durch die Kolonialmächte war Deutschland zu kurz gekommen. Wer Fried­richs Landraub und Bismarcks Reichsgründung durch drei Kriege positiv wertete, der hat­te denen den Weg bereitet, die im August 1914 durch einen kurzen Krieg die Aufteilung der Welt korrigieren wollten. Alle Kriegsbeteiligten hielten sich für unschuldig an der Kata­stro­phe. Doch wenn Deutschland nach dem Attentat in Sarajevo in das neutrale Belgien ein­fällt, ohne daß in den diplomatischen Verwicklungen die Frage noch interessierte, ob der serbische Geheimdienst mit diesem Attentat etwas zu tun hat, dann ist es schwierig, die deutsche Seite als unschuldig am Kriegsausbruch darzustellen. Doch die Frage der Kriegsschuld ist eine spätere Denkkategorie. Krieg galt als legitimes Mittel der Politik in­nerhalb des „Reiches Gottes zur Linken“. Das jedenfalls hatten die königlichen Hoftheolo­gen den Kirchgängern weisgemacht. Da niemand zwei Herren dienen kann, verdrängt die Bindung an das „heißgeliebte Vaterland“, womit Deutschland und nicht der Himmel ge­meint war, die Bindung an Gott, in dessen Wort es heißt: „Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist. Denn wer die Welt liebhat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters“ (1. Joh. 2,15). Weltmenschen handeln nach dem englischen Slogan: „Wright or wrong my country“. Das ist die Philosophie einer Gangsterbande, in die sich ein Nationalist integriert, wenn er das „heißgeliebte Vaterland“ mit dem „Schwert“ „schirmt“.

8. Israel

Christus sagte dem Pilatus: „Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme“. Doch Götzendiener denken nicht in Wahrheitskategorien, sondern blenden die Wahrheits­frage aus. Die Marxisten bestreiten sogar gegen allen Menschenverstand, daß es über­haupt eine objektive Wahrheit gibt. So sagt Pippi Langstrumpf: „Ich bau mir die Welt, wie sie mir gefällt“. In alttestamentlicher Zeit wurde die Tatsache ignoriert, daß man die von Handwerkern gefertigten „Gottheiten“ tragen muß, weil sie nicht laufen können. Und Nati­onalisten, deren „heißgeliebtes Vaterland“ Deutschland und nicht der Himmel ist, nehmen Tatsachen selektiv wahr und messen mit zweierlei Maß. Inzwischen hat Deutschland zwei Kriege verloren, und die Sieger schreiben die Geschichte in gleicher Weise wie bereits beschrieben, nur mit entgegengesetztem Vorzeichen. Der Zweite Weltkrieg liegt nun lan­ge genug zurück, und es hat seitdem schon einige Generationswechsel gegeben, so daß die Gehirnwäsche durch die Sieger Wirkung zeigt und deren Geschichtsbild inzwischen Allgemeingut ist. Und die Pfaffen sind wie schon immer in der Geschichte in dem diesmal von den Siegern vorgegebenen Mainstream, in dem nun aktuellen Götzendienst, inte­griert. In den beiden Weltkriegen hat ein Judentum, das hinter den Kulissen die Strippen zog, seine Macht erheblich ausgebaut. Das wird dadurch offensichtlich, daß in Deutsch­land und in Österreich jeder Völkermord straffrei geleugnet werden darf, nur der allerof­fenkundigste Völkermord nicht. Wenn der Götzendienst an der deutschen, an der ameri­kanischen und an anderen Nationen mit dem Christentum verschmolzen werden konnten, obwohl das Wort „Deutschland“ nirgendwo in der Bibel vorkommt, wieviel einfacher ist es dann, die Gründung des Staates Israel als Erfüllung biblischer Verheißungen darzustellen! Hinweise auf Verbrechen dieses Staates werden schnell als Verleumdung abgetan. Daß das nicht in jedem Fall Wahrheitsliebe ist, erkennt man daran, daß der Hinweis auf unbe­streitbare Lügen in der Geschichtsschreibung, z. B. die Fälschungen von Gaskammern, als Holocaustleugnung verunglimpft wird. Und das auch bei Gläubigen, z. B. bei Lothar Gaßmann.

Die Götzen Baal, Astera, Zeus, Wodan, Thor … wurden unbedeutend, inzwischen ist auch die Vergötzung Preußens bzw. des Deutschen Reiches Geschichte und der Staat Israel die neue Verführung. Die Endlösung der Menschen seien die Gaskammern – so hatte ich es in einer Predigt gehört – die Endlösung Gottes aber die Staatsgründung Isra­els. Die Blicke der Gläubigen werden hinweggelenkt vom Hügel Golgatha hin zu einem Staat im Nahen Osten. Diese Theologie durchdringt fast alle Glaubensgemeinschaften. Und wo dieser Israelglaube abgelehnt wird, geschieht dies manchmal aus den falschen Gründen. Der Glaube an Deutschland konn­te von den Siegern nicht vollständig aus den Gehirnen aller Deutschen herausgewaschen werden. Es gibt also noch einige fossile Menschen, die an Deutschland glauben und da­her weniger anfällig sind für den anderen Nationalismus, für den Götzendienst am Juden­tum und dem Staat Israel. Sie thematisieren gerne die Verbrechen der Sieger und die Lü­gen der Siegergeschichtsschreibung, doch nicht aus Wahrheitsliebe; sondern wie die Umerzieher selektieren auch sie die Fakten nach Gesichtspunkten ihrer Propaganda. Das habe ich bei einer Demonstration gegen die Inhaftierung von Ursula Haverbeck erlebt. Auf der Rückreise aus Bielefeld sprach ich im Zug mit anderen Demonstrationsteilnehmern über die verhungerten sowjetischen Kriegsgefangenen. Daraufhin setzten sich meine Ge­sprächspartner woanders hin, und ich saß allein. Doch nicht nur reine Heiden reagieren so, sondern bei der Demonstration hatte ich mit einem arbeitslosen Religionspädagogen gesprochen. Er war ein fossiler Mensch aus der Zeit von vor hundert Jahren, bei dem der Glaube an Christus mit dem Glauben an Deutschland ebenso verschmolzen war wie beim Goldenen Kalb zur Zeit Aarons. Auch er weigerte sich, den Hungertod von sowjetischen Kriegsgefangenen zur Kenntnis zu nehmen. Die Rechtsradikalen versammeln sich jedes Jahr, um der in den Rheinwiesen elendig verreckten deutschen Kriegsgefangenen zu ge­denken, haben aber kein Problem damit, einen „Führer“ zu verehren, der zuvor ähnliches mit sowjetischen Kriegsgefangenen getan hatte. Hier wird Unrecht selektiv wahrgenom­men. Doch nicht nur reine Heiden reagieren so, sondern ich hatte bereits darauf hinge­wiesen, daß ich schon als Kind von den Bluttaten der Päpste und vom Feuertod des Ser­vet wußte, ich aber nicht einmal im Theologiestudium von Luthers Ruf nach dem Henker erfahren hatte.

9. Positive Wertung des Heidentums

Der gängige Mischmasch von Christentum und Heidentum bewirkte, daß die Bibel­lehre von der kriminellen Energie der Gottlosen in der christlichen Verkündigung vollkom­men fehlte. Wenn jeder im Volk ein getaufter Christ ist, dann bleibt niemand mehr übrig, auf den das zuträfe, was in der Bibel über die kriminelle Energie der Gottlosen steht. Da­her sind die nachfolgend aufgeführten Bibelstellen unbekannt. Man findet sie auch nicht in der theologischen Literatur, sondern sie wurden direkt aus der Bibel zusammengetragen. „Du verwirfst alle, die von deinen Gebo­ten abirren; denn ihr Tun ist Lug und Trug“ (Ps. 119,118). „Die Seele des Gottlosen gelüstet nach Bösem und er­barmt sich nicht seines Nächsten“ (Spr. 21,10). „Ein Gott­loser, der über ein armes Volk regiert, ist wie ein brül­lender Löwe und ein gieriger Bär“ (Spr. 28,15). „Die Ge­danken der Gerech­ten sind red­lich; aber was die Gottlosen planen, ist lauter Trug. Der Gott­losen Reden richten Blut­ver­gießen an; aber die From­men errettet ihr Mund“ (Spr. 12,5f). „Wenn die Gerechten Ober­hand haben, so ist herrli­che Zeit; wenn aber die Gottlosen hoch­kom­men, verber­gen sich die Leute“ (Spr. 28,12). „Denn wenn deine Gerichte über die Erde gehen, so lernen die Be­woh­ner des Erdkreises Gerechtigkeit. Aber wenn dem Gottlosen Gnade widerfährt, so lernt er doch nicht Ge­rechtigkeit, sondern tut nur übel im Lande, wo das Recht gilt, und sieht des HERRN Herr­lichkeit nicht“ (Jes. 26,9b-10). „Ein unge­rechter Mensch ist dem Gerechten ein Greuel; und wer recht wandelt, ist dem Gottlosen ein Greuel“ (Spr. 29,27). In Psalm 10 ist die Men­talität des Gottlosen folgen­der­maßen be­schrieben: „Weil der Gottlose Übermut treibt, müssen die Elen­den leiden; sie werden gefangen in den Ränken, die er er­sann. Denn der Gottlose rühmt sich seines Mutwil­lens, und der Habgierige sagt dem HERRN ab und lästert ihn. Der Gottlose meint in sei­nem Stolz, Gott frage nicht danach. >Es ist kein Gott< sind alle seine Gedanken. Er fährt fort in sei­nem Tun immerdar. Deine Gerichte sind ferne von ihm, er handelt ge­waltsam an allen seinen Feinden. Er spricht in sei­nem Herzen: >Ich werde nim­mer­mehr wanken, es wird für und für kein Not haben.< Sein Mund ist voll Fluchens, voll Lug und Trug; seine Zunge richtet Mühsal und Unheil an. Er sitzt und lauert in den Hö­fen, er mordet die Un­schuldigen heim­lich, seine Augen spähen nach den Armen. Er lauert im Verborgenen wie ein Löwe im Dickicht, er lau­ert, daß er den Elenden fange; er fängt ihn und zieht ihn in sein Netz. Er duckt sich, kauert nieder, und durch seine Gewalt fallen die Un­glückli­chen. Er spricht in seinem Her­zen: >Gott hat’s vergessen, er hat sein Antlitz verbor­gen, er wird’s nimmermehr sehen.<„

Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß der Katholizismus eine Mischreligion aus Christentum und Heidentum ist. Dementsprechend wird in der Katholischen Kirche die heidnische römische und griechische Kultur nicht verabscheut, sondern auch positiv ge­wertet. Auch Reformierte werten die heidnische Antike positiv. In der Bibel steht: „Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang“ (Ps. 111,10; Spr. 1,7). Daß dieser Bibelstelle aber nicht geglaubt wird, zeigt die allgemeine Auffassung, daß man von den antiken Hei­den, deren Kultur untergegangen war, etwas lernen könne. Die Sympathie für das antike Heidentum zeigt sich auch darin, daß man den Baustil antiker Götzentempel nachäfft, und das sogar beim Kirchbau, z. B. beim Berliner Dom. Will jemand studieren, dann braucht er das Abitur. Lange Zeit gab es ohne Kenntnis der lateinischen Sprache kein Abitur. Das ist vergleichbar mit der DDR, wo es kein Abitur ohne Kenntnis der russischen Sprache gab. Dem liegt der Glaube zugrunde, daß man von der rückständigen Sowjetunion oder von den Heiden der Antike etwas lernen könne. Das logische Denken, das man durch Latein erlernen würde, kann man durch Mathematik ohne den Vokabelwust besser erlernen. Somit ist das Erlernen des logischen Denkens lediglich ein Vorwand, um von der Hoch­achtung vor eine Kultur abzulenken, wegen deren Ablehnung viele den Märtyrertod star­ben.

Weil in der christlichen Verkündigung verschwiegen wird, daß die Gottlosigkeit zwin­gend die Verbrechergesinnung hervorbringt, ziehen Christen ständig entgegen dem Got­tes­wort (2. Kor. 6,14) am fremden Joch mit den Ungläubigen. Viele Christen standen vor 1933 dem Nationalsozialismus positiv gegenüber und waren in der SA, weil sie etwas ge­gen den Kommunismus tun wollten. Viele empfinden: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Das Antichristentum in der Nazibewegung muß man natürlich ablehnen, aber das Gute könne man doch behalten. Doch die Gottlosigkeit kann man nicht mit der Schere abschneiden, sondern sie gehört zum genetischen Code und prägt daher alle Details ei­nes Gedankengutes. Wie sich Mann und Frau in einem ihrer 46 Chromosomen unter­scheiden, und sich dieser Unterschied in jedem Körperteil auswirkt, so daß man die Männlichkeit oder Weiblichkeit nicht chirurgisch entfernen kann, so kann man die Gottlo­sigkeit von keiner Bewegung abtrennen, und sie entfaltet zwangsläufig die kriminelle Energie, die in ihr steckt. Das war während der Nazizeit manchen Gläubigen, die von der Begeisterung der Volksmassen mitgerissen worden waren, nicht bewußt. Doch es ist Auf­gabe der Gemeinde, daß einer den anderen im Glauben stärkt, daß auf den Wolf hinge­wiesen wird, der sich unter dem Schafspelz verbirgt. Doch das hatten die blinden Blinden­führer auf den Kanzeln unterlassen. Pastor Paul Schneider war eine rühmliche Ausnah­me. Weil er aufzeigte, worin sich die Lehre Jesu vom Nationalsozialismus unterscheidet, wurde er im KZ Buchenwald ermordet. Viele Pfaffen hatten auf den Kanzeln fromm und richtig geschwafelt, aber deren falsche Lehre wirkte sich in dem aus, was sie nicht gepre­digt hatten.

Heute ist das Antichristentum wesentlich offensichtlicher als während der Nazizeit. Für Hitlers Kriege und Bluttaten konnte man irgendeine Rechtfertigung herbeilügen. Aber bei solchen Menschen, die noch nicht die Leiber ihrer Mütter verlassen haben, ist es be­son­ders offensichtlich, daß sie kein todeswürdiges Verbrechen begangen hatten. Und wenn im Interesse der Pädokriminellen bereits Grundschülern Sexualkontakte als lustvoll ange­priesen werden, dann sucht man vergeblich nach einer Entsprechung während der Nazi­zeit. Und „christliche“ Blätter wie z. B. ideaSpectrum geben das fromme Geschwafel die­ser Mörder und Pornokraten ohne entlarvende Anmerkungen wieder. Das alles läßt sich nicht durch Verführung entschuldigen. Das ist Verrat wie bei Judas.

10. Korruption

Das Heidentum, das in einer angeblich christlichen Kultur fortbestand, wirkte sich verheerend im Lebenswandel aus. Schöne Worte gibt es überall, doch der Lebenswandel ist die eigentliche Predigt. Die Fürstenwillkür wurde schon angedeutet, und es kam im 19. Jahrhundert das Unrecht hinzu, das Kapitalisten den kleinen Leuten zugefügt hatten. Die Arbeiter lebten in unbeschreiblichem Elend; sie froren und hungerten trotz eines überlan­gen Arbeitstages, und es verhungerten auch Menschen. Doch die Pfarrer hatten einen wesentlich höheren Lebensstandard, und sie waren im Alter und bei Arbeitsunfähigkeit abgesichert, und im Todesfall waren die Witwen und Waisen gut versorgt. Die elenden Gestalten in Fabriken und Bergwerken hätten den Pfarrern ihren Wohlstand unmöglich erwirtschaften können. Das taten die Fürsten und die Kapitalisten. „Wes Brot ich eß, des Lied ich sing“, sagt ein Sprichwort; und so wurden bei der Verkündigung des Gotteswortes die Wünsche derer verstärkt berücksichtigt, die den materiellen Wohlstand der Prediger absicherten. In 5. Mose 16,19 heißt es: „Du sollst das Recht nicht beugen und sollst auch die Person nicht ansehen und keine Geschenke nehmen; denn Geschenke machen den Weisen blind und verdrehen die Sache der Gerechten“. In der Politik ist es gang und gä­be, daß durch sogenannte „Spenden“ politische Entscheidungen beeinflußt werden. Doch weil es in der Kirche nichts zu entscheiden gibt, wird das Problem der Korruption nicht gesehen. Doch wenn Menschen sich vom Gotteswort leiten lassen, dann steuert der die Menschen, der dieses Gotteswort predigt. Korruption in Politik und Kirche läßt sich durch einen Transformator veranschaulichen. Es gibt einen Stromkreis vom Kraftwerk zum Transformator und wieder zurück. Der andere Stromkreis geht vom selben Transformator zum Endverbraucher und wieder zurück zum Transformator. Wie die Stromzufuhr zum Transformator die Lichter beim Endverbraucher leuchten läßt, so bewirkt die gute materi­elle Versorgung der Pfaffen eine Verkündigung, wie sie den Geldgebern wohlgefällig ist. Schon Hesekiel spricht davon, daß die Hirten sich selber weiden und nach der Herde nicht fragten (Hes. 34,8). Allerdings kommt die Treulosigkeit der Hirten auch den Wün­schen der Geweideten entgegen. Manch einer von ihnen wünscht, daß der Schmale Weg ver­breitert wird; und die Verfolgung, die Jesus seinen Nachfolgern vorhergesagt hat, läßt sich dadurch zumindest abschwächen, wenn nicht gar vermeiden, wenn man sich auf dem Breiten Weg „integriert“.

Die Prediger waren somit Diener mehrerer Herren. Sie waren nur unter anderem Diener Christi, sondern auch Diener der Fürsten, der Kapitalisten und auch Diener der Kirchgänger. Wenn die ganze Bevölkerung der Kriegshysterie verfallen war, dann hatten Pfaffen diese Kriegshysterie mit frommen Sprüchen bemäntelt. Ist jemand anstatt ein Die­ner Christi ein Knecht der Menschen, dann kann er es nicht allen recht machen. Die elen­den Gestalten in den Fabriken und Bergwerken hatten gemerkt, daß die Pfaffen die Inte­ressen der Reichen und Mächtigen vertraten. Das trieb die Arbeiterschaft in die Fänge der antichristlichen Kommunisten. Doch die Mißstände, die die Kommunisten ausnutzten, wa­ren echt, und sie waren nur durch den Abfall von Christus möglich. Und die Abkehr von jeglichem Christentum, sowohl vom verfälschten als auch vom biblischen, führte vom Re­gen in die Traufe. Doch das ist deshalb nicht allgemein bekannt, weil das ungeheure Ausmaß der Bluttaten sowohl der Französischen Revolution als auch der Bluttaten der Kommunisten in der Sowjetunion, in China, in Kambodscha und anderswo herunterge­spielt wird.

11. Kirchenverständnis

Die Entchristlichung vor allem der Arbeiterschaft kam auch daher, daß die elenden Gestalten in den Fabriken und Bergwerken nicht zwischen kirchlicher Verkündigung und dem Gotteswort unterscheiden konnten. Nach römisch-katholischer Auffassung hatte Christus die Kirche zu Pfingsten auf die Person des Petrus und seiner angeblichen Nach­folger gegründet. Deshalb fällt es einem Katholiken sehr schwer, sich von der Papstkirche zu trennen, selbst wenn die Mißstände noch so schlimm sind. Mit der Erkenntnis, daß das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet ist, fällt folgerichtig auch das römische Kirchenver­ständnis. Doch von dem Richtigen, das in irgendwelchen Lehrdokumenten steht, ist der tatsächliche Glaube, der tief empfunden wird, zu unterscheiden. Und das römische Kir­chenverständnis bestand in den Empfindungen der Menschen fort. Denn Luther wollte keine neue Kirche gründen, sondern die Katholische Kirche reformieren. Wie sehr das römische Kirchenverständnis selbst in Luther fortbestand, zeigt der bereits zitierte Vor­wurf, daß durch fortgesetzte wiedertäuferische Abspaltungen es am Schluß keine Kirche mehr geben würde. Die Wiedertäufer konnte man umbringen, nicht aber deren Gedan­kengut. Im Pietismus lebte es weiter. Die Konsequenz der pietistischen Auffassung, daß wir einen freien Willen hätten, mit dem wir uns für Christus entscheiden könnten, ist, daß man die Säuglingstaufe ablehnt. Und so bildeten sich baptistische Gemeinden. Andere mit der gleichen Entscheidungstheologie konnten sich nicht von der Landeskirche trennen. Sie hielten die Kirche, die sie als Hure beschimpften, für ihre Mutter. In ihrem Gefühl wur­de die Kirche von Christus gegründet und zur Zeit Luthers lediglich reformiert. Da die Tau­fe nach baptistischer Auffassung lediglich ein Bekenntnisakt sei, bei dem nichts geschähe, sind Kompromisse möglich. Man kann auf die Taufe verzichten. Man kann sich selbst für ungetauft halten, weil man die eigene Säuglingstaufe nicht anerkennt. So gibt es eine große Gemeinschaftsbewegung innerhalb der Landeskirchen. Sie taufen niemanden, we­der Kinder noch Erwachsene. Das tut für sie die Landeskirche. Obwohl sie zahlreicher sind als Baptisten, Methodisten und andere Freikirchen zusammen, und obwohl sie am landeskirchlichen Leben kaum teilnehmen, können sie sich mentalitätsmäßig nicht von der Landeskirche trennen, so als ob Christus die Landeskirche gegründet hätte.

Dann gibt es auch „Lutheraner“, die in dem Sinne „lutherisch“ sind, wie man in Ko­rinth paulisch oder apollisch war. Deshalb halten sie an den identitätsstiftenden „lutheri­schen“ Schibboleths fest, die in den Bekenntnisschriften der Lutherischen Kirche darge­legt sind. Die Mücken sieben sie aus, verschlucken aber die Kamele der Bibelkritik, gegen die sich die Bekenntnisschriften angeblich nicht abgrenzen. Diese Art von „Luthertum“ ist mit dem Nationalismus vergleichbar, bei dem die eigene Nation über anderen Nationen steht, ohne daß es sachliche Gründe für die Selbstüberhebung gäbe. Letzten Endes gründet man sich auf die Tradition wie auch andere Konfessionen. Und weil die Traditio­nen unterschiedlich sind, deshalb scheint die konfessionelle Zersplitterung in Stein ge­meißelt zu sein.

1Phänomenologie des Geistes. In: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Sämtliche Werke. Hg. von Glockner, Bd. II, Stuttgart 1927, S. 183.

2S. 217 rechte Spalte in allen Auflagen ab 1967.

3Die Parteizeitschrift Salz und LichtNr. 1, 2003, S. 2-3.

4Phil. Melanchthons Bedenken, daß weltliche Obrigkeit schuldig sei, den Wiedertäufern mit leiblicher Strafe zu wehren, Anno 1536. (Luther war ein Mitverfasser), Walch2 Band 20, Spalte 1755f oder WA50, S. 12f.

5D. Martin Luthers Brief an Eberhard von der Tannen, von den Schleichern und Winkelpredigern, 1532, in: Walch2, Band 20, Spalte 1669 oder WA 30, S. 520f.

6Erasmus von Rotterdam: Klage des Friedens, der bei allen Völkern verworfen und niedergeschlagen wurde, 1517, in: Siegfried Wollgast: Zur Friedensidee in der Reformationszeit, Berlin (Ost) 1968, S.24.

7Erich van Eyck: Bismarck und das Deutsche Reich, 8. Auflage, München 1990, S. 76.

8D. Max Frommel: Hauspostille. Epistel-Predigten für das ganze Kirchenjahr, vierte Auflage, S. 502.

9a. a. O., S. 448.