Martin Luther – ein Kirchendiener, aber kein Diener Christi

1. Ein Zeitzeuge aus der Reformationszeit

Ein Zeitgenosse der Reformation beobachtete: „Die Lutherischen lehren und glauben, daß uns der Glaube allein selig mache, auch ohne irgend welches Zuthun der Werke. Diese Lehren halten sie mit solcher Strenge aufrecht, als ob Werke ganz und gar unnöthig wären; ja, als ob der Glaube von solcher Art und Natur sei, daß er keine Werke neben sich zulassen oder leiden könne. Und darum muß auch Jacobi hochwichtiger, ernster Brief (weil er eine solche leichtfertige, eitle Lehre und solchen Glauben strafet) als strohern von ihnen angesehen und erachtet werden. O stolze Thorheit! Ist die Lehre Stroh, so muß auch der auserwählte Apostel, der getreue Diener und Zeuge Christi, der sie geschrieben und anempfohlen hat, ein stroherner Mann gewesen sein, das ist so klar als der helle Mittag. Denn die Lehre bezeugt wer der Mann war. Ein Jeder sehe wohl zu, wie und was er lehret; denn grade mit dieser Lehre haben sie das unbedachte, dumme Volk groß und klein, Bürger und gemeinen Mann, in ein solches fruchtloses, wildes Leben geführt und so weit den Zaum gelassen, daß man unter den Türken und Tartaren (vermuthe ich) kaum ein so gottloses, greuliches Leben, wie das ihre ist, finden könnte. Die offenbare That gibt Zeugniß; denn das überflüssige Essen und Trinken, die übermäßige Pracht und Hoffart, das Huren, Lügen, Betrügen, Fluchen, Schwören bei des Herrn Wunden, Sacramenten und Leiden, das Blutvergießen und Fechten etc., welches leider bei vielen von ihnen gefunden wird, hat weder Maß noch Ende. Lehrer und Jünger handeln in vielen fleischlichen Dingen einer wie der andere, wie man sehen kann. Denn was ich wohl weiß, das schreibe ich, und was ich selber gehört und gesehen habe, bezeuge ich, und ich weiß daß ich die Wahrheit zeuge.
Wer nur mit ihnen sagen kann: Ei, wie sind die verzweifelten Pfaffen und Mönche solche ehrlose Schelme und Buben! und fluchen ihnen die Pocken in’s Herz. Der heillose Pabst mit seinem beschornen Haufen, sagen sie, haben uns lange genug mit ihrem Fegfeuer, ihren Beichten und ihrem Fasten betrogen. Wir essen nun wie wir Hunger haben, es sei Fisch oder Fleisch, wie es uns beliebt; denn jede Creatur Gottes ist gut, sagt Paulus, und nicht verwerflich. Aber was hernach folgt, wollen sie nicht verstehen noch wissen, nämlich, den Gläubigen (gleich zu leben), welche die Wahrheit erkennen und mit Danksagung genießen. Weiter sagen sie: Wie schändlich haben sie uns arme Leute betrogen, daß sie uns des Herrn Blut geraubt haben, und haben uns auf ihre Kramerei gewiesen und ans ihre zauberischen Werke. Aber, Gott sei Lob, nun sind wir inne geworden, daß alle unsere Werke nichts gelten; denn Christi Blut und Tod muß allein unsere Sünden austilgen und bezahlen. Heben an Psalmen zu singen: ‚Der Strick ist entzwei und wir sind frei, etc.’ Unterdessen läuft ihnen das Bier und der Wein aus ihrer trunkenen Nase und Mund. Ein jeder der nun diesen Reim mit ihnen lesen kann, er lebe auch so fleischlich als er immer wolle, ist ein guter Evangelischer Mann, und ein wohlgeschickter Bruder. Und so denn Jemand kommt, der sie aus aufrichtiger, treue Liebe darüber ermahnen oder strafen will, ihnen Christum Jesum mit seiner Lehre, seinen Sacramenten und unsträflichem Vorbild recht vorhalten will, und daß es keinem Christen gezieme zu prassen und zu saufen, zu schwören und zu fluchen etc., der muß zur Stunde hören, er sei ein Werkheiliger, ein Himmelsstürmer oder ein Rottengeist, ein Schwärmer oder Heuchler, ein Sacramentschänder oder Wiedertäufer.
Siehe, also läßt Gott, der gerechte Herr, diejenigen irren und es in ihren Herzen dunkel werden, die in ihrer fleischlichen Wollust und ihrem Muthwillen sich auf den kostbaren Tod und das allerheiligste Fleisch und Blut unsers Herrn Jesu Christi, des Sohnes Gottes, und auf sein seligmachendes, verehrtes Wort verlassen und stützen, ja es zu einer Ursache ihres unreinen, sündlichen Fleisches machen. Ich lasse mich dünken, daß dies auch wohl mit Recht eine freie, lose und weite Secte heißen mag“.1

Der gleiche Zeitzeuge schrieb auch: „Merket, liebe Brüder, wie fern doch die ganze Welt von Gott und Gottes Wort ist, wie schnell ihre Füße sind, unschuldig Blut zu vergießen, wie bitter sie das Licht hassen, und wie feindselig sie die ewig seligmachende Wahrheit, das reine, unbefleckte Evangelium unseres Herrn Jesu Christi, das fromme, gottselige Leben aller Heiligen verfolgen, schmähen und ausrotten. Solches tun nicht nur die Papisten und Türken, sondern auch diejenigen, die sich des heiligen Wortes rühmen; die, welche anfänglich viel von dem Glauben predigten und lehrten, nämlich daß derselbe eine Gabe Gottes sei und nicht mit dem eisernen Schwert aufgedrungen werden, sondern allein durch das Wort, in die Herzen der Menschen kommen müsse, denn er (der Glaube), sei eine freiwillige Hingabe des Herzens.

Aber die Gelehrten haben in den letzteren Jahren diese Lehre wieder unterdrückt, und, wie mir scheint, dieselbe gänzlich aus ihren Büchern gewischt, denn seit der Zeit, daß sie Herren, Fürsten, Städte und Länder zu ihrer freien, fleischlichen Lehre gezogen haben, ist gerade das Gegentheil von ihnen demonstriert worden, wie aus ihren Schriften ersichtlich ist. Sie überliefern mittelst ihrer aufrührerischen Predigten und Schriften viele fromme Herzen in die Hand des Henkers, welche ihnen mit dem klaren, lautern Wort Gottes widersprechen, strafen und ermahnen, und ihnen den rechten Grund des Evangeliums anweisen, welcher besteht in einem kräftigen, durch die Liebe wirkenden Glauben, einem bußfertigen, neuen Leben, einem Gehorsam gegen Gott und Christum, und der rechten, evangelischen Ordnung in Bezug auf Taufe, Nachtmahl und Absonderung, wie sie Christus Jesus selbst eingesetzt und befohlen hat, und wie sie von seinen Aposteln gelehrt und geübt wurden.

Ja, alle die solches aus reiner Liebe thun, werden als verfluchte Wiedertäufer, Aufrührer, Verführer und Ketzer angeschuldigt, dessen mögen alle Gottesfürchtigen gewärtig sein; trotzdem aber wollen sie allesamt, Herrn und Fürsten, Prediger und Schreiber, wie auch das gemeine Volk, mögen sie nun Papisten, Lutheraner oder Zwinglische sein, für die christliche Gemeinde, die heilige Kirche angesehen werden, ohne auf ihr gottloses, unlauteres, unbußfertiges Leben, das gänzlich irdisch, fleischlich und wider Gottes Wort ist, zu merken, ohne zu sehen, daß etliche von der Ihrigen Hände mit Blut der Christen triefen und daß ihre Werke offenbar schnurstraks wider des Herrn Geist, Wort und Leben laufen. O, daß doch diese armen, blinden und verstockten Herzen solches recht erkennen und die Natur und den Geist eines wahren Christen wohl untersuchen möchten. Sie würden vor Gott beschämt dastehen, und von ganzer Seele klagen, daß sie seinen herrlichen Namen, sein gesegnetes Wort, seine göttliche Gnade und sein rothes, theures Blut so gräulich gemißbraucht, sich derselben so fälschlich gerühmt und daraus einen Deckmantel für ihre Gottlosigkeit und Bosheit gemacht haben“.

„Sind unsere Verfolger nun Christen, wie sie meinen, warum sind sie dann nicht von Gott, und Gottes Wort geboren? Warum sind sie denn noch die alte, verfluchte Creatur, und leben nach den Lüsten ihres Fleisches? Warum lassen sie sich denn von des Teufels Geist treiben? Warum haben sie denn noch alle ihre Gedanken auf die vergänglichen und zeitlichen Dinge gerichtet, um welche sie Tag und Nacht bekümmert sind? Warum fließet denn ihr Mund noch über von Unkeuschheit, Eitelkeit, Lügen, Fluchen und Schwören? Warum fürchten sie denn Gott und sein Wort nicht? Warum sind sie denn der verführerischen, alten Schlange in der Natur noch gleich und ihrem Willen gehorsam? Und warum sind sie denn noch gleich den schrecklichen, reißenden Wölfen, den Raubthieren und Raubvögeln, anstatt wehrlose, unschuldige Schafe und Tauben zu sein, wie die Schrift lehrt.

Ach, liebe Brüder, laßt sie rühmen wie sie wollen, Christus Jesus kennet solche gottlose und blutdürstige Christen nicht. Er kennet allein die, welche seinen Geist haben, ihm von ganzem Herzen glauben und gehorsam sind, die demütig, niedrig, gottesfürchtig, heilig und rein von Herzen sind, die Christum Jesum bekennen mit Mund und Leben vor diesem bösen und argen Geschlecht, die sich selber verleugnen, das Kreuz Christi auf sich nehmen und ihm nachfolgen, indem sie mit dem heiligen Paulo sagen: ‚Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes?’ Sie kennen keinen Ruhm, ausgenommen den des Kreuzes unseres Herrn Jesu Christi, durch welches sie der Welt gestorben sind, und die Welt ihnen. Alle die, welche so gestimmt sind, sind die Gesalbten Gottes, sind Heilige und Christen; dieses sind aber nicht die unbußfertigen, fleischlichen und blutdürstigen Großsprecher. Möge ein Jeder eingedenk sein, daß dies die Wahrheit ist, oder die ganze Schrift ist unwahr“.2

2. Woher der große Haß?

Der Verfasser dieser Zitate ist der Wiedertäufer Menno Simons (1496-1561). Wenn er vom Henker und vom Triefen des Blutes von Christen schreibt, so ist das keineswegs nur im übertragenen Sinne zu verstehen. Denn zu Tausenden wurden „halsstarrige“ Wiedertäufer gefoltert und danach ertränkt, geköpft oder lebendig verbrannt. Das ist kaum im Bewußtsein der Gläubigen. Denn so wie die Weltgeschichte wird auch die Kirchengeschichte von den Siegern geschrieben, die das Fehlveralten der Unterlegenen aufbauschen und die Verbrechen der eigenen Gruppe verschweigen. Und die geistigen Nachkommen der Folterschergen, die die Wiedertäufer geköpft, ertränkt oder lebendig verbrannt hatten, saßen jahrhundertelang auf den Universitätslehrstühlen der theologischen Fakultäten. Diese Position haben sie mißbraucht, um die Verbrechen der eigenen Gruppe zu vertuschen.

Doch woher kam der gewaltige Haß, der die große kriminelle Energie hervorbrachte? Die bereits angeführten Zitate aus den Schriften eines führenden Wiedertäufers deuten manches an. In ihrer brennenden Liebe zu Christus, mit der viele von ihnen für ihren Heiland in den Tod gingen, deckten sie den Abfall sowohl in der katholischen Kirche als auch in den lutherischen und reformierten Landeskirchen auf. Sie riefen zur radikalen Jesusnachfolge und zur Absonderung (2. Kor. 6,14-18) von den Landeskirchen auf. Das gefährdete den Einfluß der geistlichen Führer wie Luther, Zwingli und anderer.

3. Wie zur Zeit Jesu

Die damalige Situation ist vergleichbar mit der Zeit Jesu und der Verfolgung der Alten Kirche. Der allerzentralste Gegensatz bestand nicht zwischen Römern und Juden, nicht zwischen den politischen Machthabern wie Herodes und Pilatus einerseits und den geistlichen Führern wie den Hohenpriestern und Schriftgelehrten andererseits. Sondern der zentralste Gegensatz, der alle anderen Gegensätze als Kleinkram erscheinen läßt, bestand zwischen Jesus bzw. dem Reich Gottes und der „Welt“. Zur „Welt“ gehörten nicht nur Herodes und Pilatus, sondern auch die Hohenpriester und die damalige Theologenschaft der Schriftgelehrten und Pharisäer. Die „Welt“ ragte sogar in Jesu Jüngerschaft hinein. Beispiele sind der Verrat des Judas und der Streit unter den Jüngern, wer unter ihnen der Größte sei (Mark. 9,34). Andererseits umfaßte das Reich Gottes auch eine kanaanäische Frau (Matth. 15,28) und einen Hauptmann der verhaßten römischen Besatzungsmacht, den Hauptmann zu Kapernaum (Matth. 8,10). „Die Welt erkannte ihn [Jesus] nicht“ (Joh. 1,10), sie haßte ihn vielmehr. Den Grund für diesen Haß nannte Jesus seinen Brüdern, die nicht an ihn glaubten: „Die Welt kann euch nicht hassen. Mich aber haßt sie, denn ich bezeuge von ihr, daß ihre Werke böse sind“ (Joh. 7,5-7). Schon die alttestamentlichen Propheten hatten gegen die Sünde gepredigt und wurden getötet (Apg. 7,52), im Unterschied zu en falschen Propheten, die die Menschen nicht beunruhigt hatten. Johannes der Täufer wurde enthauptet, weil er bezeugt hatte, daß Ehebruch böse ist (Matth. 14,1-11). Und der Haß gegen Jesus steigerte sich zur Entschlossenheit, ihn zu töten. Auslöser war die Auferweckung des Lazarus. Als Reaktion auf die Nachricht von dieser Wundertat „versammelten die Hohenpriester und die Pharisäer den Hohen Rat und sprachen: Was tun wir? Dieser Mensch tut viele Zeichen. Lassen wir ihn so, dann werden sie alle an ihn glauben, und dann kommen die Römer und nehmen uns Land und Leute. … Von dem Tage an war es für sie beschlossen, daß sie ihn töteten“ (Joh. 11,47-53). Und als er bald darauf auf einem Esel in Jerusalem einritt und die Menschen ihm auch wegen der Auferweckung des Lazarus zujubelten, sprachen die Pharisäer untereinander: „Ihr seht, daß ihr nichts ausrichtet; siehe alle Welt läuft ihm nach“ (Joh. 12,17-19). Dann hat Jesus den Tempel gereinigt. Daß die dortige Geschäftstätigkeit ein Mißstand war, dürfte unumstritten gewesen sein. Um diesen zu beseitigen, wäre die Tempelbehörde zuständig gewesen. Indem Jesus eigenhändig die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel hinauswarf, dokumentierte er seinen Anspruch, der Oberste über den Tempel zu sein. Und dann warnte Jesus das Volk in aller Öffentlichkeit vor der Gottlosigkeit, Wichtigtuerei und Heuchelei der Schriftgelehrten und Pharisäer, die sehr fromm reden konnten, die Menschen aber dennoch vom Himmelreich fernhielten: „Auf dem Stuhl Moses sitzen die Schriftgelehrten und Pharisäer. Alles nun, was sie euch sagen, das tut und haltet; aber nach ihren Werken sollt ihr nicht handeln; denn sie sagen’s zwar, tuen’s aber nicht. … Alle ihre Werke tun sie, damit sie von den Leuten gesehen werden. … Aber ihr sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn einer ist euer Meister; ihr aber seid alle Brüder. Und ihr sollt niemanden unter euch Vater nennen auf Erden; denn einer ist euer Vater, der im Himmel ist. Und ihr sollt euch nicht Lehrer nennen lassen; denn einer ist euer Lehrer: Christus. Der größte unter euch soll euer Diener sein. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht. Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr das Himmelreich zuschließt vor den Menschen! Ihr geht nicht hinein, und die hinein wollen, laßt ihr nicht hineingehen. … Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Zehnten gebt von Minze, Dill und Kümmel und laßt das Wichtigste am Gesetz beiseite, nämlich das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben! Doch dies sollte man tun und jenes nicht lassen. Ihr verblendeten Führer, die ihr Mücken aussiebt, aber Kamele verschluckt! Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr Becher und Schüsseln außen reinigt, innen aber sind sie voller Raub und Gier! Du blinder Pharisäer, reinige zuerst das Innere des Bechers, damit auch das Äußere rein wird! Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr seid wie die übertünchten Gräber, die von außen hübsch aussehen, aber innen sind sie voller Totengebeine und lauter Unrat! So auch ihr: von außen scheint ihr vor den Menschen fromm, aber innen seid ihr voller Heuchelei und Gesetzlosigkeit. Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Propheten Gräber baut und die Gräber der Gerechten schmückt und sprecht: Hätten wir zu Zeiten unserer Väter gelebt, so wären wir nicht mit ihnen schuldig geworden am Blut der Propheten! Damit bezeugt ihr von euch selbst, daß ihr Kinder derer seid, die die Propheten getötet haben. Wohlan, macht auch ihr das Maß eurer Väter voll! Ihr Schlangen und Otternbrut! Wie wollt ihr der höllischen Verdammnis entrinnen?“ (Matth. 23,1-33).

Solche scharfen Worte, die Jesus vor einem großen Publikum sprach, mußten von den Pharisäer und Schriftgelehrten als Beleidigung und Volksverhetzung empfunden worden sein. Um Jesus loszuwerden, stellten die Schüler der Pharisäer in Anwesenheit der Herodianer, dem damaligen Verfassungsschutz, ihm die Fangfrage, ob man dem Kaiser Steuern geben darf (Matth. 22,15-17). Die Antwort, die Jesu Gegner für die einzig richtige gehalten hatten, wäre gewesen: Man darf den römischen Feinden der Juden keine Steuern zahlen. Bei dieser Antwort wäre Jesus von den Römern festgenommen worden, und die Hohenpriester und Pharisäer hätten ihre Hände in Unschuld waschen können. Dieser Plan zeigt die abgrundtiefe Bosheit und scheinheilige Heuchelei der Pharisäer. Die Hohenpriester und Schriftgelehrten befürchteten, daß sie bedeutungslos werden würden, wenn sie Jesus gewähren ließen und alles Volk ihm auch weiterhin nachlaufen würde. Um ihre eigene Wichtigkeit zu verteidigen, waren sie bereit, die Wege Gottes zu verlassen. Natürlich hätten sie das wirkliche Motiv nie zugegeben. Vielmehr diene die Tötung Jesu – wie könnte es bei diesen „geistlichen“ Herren auch anders sein – dem Wohle des Volkes: „Lassen wir ihn so, dann werden se alle an ihn glauben, und dann kommen die Römer und nehmen uns Land und Leute. … Es ist besser für euch, ein Mensch sterbe für das Volk, als daß das ganze Volk verderbe“ (Joh. 11,48-50).

Da Jesus viel Rückhalt im Volk hatte, konnte man ihn nicht einfach festnehmen, ohne einen Aufruhr im Volk zu riskieren (Matth. 26,5). Doch da bot Judas seine Dienste an (Matth. 26,14-16). Anstatt ihn von Sünde abzuhalten, bestärkten sie ihn bei einer Handlung, die sie selbst als Sünde werteten (Matth. 27,6). Als Jesus als Gefangener vor dem Hohen Rat stand, stand das Todesurteil von vornherein fest. Man suchte lediglich nach einer Begründung. Und die war „Gotteslästerung“. Denn Jesus bezeichnete sich selbst als Sohn Gottes und machte sich dadurch Gott gleich (Matth. 26,63-65). Gewiß war Gotteslästerung ein Grund für ein Todesurteil. Doch die wirkliche Motivation, die ihr starkes Engagement speiste, war nicht die Unterbindung von Gotteslästerung. Die Möglichkeit für diese Begründung ergab sich nämlich erst während des Prozeßverlaufs. Weil aber die Römer regierten, durften die Juden niemanden töten. Deshalb mußten sie Pilatus von der Notwenigkeit einer Hinrichtung überzeugen. Gotteslästerung war aber für diesen Heiden kein Grund für ein Todesurteil. Deshalb haben sie vor der römischen Obrigkeit geltend gemacht, daß Jesus sich als König betrachtet. „Wer sich zum König macht, ist gegen den Kaiser“ (Joh. 19,12). In diesem Zusammenhang muß angemerkt werden, daß Jesu Ankläger nicht die Juden waren, die vor einigen Tagen ihrem auf einem Esel reitenden König zugejubelt hatten. Denn Jesus wurde in der Passahnacht festgenommen. Der Prozeß vor dem Hohen Rat fand nachts statt, und man führte Jesus am Tagesanbruch zu Pilatus (Joh. 18,28), so daß die Verurteilung gegen 6 Uhr früh stattfand (Joh. 19,14). Während Jesu Anhänger noch schliefen, hatten Jesu Feinde ihre Sympathisanten mobilisiert, um mit geheuchelter Kaisertreue vor dem Statthalter des Kaisers gegen einen angeblichen Gegner des Kaisers zu demonstrieren. Und als Pilatus fragte: „Soll ich euren König kreuzigen?“, da antworteten die Hohenpriester: „Wir haben keinen König als den Kaiser“ (Joh. 19,15). Mit diesem Bekenntnis zum römischen Kaiser war der Widerstand des Prokurators gegen den Hinrichtungsplan der Kläger endgültig gebrochen. Ein römischer Beamter konnte nicht weniger kaisertreu sein als die jüdischen Hohenpriester. Diese haben nicht nur die Person Jesu abgelehnt; sondern das Zentrum des jüdischen Glaubens, den Glauben an den verheißenen Sohn Davids als ihren Messias, haben sie verworfen und den heidnischen römischen Kaiser zu ihrem König erwählt. Das zeigt, daß sie ihre eigene Verkündigung selbst nicht geglaubt haben.

Die Hohenpriester waren keine Diener Gottes, sondern Hüter der religiösen Strukturen und ihrer eigenen Wichtigkeit, die durch die religiösen Strukturen gewährleistet wurde. Diesem ihren Anliegen stand Jesus im Weg. Die vielen Wundertaten, besonders die Auferweckung des Lazarus, wiesen ihn in aller Öffentlichkeit als Messias aus. Die große Bedeutung der Person Jesu gefährdete aber die Wichtigkeit der eigenen Person. Deshalb mußte Jesus getötet werden. Um dieses Ziel zu erreichen, verließ man die Wege Gottes, scheute vor keinem Verbrechen zurück und ignorierte die richtige Lehre, die man zuvor selbst dem Volk verkündet hatte. Denn daß die Pharisäer viel richtig lehrten, erkannte auch Jesus an, indem er sagte: „Alles, was sie euch sagen, das tut und haltet; aber nach ihren Werken sollt ihr nicht handeln“ (Matth. 23,3). Das Richtige, das sie gelehrt hatten, ist das Wort Gottes. Und das Gotteswort wirkt, auch wenn dessen Verkündiger es selbst nicht wirklich glauben. Der Prophet Jesaja schreibt: “Gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und läßt wachsen, daß sie gibt Samen, zu säen, und Brot, zu essen, so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende“ (Jes. 55,10f). Der Eifer der Pharisäer und Schriftgelehrten klingt auch in Jesu Polemik an, wenn er sagte: „Weh euch Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr Land und Meer durchzieht, damit ihr einen Judengenossen gewinnt; und wen er’s gewonnen ist, macht ihr aus ihm ein Kind der Hölle, doppelt so schlimm wie ihr“ (Matth. 23,15). Die Pharisäer und Schriftgelehrten hatten also mit großem Eifer Mission getrieben. Sie hatten den Samen des Gotteswortes ausgestreut. Dieser war später aufgegangen, als die Apostel überall in der Welt verkündigten, daß der erwartete Heiland in Jesus von Nazareth gekommen ist. Doch was waren die wirklichen Motive für die Mission? Wollten sie die Heiden deshalb zum Gott Israels führen, um sie vor der Hölle zu bewahren, der wollten sie ihre religiöse Organisation vergrößern und dadurch ihre eigene Wichtigkeit steigern?

Bei aller Kritik Jesu an den Schriftgelehrten und Pharisäern gab es in Israel auch wirkliche Gläubige. Einer von ihnen war Zacharias, der Vater von Johannes dem Täufer. Er war Priester (Luk. 1,5-25). Also auch unter den Priestern gab es Gläubige. Gläubig waren auch seine Frau Elisabeth (Luk. 1,39-45) und Jesu Mutter (Luk. 1,46-55). Gläubig waren der greise Simeon, der das Jesuskind auf den Arm nahm (Luk. 2,25-35) und die Prophetin Hanna (Luk. 2,36-38), die Gott pries. Gläubig war auch eine arme Witwe, die ihre gesamte Habe von zwei Scherflein den Gotteskasten gelegt hatte (Mark. 12,41-44). Gläubig waren die Volksmassen, die Jesus nachliefen und dadurch die Pharisäer beunruhigten. Der Fundament ihres Glaubens war in der Synagoge gelegt worden. Und diese Saat ging auf, als sie sahen, daß in Jesus von Nazareth das erfüllt wurde, was in den in der Synagoge verlesenen Heiligen Schriften geschrieben steht. Diese Saat ging auf, als Petrus seine Pfingstpredigt hielt und etwa dreitausend Menschen zur Gemeinde hinzugetan wurden, die dann auch beständig blieben in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet (Apg. 2,14-47).

Doch der Gegensatz von Jesus Christus und der „Welt“ setzte sich fort im Gegensatz der Gemeinde Jesu zur „Welt“. So hat die „Welt“ dem Petrus und Johannes verboten, im Namen Jesu Christi zu lehren (Apg. 4,18). Doch das Wort breitete sich weiter aus und der Haß der „Welt“ steigerte sich. Und diesem Haß der „Welt“ fiel Stephanus zum Opfer. Verleumdet, er würde gegen Mose und gegen das Gesetz reden, mußte er sich vor dem Hohen Rat verantworten. Und da sprach er über die Geschichte Israels. Er sprach, wie die Väter dem Mose widerstanden hatten und daß bereits dem Mose der Messias verheißen worden war. Und dann wendete sich Stephanus an das Gericht: „Ihr Halsstarrigen mit verstockten Herzen und tauben Ohren, ihr widerstrebt allezeit dem Heiligen Geist, wie eure Väter, so auch ihr. Welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Und sie haben getötet, die zuvor verkündigten das Kommen des Gerechten, dessen Verräter und Mörder ihr nun geworden seid. Ihr habt das Gesetz empfangen durch Weisung von Engeln und habt’s nicht gehalten“ (Apg. 7,51-53). Man rühmte sich, das alttestamentliche Gesetz zu halten. Stephanus sagte aber: Ihr habt es nicht gehalten. Er stellte seine Ankläger in die Tradition der Prophetenmörder, die deren Bluttaten dadurch auf die Spitze getrieben haben, daß sie sogar den langersehnten Messias ermordet haben. “Als sie das hörten, ging’s ihnen durchs Herz, und sie knirschten mit den Zähnen über ihn“ (Apg. 7,54). Und wir lesen weiter: „Er aber, voll Heiligen Geistes, sah auf zum Himmel und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus stehen zur Rechten Gottes und sprach: Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen“ (Apg. 7,55f). Der Jesus, den sie gekreuzigt hatten – der Messias zur Rechten Gottes!? Da rasteten seine Ankläger aus, stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn.

4. Wie zur Zeit der Alten Kirche

Jesus wurde von der „Welt“ gehaßt, weil er ihr bezeugt hatte, daß ihre Werke böse sind. Stephanus stellte der „Welt“ die Größe ihrer Bosheit vor Augen, nämlich, daß sie in der Tradition der Prophetenmörder den von den getöteten Propheten verheißenen Messias getötet hat. Wenn die Apostel dann überall in der Welt den Auferstandenen verkündigten, der zur Rechten Gottes sitzt, dann deckten sie dadurch die Bosheit derer auf, die den langersehnten Messias getötet hatten. Es ist somit kein Wunder, daß den Aposteln der Haß der „Welt“ überall dort entgegenschlug, wo sie den Gekreuzigten verkündigten. Die Heiden stehen dem Wort vom Kreuz verständnislos gegenüber. Für sie ist es eine Torheit (1. Kor. 1,23). Deshalb können sie „Narrenfreiheit“ gewähren. Aber für die Juden ist es mehr als eine Torheit, weil sie es verstehen. Es ist ihnen ein Ärgernis. Deshalb hetzten sie die Bevölkerung gegen die Apostel auf. Z. B. in Tessalonich. Dort hetzten sie den Pöbel auf. Da sie aber Paulus und Silas nicht faden, richtete sich der Zorn gegen Jason, der die Apostel beherbergte, und gegen einige Brüder. Sie wurden vor den Obersten der Stadt unter anderem beschuldigt: „Diese alle handeln gegen des Kaisers Gebote und sagen, ein anderer sei König, nämlich Jesus“ (Apg. 17,7). Ach wie kaisertreu sind doch die Juden! – ebenso kaisertreu wie die Hohnpriester, die dem Pilatus bekannten: „Wir haben keinen König als den Kaiser“ (Joh. 19,15). In der Folgezeit kam es immer wieder zu lokalen blutigen Verfolgungen. Doch die Entwicklung lief auf die Verfolgung durch Roms Zentralregierung hinaus.

Die Motive sind schwer verständlich, stellten die Christen doch keine Gefahr für das Römerreich dar. Doch es könnte sein, daß wir die Christenverfolgungen der Vergangenheit besser verstehen werden, je intensiver die Christenverfolgung wird, in der wir uns zur Zeit befinden. In Schweden wurde ein Pastor eingesperrt, weil er gepredigt hatte, daß Homosexualität Sünde ist. Bei Hitler und im Kommunismus wurden Christen wegen ihres gelebten Glaubens umgebracht, obwohl sie nie versucht hatten, ihre Staaten umzustürzen. Kein einziges der vielen Attentatsversuche auf Hitler war christlich motiviert. Auch Christus hatte nicht versucht, das Römerreich umzustürzen. Ich war zweimal wegen angeblicher Beleidigung eines „gesetzestreuen“ Tötungsspezialisten für ungeborene Kinder insgesamt 8½ Monate im Gefängnis, obwohl ich niemals jemanden daran gehindert hatte, offenkundig unschuldige Menschen zu töten. Christen wurden und werden verfolg, weil die „Welt“ deren Verkündigung und deren Leben als Anklage versteht, daß ihre Werke böse sind. So war es bei Jesus, und so ist es bis heute bei denen, die Christus nachfolgen.

Das Römerreich befand sich im Verfall. Dieser sollte durch ein Rückbesinnung auf die Ideen des alten Rom aufgehalten werden. Weil aber das Christentum immer als der eigentliche Gegner des Heidentums angesehen war, wurde ihm der allgemeine Verfall zur Last gelegt. Um das Reich im altrömischen Sinne zu restaurieren, kam es ab ca. 250 zur allgemeinen Verfolgung. Die Christen weigerten sich, dem Kaiser zu opfern, und oft auch, Kriegsdienste zu tun. Daher wurden ein Edikt erlassen, daß alle Christen opfern müßten. Viele Christen starben den Märtyrertod. Es gab mehrere Wellen blutiger Verfolgungen. Doch das Christentum breitete sich aus.

5. Eine scheinbare Wende

Zur Wende kam es, als der Heerführer und spätere Kaiser Konstantin im Jahre 312 vor einer Schlacht in den Wolken ein leuchtendes Kreuz mit der griechischen Überschrift toutoo nika sah. Zu deutsch: Auf diese Weise siege. So wie Christus durch seinen Kreuzestod von Golgatha den Teufel besiegt hat, auf diese Weise soll auch Konstantin siegen. Doch Konstantin und viele andere nach ihm haben die griechische Inschrift nicht richtig verstanden. Die bis heute gängige lateinische Übersetzung ist: in hoc signo, also: in diesem Zeichen. In der Abkürzung IHS befindet sich diese lateinische Übersetzung in vielen Kirchen. Konstantin hat seine Siege nicht in der Weise Christi angestrebt, sondern dadurch, daß er die heidnischen Symbole durch das Kreuzeszeichen ausgetauscht hat. Die heidnische Gesinnung blieb aber weitgehend erhalten. Diese stand nun unter dem Zeichen des Kreuzes. Das Christentum stieß in eine Situation, in der sich der Glaube an die Realität der heidnischen Götter auflöste. Dadurch war es attraktiv. Viele ehemalige Heiden strömten in die christlichen Gemeinden und brachten ihre heidnische Gesinnung mit. Diese wurde in das Christentum integriert. Konstantin strebte als Kaiser die religiöse Geschlossenheit des Römerreiches auf christlicher Grundlage an. Es entstand die Reichskirche. Das Papsttum bildete sich heraus. Ca. vierzig Jahre, nachdem die letzten Märtyrer ihr Leben ließen, starben die ersten Ketzer. Das Heidentum war vollends in die „Christenheit“ integriert. Dieses Amalgam ist bis heute erhalten geblieben. Auch heute gibt es politische Parteien, die wie kriminelle Vereinigungen den Kindermord fördern, Jesusnachfolger ins Gefängnis werfen, Folterregime (USA und Israel) unterstützen, politische Entscheidungen für Geld verkaufen, ständig den Wähler belügen und andere schlechte Sachen machen und durch ein „C“ im Namen und durch das christliche Geschwafel ihrer Führungspersönlichkeiten den Namen Jesu Christi verhöhnen.

Wer meint, daß der Papst der Vertreter Jesu sei, dem sollten die vielen Bluttaten von Päpsten und deren ausschweifendes Leben zu denken geben. Denn angeblich waren auch diese Bluthunde und Hurer vor Jahrhunderten, die sich wie Vertreter des Teufels verhielten, selbst nach heutiger römisch-katholischer Kirchenlehre Vertreter Jesu. Es ist römisch-katholische Kirchenlehre, daß die Kirche von Christus gegründet worden sei. Unter Kirche wird dabei die vom Papst geleitete Organisation verstanden. Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil, schrieb „Kirchenvater“ Augustin (354-430). Dieses Kirchenverständnis gibt es in abgewandelter Form auch im Protestantismus. Da stellt sich die Frage: Wo steht geschrieben, daß Christus irgendeine Organisation gegründet hätte?

6. Die Kirche

Hier haben wir einen Unterschied zur Zeit des Alten Testaments. Gott hatte die alttestamentliche Priesterschaft eingesetzt. Aaron war als Hoherpriester von Gott eingesetzt und blieb auch Hoherpriester, nachdem er das goldene Kalb angefertigt hatte. Von Kaiphas, der sagte: „Es ist besser für euch, ein Mensch sterbe für das Volk, als daß das ganze Volk verderbe“, heißt es: „Das sagte er aber nicht von sich aus, sondern weil er in dem Jahr Hoherpriester war, weissagte er. Denn Jesus sollte sterben für das Volk“ (Joh. 11,50f). Es wird somit anerkannt, daß der Lump Kaiphas Hoherpriester war. Jesus ging in die Synagoge „nach seiner Gewohnheit“ (Luk. 4,16). Er ging in den Tempel. Die ersten Christen versammelten sich im Tempel (Apg. 2,46). Der Apostel Paulus suchte bei seinen Missionsreisen als erstes die Synagogen auf, um seinen Volksgenossen mitzuteilen, daß der langersehnte Messias inzwischen gekommen, gestorben und siegreich auferstanden ist. Die alttestamentlichen Priester hatten Opfertiere geschlachtet als Abbild für das zukünftige Opferlamm Jesus. Doch durch Jesu Tod ist der Priesterdienst erloschen. Außer dem allgemeinen Priestertum der Gläubigen (1. Petr. 2,9) gibt es heute keine Priester mehr. Die Gläubigen sind direkt mit Christus verbunden, wie die Rebe direkt am Weinstock hängt (Joh. 15,5). In der Bibel steht nichts von einer „Kirche“ als Bindeglied zwischen der Rebe und dem Weinstock. Allerdings lesen wir von vielen Ortsgemeinden. Das Wort „Gemeinde“ kommt auch in der Einzahl vor. So wird Christus als Haupt der Gemeinde (Eph. 5,23) bezeichnet. Die Gemeinde ist der Leib Christi (Eph. 1,22f). Und der Leib Christi ist etwas anderes als eine Ansammlung der Feinde Christi, die von irgendeinem Bluthund geleitet wird, der sich anmaßt, Jesu Vertreter zu sein. Jesus hatte zwar seine Botschaft seinen Aposteln anvertraut. Daß aber die katholischen Bischöfe die Nachfolger der Apostel seien, diese Behauptung wird nicht dadurch wahr, daß sie ständig wiederholt wird. Im Unterschied zu den Aposteln können die Bischöfe keine Zeichen und Wunder tun. Der bereits erwähnte gottlose Lebenswandel von Päpsten trifft auch für viele Bischöfe zu. Nach biblischer Lehre hängt die Rebe direkt am Weinstock, nicht aber am Bischof oder am Papst. Dadurch, daß auch andere Reben mit dem Weinstock verbunden sind, haben sie Verbindung untereinander. Aber die Verbindung untereinander verläuft über die gemeinsame Bindung an den Weinstock. Außerdem hören Jesu Schafe Jesu Stimme (Joh. 10,27). Diese Stimme Jesu unterscheiden sie von der Stimme des Fremden, dem sie nicht nachfolgen, sondern von dem sie fliehen (Joh. 10,5). Jesu Schafe folgen Jesus nach und nicht irgendeinem Leithammel, von dem lediglich behauptet wird, er würde Jesus nachfolgen. Jedenfalls achten Jesu Schafe darauf, daß sie Jesus nicht aus dem Blick verlieren, wenn irgendein Leithammel die Richtung vorgeben will. Außerdem gehören die Schafe Jesus und nicht irgendeinem Schäfer, der behauptet, als Unterschäfer in Jesu Auftrag die Schafe zu weiden. Da den Hirten die Schafe ohnehin nicht gehören, kann es auch kein Schafsdiebstahl sein, wenn man irgendwelche Schafe vor ihren Scharlatanen warnt, die gekommen sind um zu stehlen, zu schlachten und umzubringen (Joh. 10,10).

Die Gemeinde wird als Leib Christi beschrieben. Die einzelnen Glieder sind untereinander in Liebe verbunden und dienen einander (1. Kor. 12,12-27). Vieles, was Gott wirkt, äfft der Teufel nach. Fehlt es an geistlicher Einheit, dann wird dieser Mangel durch kirchliche Strukturen ausgeglichen. In der Bibel lesen wir von vielen Ortsgemeinden, nichts aber von einer Kirche. Finden wir dieses Wort in Bibelübersetzungen, dann haben Übersetzer ihre katholische Sicht in die Übersetzung hineingetragen. „Kirche“ ist im katholischen Verständnis die angeblich von Christus gegründete und vom angeblichen Nachfolger Petri geleitete Organisation, die über den Ortsgemeinden stehe. Natürlich gäbe es nur eine Kirche. Die römisch-katholische Kirche sei die alleinseligmachende Kirche. Ihre Macht reiche sogar so weit, daß sie Sünder aus dem Fegefeuer in den Himmel versetzen könne. Auf dieser angeblichen Vollmacht beruht der Ablaß, der die Reformation ausgelöst hat. Den Ablaß gibt es übrigens noch heute. So hatte Papst Johannes Paul II. im Jahr des 500. Geburtstages Luthers, im Jahr 1983, einen Martin-Luther-Jubiläumsablaß herausgegeben. Die Kirche, die angeblich seligmachen könne, wird zum Inhalt des Glaubens, der den Glauben an den wirklichen Seligmacher Jesus Christus verdrängt. Sündige Menschen identifizieren sich mit ihre Kirche und tun das, was deren Einfluß zu steigern scheint. Je weniger das Leben in der Nachfolge Christi das eigne Handeln bestimmt, je mehr die „Welt“ die kirchliche Organisation prägt, um so schmutziger werden die Mittel. In der Politik ist kein Mittel zu schmutzig und kein Verbrechen zu groß, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Wenn sündige Menschen meinen, sie könnten Kirche bauen, wenn ihnen nicht bewußt ist, daß Gott seine Gemeinde baut, daß wir lediglich zu erkennen haben, was Gott von uns will, dann heiligt der Zweck die Mittel wie überall in der „Welt“. Wie Jesus ermordet wurde, weil er die Wichtigkeit der Pharisäer gefährdet hatte, so mußten nun Ketzer sterben, weil sie die Monopolstellung der „Kirche“ und ihrer führenden Wichtigtuer gefährdeten.

7. Die Reformation

Doch wie es zur Zeit Jesu bei aller Gottlosigkeit und kriminellen Energie der geistlichen Führer auch echte Gläubige gab, so war auch im Mittelalter das Gotteswort nicht völlig erloschen, sondern es brach in der Reformationszeit erneut hervor. Die Leute hatten intuitiv empfunden, daß es ein großer Betrug sein könnte, wenn deutsches Geld nach Italien fließt und als Gegenleistung dafür die deutschen Sünder eher aus dem Fegefeuer herauskommen. Der Ablaß basiert auf den überzähligen guten Werken der Heiligen, über die die Kirche verfüge, so daß sie diese gewinnbringend vermarkten könne. Diese werden dann mit den Sünden des Ablaßkunden verrechnet, so daß der zahlende Sünder weniger Sünden im Fegefeuer abbüßen müsse. Der Ablaß werde somit benötigt, weil unsere eigenen guten Werke nicht ausreichen, um die Seligkeit zu verdienen. Demgegenüber brachte Luther die Bibellehre ans Licht, daß wir nicht durch eigene Werke, sondern allein durch das stellvertretende Leiden und Sterben Christi selig werden. Wir „werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die in Christus Jesus geschehen ist“ (Röm. 3,24). Und die Erlösung durch Christus empfangen wir im Glauben. Und so gab Luther Röm. 3,28 folgendermaßen wieder: „So halten wir nun dafür, daß der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben“.

Daß nicht alle Katholiken Luther zustimmen, liegt auch daran, daß seine Lehre nicht genau der biblischen Botschaft entspricht. Das „allein“ des letzten Bibelzitats steht nämlich nicht im griechischen Urtext, sondern Luther hat es zum Gotteswort hinzugefügt. Das „allein ergäbe sich aus dem Zusammenhang, da alles andere ausgeschlossen sei. Aber ist wirklich alles andere ausgeschlossen? Der eigene Verdienst ist ausgeschlossen (Röm. 3,24) und die Gesetzeswerke (Röm. 3,28). Aber was ist mit den Glaubenswerken? Im Jüngsten Gericht wird nämlich der König zu denen, die das Himmelreich ererben, sagen: „Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen, und ihr seid zu mir gekommen“ (Matth. 25,35f). Hungrige speisen, Nackte bekleiden, Kranke versorgen, das sind doch alles Werke. Doch scheinbar gute Werke kann man auch aus sündigen Motiven ohne Glauben tun. Jesus sagt von den Schriftgelehrten und Pharisäern: „Alle ihre Werke aber tun sie, damit sie von den Leuten gesehen werden“ (Matth. 23,5; ähnlich Matth. 6,1f). Andererseits hatte der Kriminelle, dem Jesus am Kreuz das Paradies verheißen hat (Luk. 23,43), weder Hungrige gespeist, noch Nackte gekleidet, noch Kranke versorgt. Zwar wird der Mensch vor Gott aus Glauben gerecht. Aber wie ein Baum Früchte trägt, so bringt der Glaube die bereits genannten Werke hervor. Denn Jesus sagt: „Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen, und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen. Jeder Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. Darum: an ihren Früchten soll ihr sie erkennen“ (Matth. 7,18-20). Daß mit Früchten nicht nur die Lehre der Pharisäer oder der heutigen Prediger gemeint ist, sondern daß Jesus in der Tat von Werken spricht, zeigt der Textzusammenhag. Denn Jesus fährt fort: „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel“ (V. 21). Wenn ein fauler Baum auch keine guten Früchte hervorbringen kann, so kann man sehr wohl gute Früchte an einen faulen Baum hängen, wie die von Christus genannten Werke der Pharisäer zeigen. Doch diese angehängten scheinbaren Früchte bewirken nicht die Seligkeit. Wie ein Baum zu keiner Willensentscheidung fähig ist, sondern die guten Früchte aufgrund einer biologischen Gesetzmäßigkeit zwingend hervorbringt, so speisen Jesusnachfolger die Hungrigen, kleiden die Nackten und kümmern sich um Kranke und Gefangene. Daß sie das nicht mit einem boshaften Herzen tun, um sich die Seligkeit zu verdienen, erkennen wir an deren verwunderten Frage: „Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben? Oder durstig und haben dir zu trinken gegeben? Wann haben wir dich als Fremden gesehen und haben dich aufgenommen? Oder nackt und haben dich gekleidet? Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen?“ (V.37-39). Sich des Nächsten annehmen, ist eine Lebensäußerung ihres Glaubens. So wie Kinder, die gesund sind, zappeln und Krach machen, so ist jemand, in dem Christus lebt, mit Nächstenliebe erfüllt, und er handelt entsprechend.

Der Gedanke, daß es auch Glaubenswerke gibt, die eine Lebensäußerung des Lebens in Christus sind, war bei Luther nicht im Blickfeld. In den Zitaten von einem Wiedertäufer war bereits angedeutet, und es wird noch weiter zu vertiefen sein, daß auch Luther ein übler Baum war, der üble Früchte des Blutvergießens hervorbrachte. Daher blieb ihm verborgen, daß Werke auch Früchte des Glaubens, eine Äußerung der brennenden Liebe zu Christus sein können. Daher sah er in Werken lediglich Taten, die zum Glauben hinzukommen, den Glauben also ergänzen würden. Das wären aber Gesetzeswerke. Und darin hat Luther allerdings recht, daß der Mensch vor Gott gerecht wird ohne des Gesetzes Werke. Luther war ein mittelalterlicher Mensch. Und als einem solchen war ihm die Realität der Hölle, der die Sünder entgegengehen, voll bewußt. Doch Luther war auch Jurist, bevor er ins Kloster ging. Und durch diese seine juristische Vergangenheit scheint er verdorben worden zu sein. Damals wie heute behaupten Juristen einfach einen Sachverhalt, den sie nicht beweisen können und von dem sie häufig wahrscheinlich selbst nicht überzeugt sind, und bauen darauf ihr Urteil auf. Zur Zeit Luthers war der behauptete Sachverhalt häufig Hexerei. Hexerei kann man lediglich behaupten, nicht aber beweisen. Trotzdem wurden vorwiegend Frauen wegen dieses Fehlverhaltens zum Tode verurteilt. Ähnlich wie die irdischen Richter stellte sich Luther seinen himmlischen Richter vor. Er unterstellte Gott, er würde im Jüngsten Gericht in der Weise der damaligen Hexenrichter sein Urteil auf eine unwahre Tatsachenbehauptung gründen. Diese wäre, daß der Sünder Martin Luther sündlos und heilig sei, da Gott in ihm die Sündlosigkeit und Heiligkeit Jesu sehe. Doch wenn Gott rechtfertigt, dann bezeichnet er den Sünder nicht nur als gerecht, sondern er macht ihn auch gerecht. „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (2. Kor. 5,17). Und im Galaterbrief schreibt derselbe Apostel: „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir“ (Gal. 2,20). Der Gläubige ist nicht erst nach dem Jüngsten Gericht eine neue Kreatur, sondern schon jetzt. Schon jetzt lebt Christus im Apostel, und nicht erst nach dem Jüngsten Gericht. Und dieses neue Leben ist ein Leben in der christlichen Heiligung. Von daher gehören Rechtfertigung und Heiligung zusammen.

Wenn Paulus in Röm. 1,17 den Propheten Habakuk zitiert „Der Gerechte wird aus Glauben leben“, so wird dieses Zitat von „Lutheranern“ häufig einzig und allein auf die Rechtfertigung bezogen. Doch der Gerechtfertigte lebt doch nicht erst im Himmel aus Glauben, sondern er lebt schon jetzt aus Glauben. „Leben wir, so leben wir dem Herrn“ (Röm. 14,8). Und dieses Leben im Herrn ist ein Leben in der christlichen Heiligung. Die Heiligung ist nicht in dem Sinne eine Folge der Rechtfertigung, daß die Rechtfertigung nicht in Frage gestellt werden würde, wenn die Heiligung ausbleiben sollte. Es ist nicht so wie bei der Eisenbahn. Die Lokomotive, die hier mit der Rechtfertigung verglichen werden soll, zieht die Waggons der Heiligung. Doch bei der Eisenbahn hört die Lokomotive nicht auf eine Lokomotive zu sein, wenn an ihr keine Waggons hängen. Doch so ist es im Glauben gerade nicht. Im Glauben ist es vielmehr so wie bei einem guten Baum, aus dem gute Früchte herauswachsen. Trägt er keine guten Früchte, dann ist er auch kein guter Baum. Das bedeutet aber nicht, daß die Früchte den Baum zum guten Baum machen würden; sondern der Baum wird lediglich an seinen Früchten erkannt. Denn ein Baum, den man beim Gärtner kauft, ist bereits ein guter Baum, auch wenn er noch keine Früchte getragen hat. Und der Verbrecher, dem Christus am Kreuz die Seligkeit verheißen hat, hatte weder Hungrige gespeist, noch Durstige getränkt, noch Nackte bekleidet, noch Kranke oder Gefangene besucht. Derartige von Menschen als gut empfundene Werke hatten aber die Pharisäer getan. „Alle ihre Werke aber tun sie, damit sie von den Leuten gesehen werden“ (Matth. 23,5).

Daß Rechtfertigung und Heiligung gedanklich zu unterscheiden sind, ist Bibellehre. Doch die totale Trennung, als ob die Rechtfertigung selbst dann fortbestehen würde, wenn die Früchte der Heiligung ausbleiben sollten, das ist eine Verfälschung des Teufels. Gegen diesen Betrug wendet sich Jesus mit seinem Gleichnis vom Schalksknecht. Der Auslöser ist die Frage des Petrus, wie oft er seinem Bruder, der an ihm sündigt, vergeben soll. „Deswegen ist das Reich der Himmel einem Könige gleich geworden, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Als er aber anfing abzurechnen, wurde einer zu ihm gebracht, der zehntausend Talente schuldete. Da derselbe aber nicht hatte zu bezahlen, befahl sein Herr, ihn und die Frau und die Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen und zu bezahlen. Der Knecht nun fiel nieder, betete ihn an und sprach: Herr, habe Geduld mit mir, und ich will dir alles bezahlen. Der Herr jenes Knechtes aber, innerlich bewegt, gab ihn los und erließ ihm das Darlehen. Als aber jener Knecht hinausging, fand er einen seiner Mitknechte, der ihm hundert Denare schuldig war. Und er ergriff und würgte ihn und sprach: Bezahle, was du mir schuldig bist. Sein Mitknecht nun fiel nieder und bat ihn und sprach: Habe Geduld mit mir, und ich werde dir zurückgeben. Er aber wollte nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis er die Schuld bezahlt habe. Als aber seine Mitknechte sahen, was geschehen war, wurden sie sehr betrübt und gingen und berichteten ihrem Herrn alles, was geschehen war. Dann rief ihn sein Herr herzu und spricht zu ihm: Böser Knecht! jene ganze Schuld habe ich dir erlassen, dieweil du mich batest; müßtest nicht auch du dich deines Mitknechtes erbarmt haben, wie auch ich mich deiner erbarmt habe? Und sein Herr wurde sehr zornig und übergab ihn den Peinigern, bis er alles bezahlt habe, was er ihm schuldig war. Also wird auch mein himmlischer Vater euch tun, wenn ihr nicht ein jeder seinem Bruder von Herzen vergebet“ (Matth. 18,23-35). Jesus hatte dem Schalksknecht „allein aus Gnaden“ die Rechtfertigung geschenkt. Doch dem Schalksknecht fehlte der Glaube, der sich in der Liebe zum Mitsünder auswirkt. Denn die Rechtfertigung ist nicht nur eine Gerechtsprechung im Jüngsten Gericht, sondern eine Gerechtmachung. Der Schalksknecht wollte zwar die Gnadengabe des Königs entgegennehmen, er wollte aber nicht seine Gesinnung ändern. Jesus predigte wie schon zuvor Johannes der Täufer: „Tut Buße – wörtlich übersetzt: ändert eure Gesinnung – denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen“ (Matth. 3,4; 4,17). Diese von Jesus geforderte Gesinnungsänderung, das ist Glaube, der sich in der Heiligung auswirkt. „Das ist der Wille Gottes, eure Heiligung“ (1. Thess. 4,3) – schreibt der Apostel Paulus. Und in Hebr. 12,14 steht, daß ohne die Heiligung niemand den Herrn sehen wird. Jesu Gleichnis vom Schalksknecht ist eine Illustration dieser Bibellehre. Die Heiligung ist somit eine Lebensäußerung des Glaubens, den Gott zusammen mit der Rechtfertigung schenkt und mit dem wir die Rechtfertigung empfangen. Wer wie der Schalksknecht ohne Heiligung lebt, verschmäht diesen Glauben. Er verschmäht die Rechtfertigung, die ja nicht nur eine Gerechtsprechung im Jüngsten Gericht ist, sondern die auch schon auf Erden ein Leben in Christus ist, das sich zwangsläufig in der Heiligung auswirkt.

Diese Bibelehre blieb sowohl Luther als auch vielen „Lutheranern“ bis heute verborgen. Sie erkennen nicht, daß ein Leben in der Sünde von Christus trennt und von der Rechtfertigung ausschließt. Unsere Rechtfertigung beruht auf dem vollkommenem Verdienst Christi, auf Jesu Leiden, Sterben und Auferstehen. Frömmer kann man nicht argumentieren. Und unsere Heiligung und unsere Werke sind unvollkommen; und wir würden mit Sicherheit in die Hölle kommen, wenn unsere Seligkeit auch nur zu einem geringsten Anteil von unserem Verdienst abhinge. Demütiger kann man seine Verlorenheit, Sündhaftigkeit und Erlösungsbedürftigkeit nicht bekennen. So ist Christus die einzige Ursache für unsere Seligkeit. Zu ihm sollen wir aufblicken, „ dem Anfänger und Vollender des Glaubens“ (Hebr. 12,2). Das scheinbar demütige Sündenbewußtsein entartet dabei schnell zu einem Arrangieren mit der Sünde. Das zeigt sich im Verständnis von Röm. 7, wo der Apostel Paulus sein Entsetzen über seine eigene Sündhaftigkeit zum Ausdruck bringt. Wer will schon so vermessen sein zu behaupten, daß er weniger sündhaft sei als der größte Heidenmissionar aller Zeiten?! Der Apostel schreibt in Röm. 7 von sich: „Ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft. Denn ich weiß nicht, was ich tue. Denn ich tue nicht, was ich will; sondern was ich hasse, das tue ich. Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, so gebe ich zu, daß das Gesetz gut ist. So tue nun nicht ich es, sondern die Sünde. die in mir wohnt. Denn ich weiß, daß in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt. Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. Wenn ich aber tue, was ich nicht will, so tue nicht ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt“ (Röm. 7,14-20). Anhand von Römer 7 entfaltete Luther die Lehre, daß der Christ sowohl gerecht als auch Sünder sei. Der lateinische theologische Fachbegriff ist simul justus et peccator. Doch diese Lehre entspricht nicht genau der Aussage des Apostels. Denn der Apostel schreibt: „So tue nun nicht ich es [das, was er nicht will], sondern die Sünde, die in mir wohnt“ (V. 17). Also nicht der Apostel selbst, sondern ein anderes Ich, das in ihm ist, tut die Sünde. Der Apostel ist als Neuschöpfung ein sündloser Bürger des Reiches Gottes. „So ist nun nichts Verdammliches in denen, die in Christus Jesus sind“ (Röm. 8,1). Andererseits hat er von Adam einen sündhaften Leib geerbt. „Denn ich weiß, daß in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt“ (Röm. 7,18). Zwischen dem von Christus geschaffenem neuen Menschen und dem von Adam geerbten sündhaften Fleisch herrscht ständiger Krieg. Dessen Dramatik beschreibt der Apostel in Röm. 7. Bei Paulus ist Sündenerkenntnis gleichzeitig eine Kriegserklärung an die Sünde. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu vielen, die sich selbst als „Lutheraner“ bezeichnen. Man hält sich für sowohl gerecht als auch Sünder. Gerecht durch das Blut Christi, auf das man vorgibt zu vertrauen. Andererseits will man nicht so vermessen sein wie ein Pharisäer und die eigene Sündhaftigkeit leugnen. Man hält sich vielmehr für demütig und spricht mit dem Zöllner im Gleichnis Jesu: „Gott sei mir Sünder gnädig“ (Luk. 18,13). Sich auf die Gnade Gottes berufend arrangiert man sich mit der Sünde. Große Sünden meiden, denn man ist ja justus (gerecht). Trotzdem bleibt man nach wie vor peccator (Sünder), so daß man durchaus kleinere Sünden begehen könne. Denn wir werden nicht durch Werke vor Gott gerecht, sondern „allein aus Glauben“. Allerdings muß es der richtige Glaube sein. Selbstverständlich sei das der lutherische Glaube bzw. das, was man dafür hält. Die Wirkungsgeschichte des „lutherischen“ simul justus et peccator, dieses begrenzten Einwilligens in die Sünde, ist verheerend. Die Verbreiterer des Schmalen Weges beriefen sich auf Luther. Zu recht? Zu unrecht?3 Luther hat sehr viel geschrieben, viel mehr als er gründlich durchdenken konnte. Aus der großen Fülle kann sich jeder das heraussuchen, was er braucht, um dem Reformator das eigene Verständnis zu unterstellen.

Ob Luther in diesem Punkt biblisch gelehrt hatte oder nicht, jedenfalls hatte er sich beim Werk der Reformation mit der Sünde arrangiert. Das dürfte zum erheblichen Teil an seinem Verständnis von Kirche liegen, das er vom Papsttum übernommen hat. Luther war Augustinermönch. Und Augustin (354-430) hatte gelehrt: ”Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil”. Diese Irrlehre verdunkelt die Bibellehre, daß unser Heil einzig und allein in Jesus liegt (Apg. 4,12). Luther wollte die Kirche, in der das Evangelium so fürchterlich verdunkelt worden war, reformieren. Man rag um den gemeinsamen Glauben der einen Kirche. Daß es zwei Kirchen (ev. und kath.) oder drei Kirchen (luth., ref. und kath.) gibt, drang erst nach Luthers Tod (1546) ins allgemeine Bewußtsein. Luther wollte der Kirche dienen. Auch die Pharisäer wollten Gott dienen. Das war ihr Motiv oder ihr Vorwand, wenn sie die Wege Gottes verließen. Der Sache Gottes dadurch dienen, daß man die Wege Gottes verläßt – diese Handlungsweise begegnet uns seit Luther immer wieder im „Luthertum“. Denn man ist nicht nur gerecht, sondern sowohl gerecht als auch Sünder (simul justus et peccator). Die Pharisäer dienten ihrer religiösen Organisation. Sie hatten den Geist der „Welt“ in sich aufgenommen. Das ungeschriebene Grundgesetz dieser „Welt“ ist, daß der Zweck die Mittel heilige. Stellt sich der Erfolg ein, dann spielt es keine Rolle, wie schmutzig die Mittel waren. So war es in der Geschichte schon immer. So schmutzig geht es auch heute überall in der Politik zu. Je mehr der Geist der „Welt“ in die Gemeinde eindrang, um so schmutziger ist die Kirchengeschichte. Zu welchen schmutzigen Methoden die jüdischen Hohenpriester fähig waren, nur um Jesus loszuwerden, der ihre Wichtigkeit gefährdete, wurde bereits gezeigt. Im Mittelalter gab es ein großes Spektrum verschiedener theologischer Auffassungen. Aber dann mußten Ketzer sterben, wenn sie die Wichtigkeit der Päpste gefährdeten. Auch Luther griff das Papsttum an. Er entlarvte es als vom Teufel gestiftet, und man trachtete ihm nach dem Leben. Wenn er nicht nur irgendeinen einzelnen Papst, sondern das Papsttum als solches ablehnte, was soll dann die höchste Autorität in der Kirche sein? Ihm blieb gar nichts anderes übrig als zu lehren „allein die Schrift“.

8. Geistlicher Aufbruch

Unabhängig davon, ob Luther diese seine Lehre „allein die Schrift“ wirklich geglaubt hat oder nicht, wurden Menschen von dieser Erkenntnis ergriffen. Sie forschten eigenständig in der Bibel, ohne sich dabei irgendwelchen menschlichen Autoritäten unterzuordnen. Dabei fanden sie Jesus. Ihm wollten sie nachfolgen. Sie predigten Buße und riefen ihre Mitmenschen auf, nicht zu sündigen und in Jesu Fußtapfen zu wandeln und so in Liebe zu leben, wie Jesus gelebt und uns in der Bergpredigt zu leben gelehrt hat. Außerdem tauften sie diejenigen, die in die Nachfolge Jesu traten. Daher die Bezeichnung „Wiedertäufer“, was als Beschimpfung gemeint war. Durch ihr heiliges Leben und durch ihre Bußpredigt zogen sie die Feindschaft ihrer Zeit ebenso auf sich wie seinerzeit die ersten Christen. Viele wurden gefoltert und geköpft, ertränkt oder lebendig verbrannt. Auch die Reformatoren, einschließlich Luther und Melanchthon, waren deren erbittertste Feinde und riefen nach dem Henker. Warum? Woher dieser fanatische Haß?, wie man ihn bei einem Diener Christi nicht für möglich halten sollte. Seit dem römischen Kaiser Konstantin hatten Kirche und Staat über Jahrhunderte hinweg eine symbiotische Einheit gebildet. Mal hatte der eine, mal der andere Partner die Oberhand. Niemand wagte es, dieses gut ausbalancierte Gleichgewicht der Kräfte durcheinanderzubringen — bis die Täufer kamen. Sie waren die erste flächendeckende Bewegung, die die Verbindung von Kirche und Staat ablehnte und den Glauben unabhängig von staatlicher Reglementierung leben wollte. Sie sahen eine unabhängige Kirche als logische Folge des Rufes Jesu in seine Nachfolge. Der Ruf Jesu hatte für sie größere Autorität als der Machtanspruch des Staates. Damit gerieten sie in direkte Konfrontation zu Denken und Tradition ihrer Zeit und wurden zur Provokation für politische und kirchliche Machthaber.

Auch Luther sah die Mißstände, und er wollte die Kirche reformieren. Die Täufer wollten aber Jesus nachfolgen. Die Reformatoren strebten nach Erkenntnis. Der Wiedertäufer Johannes Denck formulierte den Grundsatz der Täufer: „Niemand kann Christus wirklich erkennen, der ihm nicht nachfolgt täglichen Leben“4Luther lehrte, daß das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet ist. Er wollte aber die einzelnen Landeskirchen, in die die Papstkirche zerfallen war, erhalten. Indem die Täufer Gottes Wort und das Beispiel Jesu über alle menschliche Autoritäten stellten, wurden sie frei, sowohl die katholische Kirche als auch die Kirchen der Reformation hinter sich zu lassen. „Es steht der Obrigkeit nicht zu, den Glauben zu regieren“, schrieb ein Täufer.5 Und Menno Simons riet den Christen in seinem Umfeld: „Ihr müßt Gott gehorchen, ehe ihr dem Kaiser gehorcht und sein Wort muß euch mehr gelten, als das des Kaisers“6. Es ist leicht nachzuvollziehen, daß diese Lehre die Grundfesten der etablierten Institutionen Europas erschütterte — Kirche, Staat und Familie. Wenn die „gottgesetzte Autorität“ von Kirche und Obrigkeit nicht mehr über den Glauben der Menschen entschied, was sollte dann aus der Gesellschaft werden? Wenn die Menschen die Freiheit bekamen, zu glauben, was sie wollten, der Obrigkeit nur zu gehorchen, wenn sie es mit ihrem Gewissen vereinbaren konnten und ihrer eigenen Überzeugung zu folgen, wann und wo sie dies wollten — was würde aus der öffentlichen Ordnung werden? Aus der Kirche? Aus Recht und Gesetz? Immer deutlicher wurde, daß die Täufer sich weder kirchlichem noch staatlichem Zwang beugen würden. Die Reformatoren erschraken und begannen in Wort und Schrift lautstark gegen die Täufer zu wettern. Sie bewegten die Obrigkeit, aktiv gegen die Gefahr vorzugehen. Wie die katholische Kirche reagierten sie mit grausamer Verfolgung auf die täuferische Ketzerei. Hass und „heiliger“ Zorn vereinten sich zu einer Christenverfolgung, wie man sie seither in Mitteleuropa nicht wieder gesehen hat. In den Augen der Reformatoren war die Lehre der Täufer Verführung des Volkes, Aufruhr und Hochverrat. In ihrer von Seiten der Kirche nicht autorisierten Predigt sah Luther Zeichen dafür, „daß es rechte Teufelsboten sind“7. Johannes, Herzog von Sachsen, erließ umgehend ein Gesetz gegen heimliche Taufen und Abendmahlsfeiern.8 Unvorstellbar, daß Menschen ohne Zustimmung der Amtskirche das Abendmahl miteinander teilten und andere tauften. Und daß das alles ohne ordnungsgemäß ordinierte Pfarrer geschah. Im Verborgenen in Privathäusern, nicht in Kirchengebäuden. Das System der Volkskirche, der alle Bewohner eines Landes durch Geburt angehörten, geriet in direkten Widerspruch zu einer Kirche als Gemeinschaft freiwilligen Glaubens, deren Glieder als mündige Erwachsene in die Nachfolge Jesu traten. Das Kirchenverständnis der Volkskirche und das der Täufer waren unvereinbar. Was den Täufern wichtig war, war in den Augen Luthers reine Blasphemie. Nach seiner ersten Schrift gegen die Täufer Von Schleichern und Winkelpredigern ließ er weitere Schriften und Predigten folgen, voll bitterer Beschimpfungen gegen jene, die „allenthalben ihren Samen säen und Gift ausblasen, wenden die Leute ab von ihren Pfarrkirchen“.9 Auch Luther wollte Veränderungen. Doch was die Reformatoren jedoch nicht tolerieren konnten, was ihnen Angst machte und sie mit Wut gegen die Täufer erfüllte, war deren hohe Achtung gegenüber der eigenen inneren Überzeugung und ihre gleichzeitige Geringschätzung der Stimme der Kirche. Luther warf ihnen vor, ihre ketzerische Hartnäckigkeit, einem inneren Wort zu folgen, vernichte das geschriebene Wort Gottes. In gewisser Weise hatte er recht. Die Täufer folgten der Schrift und ihrer „rechten“ Auslegung nicht in der Weise, die Luther sehen wollte. Sie folgten einem Menschen. Und indem sie dem Menschen Jesus – statt Luthers Kirche oder seiner Bibel — nachfolgten, fiel ihnen der Faden in die Hand, der das Gewebe der Zivilisation auseinanderreißt. Das erkannten die Reformatoren und sie wußten sich nicht anders zu helfen, als die Todesstrafe zu befürworten.

9. Die Staatskirche

Wenn jeder, der den Geist Gottes hat, seine aus der Bibel gewonnene Erkenntnis in der Gemeinde weitergegeben hätte, dann wäre der Inhalt der Verkündigung von keiner Kirchenleitung und von keiner Obrigkeit steuerbar gewesen. Dann wäre die täuferische Botschaft in den Kirchen verkündigt worden. Die Staatskirche hätte es dann nur noch auf dem Papier gegeben. Eine Staatskirche ist somit nur möglich, wenn solche Prediger das Monopol der Verkündigung haben, die von der Obrigkeit lizenziert sind. Ein derartiges Verkündigungsmonopol kennt das Neue Testament nicht. Aus 1. Kor. 14 geht hervor, daß die Gemeindeglieder durchaus an der Verkündigung beteiligt waren. So heißt es unter anderem: „Auch von den Propheten lasset zwei oder drei reden, und die anderen laßt darüber urteilen. Wenn aber einem anderen, der dabeisitzt, eine Offenbarung zuteil wird, so schweige der erste. Ihr könnt alle prophetisch reden, doch einer nach dem andern, damit alle lernen und alle ermahnt werden“ (1. Kor. 14,29). Und zuvor hieß es: „Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein jeder einen Psalm, er hat eine Lehre, er hat eine Offenbarung, er hat eine Zungenrede, er hat eine Auslegung. Laßt alles geschehen zur Erbauung“ (V. 26). Das von Menschen geschaffene Monopol der Verkündigung für Prediger, die von der Obrigkeit ausgebildet und lizenziert sind, sollte gewährleisten, daß eben nicht jeder durch einen Psalm, eine Lehre oder eine Offenbarung zur Erbauung der Gemeinde beiträgt. Doch die Täufer stellten das Gotteswort über die Weisungen der Menschen und ließen sich nicht verbieten, Jesu Missionsbefehl (Matth. 28,19f) zu befolgen. Aus der Sicht der Reformatoren beanspruchten die Täufer das ihnen nicht zustehende Predigtamt. Damit erwiesen sie sich für Luther als „Teufelsboten“10. Diesem Chaos war nach Melanchthons und Luthers Dafürhalten nur mit Feuer, Wasser und Schwert beizukommen. Am 26. Februar 1527 erließ Kurfürst Johann von Sachsen den öffentlichen Befehl „dass niemand außer den ordentlichen Pfarrern, Predigern oder Kaplanen, er sei Bürger oder Bauer …, gestattet sei, in seinem Haus oder anderen Ortes … zu predigen, zu taufen oder andere dergleichen Amt üben zu lassen“.11 Bald darauf wurden zwölf Täufer und eine Täuferin aus der sächsischen Enklave im würzburgischen Königsberg (heute Bayern) hingerichtet.12 Luther gab seine Zustimmung, „wenn es auch grausam anzuschauen ist“, wie er zugab. Das Todesurteil basierte auf den folgenden vier Behauptungen:
Die Täufer machen den Dienst am Wort zunichte.
Die Täufer haben keine klare Lehre.
Die Täufer machen die rechte Lehre zunichte und unterdrücken sie.
Die Täufer wollen das weltliche Reich zerstören.
„Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung“ machten Zwingli und Luther die vollständige Vernichtung der Täufer durch die Todesstrafe zu einer Sache höchster Dringlichkeit. Nicht wegen ihres Glaubens wurden die Täufer angeklagt, sondern weil sie die öffentliche Ordnung störten, und den Respekt vor der Autorität unterminierten. Philipp Melanchthon, enger Freund und Ratgeber Luthers, betrachtete die Mißachtung des äußeren Wortes und der Schrift durch die Täufer als Gotteslästerung, welche die weltliche „Oberkeit zu strafen schuldig sei“.13 Auf dem Reichstag von Speyer verabschiedeten am 23. April 1529 neben den katholischen Fürsten und Städten auch die Protestanten das obligatorische Todesurteil für die Täufer. Sie hatten auf diesem Reichstag durch ihren Protest gegen die Benachteiligung der evangelischen Fürsten und Städte die Bezeichnung „Protestanten“ gerade erst geprägt. Für die Reformatoren war die Bibel angeblich ihre höchste Autorität. Nachdem sie ihre „rechte“ Auslegung gefunden hatten, verhielten sie sich der Bibel gegenüber in einer Haltung frommer Verehrung. Sie predigten biblische Lehre und verfolgten Menschen, die Jesus nachfolgen wollten. Für die Täufer war die Bibel einfach das Buch, das sie zu Jesus. brachte. Die Reformatoren fanden den „Schlüssel“ zur Auslegung der Bibel in den Briefen des Apostels Paulus. Die Täufer jedoch fanden ihn in Jesus und seiner Bergpredigt. Die Reformatoren sahen in Paulus einen großen Theologen, den Urheber der Lehre von Glaube und Gnade. Die Täufer sahen in Paulus einen Mann, der alles aufgab und „ein Narr um Christi willen“ wurde. Sie fanden Gemeinschaft mit ihm in seinem Märtyrertod. Die Reformatoren lehrten den Gehorsam gegenüber der Obrigkeit. Sie betonten, die Obrigkeit sei „von Gott eingesetzt“. Die Täufer lebten im Gehorsam gegenüber Christus. Die Reformatoren nahmen Rücksicht auf die Mehrheit und warteten, bis „jeder bereit war“, bevor sie Änderungen an der kirchlichen Ordnung vornahmen. Die Täufer taten bei der ersten Gelegenheit, was sie als den Willen Christi erkannt hatten. Wenn sich ihnen niemand anschloß, dann handelten sie als Minderheit. Die Reformatoren folgten vernünftigen Überlegungen. Theologen, Fürsten und Gelehrte berieten miteinander, welche reformatorische Linie sinnvoll und durchsetzbar war. Die Täufer folgten Jesus nach, ohne groß Pläne zu machen. Das erschien oft unvernünftig. Aber dazu sahen sie sich von Christus herausgefordert, und darin lag das Geheimnis ihrer Kraft.

Durch ihre vernünftigen Überlegungen sind die Reformatoren mit den Pharisäern der Zeit Jesu vergleichbar. Die Pharisäer hatten nämlich richtig erkannt, daß Jesus ihre Wichtigkeit gefährdete, und handelten aus ihrer Sicht nach vernünftigen Erwägungen. Jesus sagte zu seinen Jüngern: „Der Knecht ist nicht größer als sein Herr. Haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen“ (Joh. 15,20). Die Reformatoren kann Jesus mit diesen Worten nicht gemeint haben, da sie nicht verfolgt wurden, sondern die Fürsten aufgehetzt hatten, andere zu verfolgen. Dagegen erlebten die Täufer die Gemeinschaft der Leiden Christi (Phil. 3,10). Die Leiden Christi waren auf sie reichlich gekommen (2. Kor. 1,5). Will man die Pharisäer und Schriftgelehrten verstehen, dann kommt man nicht viel weiter, wenn man nach gedanklichen Fehlern in ihrem theologischem System sucht. Jesus weist das verführte Volk vielmehr auf die Boshaftigkeit von deren Gesinnung hin, die von einer frommen Fassade lediglich verdeckt wird: „Sie fressen die Häuser der Witwen und verrichten zum Schein lange Gebete“ (Mark. 12,40; Luk. 20,47). Ebenso waren die Gründe, weshalb Jesus zu töten sei, nämlich Gotteslästerung und, er sei gegen den Kaiser, lediglich vorgeschoben. Ihr wirkliches Motiv war aber, daß sie ihre Wichtigkeit vor dem wachsenden Einfluß Jesu schützen wollten. Denn „alle Welt läuft ihm nach“ (Joh. 12,19). Die Pharisäer hatten viel Scheinheiligkeit, und Jesus entlarvte, daß nicht viel dahinter war.

Vergleichbar damit spielten sich die Reformatoren als große Erneuerer der Kirche auf. Doch wie erbärmlich die Früchte waren, die ihre Verkündigung in der Bevölkerung hervorbrachte, zeigen die Zitate von dem Wiedertäufer Menno Simons am Anfang dieser Veröffentlichung. Dessen kritische Anmerkungen würden die Reformatoren zurückweisen. Denn wenn Jesus im Zusammenhang mit den schafspelztragenden Wölfen von Früchten spricht, dann meine er angeblich die Lehre. Und die Lehre Luthers sei rein im Unterschied zu den „Früchten“ der Wiedertäufer, die „halsstarriglich falsche Artikel wider klares und öffentliches Gotteswort“ verteidigen. „… dabei sollen wir wissen, daß die Halsstarrigen vom Teufel verblendet sind und daß gewiß ist, daß sie keinen guten Geist haben, ob sie gleich einen großen Schein haben. Denn man weiß wohl, daß die falschen Propheten Schafskleider, das ist, etlichen guten Schein haben, …“.14 Das wurde von anderen Zeitgenossen ähnlich gesehen. So bezeichnete Zwingli die Täufer als Teufel, die in Engel des Lichts verwandelt sind. 1527 kommentierte er: „Ihr Leben und ihr Wandel scheinen auf den ersten Blick untadelig, fromm, bescheiden, anziehend, ja überirdisch zu sein. Selbst diejenigen, die zur Kritik neigen, werden zugeben, dass ihr Leben vorbildlich ist“.15 Andere machten die gleiche Beobachtung. Reformierte Pfarrer aus dem Kanton Bern schrieben 1532 an den Stadtrat von Bern: “Die Täufer haben den Anschein äußerer Frömmigkeit in einem viel höheren Maße als wir und alle anderen Kirchen, die gemeinsam mit uns Christus bekennen. Sie hüten sich vor anstößigen Sünden, die unter uns verbreitet sind“. Ein reformierter Pfarrer aus Appenzell schildert seine Ansicht: „Die Täufer waren zunächst unsere besten Verkündiger des Wortes Gottes“.16 Dieser Tatbestand beunruhigte Heinrich Bullinger, Nachfolger Zwinglis als Zürcher Reformator. Er schrieb mehrere Bücher gegen das „schändliche Gesindel“, wie er die Täufer nannte. „Durch die Wiedertaufe wurde man in ihre Gemeinde aufgenommen, zum Zeichen der Absonderung zur Buße und Besserung des Lebens. Dann führten sie ihr Leben unter dem Anschein eines sehr geistlichen Wandels. Sie sagten ab dem Geiz, dem Stolz, dem Schwören, dem wüsten Gerede und der Unzucht, dem Zutrinken und Fressen. Sie redeten viel vom Töten des alten Menschen. Kurz gesagt: Ihre Heuchelei ist groß und mannigfaltig“.17 Der Jesuitenpriester Christoph Andreas Fischer, Protagonist der Gegenreformation in Österreich, sagte über die Täufer: “Sie nennen einander Brüder und Schwestern. Sie verwenden keine weltliche oder ordinäre Sprache. Sie schwören nicht und tragen keine Waffen. Am Anfang hatten sie noch nicht einmal Messer bei sich. Sie sind bescheiden beim Essen und Trinken. Sie tragen keine modische Kleidung. Sie rufen kein Gericht an, vielmehr ertragen sie alles in vorgetäuschter Geduld“.18 1582 schrieb der katholische Theologe Franz Agricola aus der niederländischen Provinz Limburg in seinem Buch Wider allerlei grausame Irrtümer der Wiedertäuferfolgendes: „Unter den ketzerischen Sekten gibt es keine, die nach außen ein so bescheidenes und frommes Leben führt wie die Wiedertäufer. Sie sind untadelig in ihrem äußerlichen Leben. Sie lügen nicht. Sie täuschen, schwören, kämpfen nicht und reden keine bösen Worte. Sie meiden Völlerei und Trinken. Man findet an ihnen nichts als Bescheidenheit, Geduld, Aufrichtigkeit, Reinlichkeit, Mäßigung und Ehrlichkeit in solchem Ausmaß, dass man fast annehmen müsste, sie hätten den Heiligen Geist Gottes“.19

Indem die Täufer danach trachteten so zu leben, wie Christus gelebt und gelehrt hat, zogen sie ebenso den großen Haß der Reformatoren auf sich, wie Christus den Haß der Schriftgelehrten und Pharisäer auf sich gezogen hatte. Denn das Volk sah, daß die Berufung auf das Verdienst Christi dazu diente, um ein gottloses Leben zu bemänteln. Das heilige Leben der Täufer, mit dem sie ihre Lehre bekräftigten, sprach gegen die Legitimität der Reformatoren. Diese wollten die Staatskirche reformieren. Dabei gingen sie mit aller menschlichen „Klugheit“ vor. Doch die Täufer hatten kein Verständnis für „Klugheits“erwägungen. Außerdem predigten die Täufer Absonderung (2. Kor. 6,14-17). Das Anliegen einer Volkskirche, die auch gottloses Leben in ihren Reihen duldet, war ihnen zuwider.

10. Geister unterscheiden

Luther, Melanchthon und die „Lutheraner“ dachten in Kategorien von richtiger und falscher Lehre. Wenn wir dagegen die in 1. Kor. 12 aufgezählten Geistesgaben betrachten, dann finden wir die Gabe der Geisterunterscheidung (V.10). Der Apostel erwähnt nichts von einer Gabe der Unterscheidung von „reiner Lehre“ und Irrlehre. Auch in der Predigt Jesu geht es nicht um hochgelehrte intellektuelle Unterscheidung von „reiner Lehre“ und Irrlehre, sondern um Gesinnung, die sich im Handeln auswirkt, und um deren Änderung. Es geht somit ebenfalls um Unterscheidung der Geister. Im Unterschied zur biblischen Sicht denken „Lutheraner“ in Kategorien einzelner Paragraphen eines Dogmatikbuches. Die Fülle der Paragraphen theologischer Lehre kann man mit einem Sack Kartoffeln vergleichen. Wie es biblische Lehre und Irrlehre gibt, so enthält dieser Sack gute Kartoffeln und verfaulte Kartoffeln. Die verfaulten kann man aussortieren und die guten essen. Wer so denkt, der muß zugestehen, daß sogar der Teufel richtige Lehre verkündigt. Denn er sagte bei der Versuchung Jesu wahrheitsgemäß: „Es steht geschrieben (Ps. 91,11f): ‚Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt’“ (Matth. 4,6). Der Teufel nannte Jesus durch einen Besessenen: „Sohn Gottes des Allerhöchsten“ (Mark. 4,6). Durch eine Magd sagte ein Wahrsagegeist über Paulus und Silas: „Diese Menschen sind Knechte des allerhöchsten Gottes, die euch den Weg des Heils verkündigen“ (Apg. 16,17). Mehr richtige Lehre als beim Teufel finden wir bei den Pharisäern und Schriftgelehrten: Christus wird in Bethlehem geboren werden (Matth. 2,5). Der Prophet Elia wird Christus vorausgehen (Matth. 17,10). Jesus lehrt den Weg Gottes recht (Matth. 22,16). Noch mehr richtige Lehre als die Pharisäer hat der Papst in Rom; und Martin Luther lehrte noch mehr richtig als der Papst.

Wäre alles falsch, was der Teufel sagt, dann könnte er niemanden verführen. Die Gefahr der Verführung liegt vielmehr in dem Richtigen, in das er seine Lügen gekonnt hineinstreut. Deshalb reicht es nicht aus, wenn wir die einzelnen Lehraussagen wie Kartoffeln in die Kategorien „gut“ und „schlecht“ einsortieren, sondern es gilt, die Geister zu unterscheiden. Mit lauter Richtigkeiten und einleuchtenden Gedankengängen kann man den größten Betrug bemänteln. So kann man z. B. beweisen, daß 1 Euro = 1 Cent. Der Beweis geht folgendermaßen:
1 Euro = 100 Cent.
Weil 100 =10 x 10, deshalb kann man sagen:
1 Euro = 10 Cent x 10 Cent
Weil 10 Cent = 0,1 Euro, deshalb kann man sagen:
1 Euro = 0,1 Euro x 0,1 Euro
Weil 0,1 x 0,1 = 0,01, deshalb kann man sagen:
1 Euro = 0,01 Euro
Somit ist 1 Euro = 1 Cent.
Nicht nur Mathematiker, sondern auch hochstudierte Theologen wie Prof. Dr. Martin Luther können die Leute betrügen, indem sie lehren, die Obrigkeit hätte von Gott die Aufgabe, die Wiedertäufer dem Henker zu übergeben; und die Gläubigen seien verpflichtet, diese „Teufelsboten“ beim Pfarrer oder bei der Obrigkeit zu denunzieren. Mit seiner Argumentation, über die noch zu sprechen sein wird, hatte Luther in seiner Zeit viele verführt. Doch er konnte nur diejenigen betrügen, denen die Gabe der Geisterunterscheidung fehlte. Denn wer auf Christus blickt, wie er gelebt und uns zu leben gelehrt hat, der sieht einen Heiland, der den Verlorenen nachgeht, der zu den Zöllnern und Sündern geht, um sie in seine Nachfolge zu rufen. Er sieht einen Hirten, der 99 Schafe in der Wüste zurückläßt, um das eine verlorene Schaf zu suchen. Er sieht in Jesus einen Vater zweier Söhne. Der jüngere war davongelaufen. Als er nun endlich zurückkehrte, freute sich der Vater sehr. Er veranstaltete ein Freudenfest. Doch der ältere Sohn wollte nicht mitfeiern. Und da sorgte sich der Vater auch um den älteren Sohn. Dieser ältere Sohn ist ein Bild für die Pharisäer. Die Pharisäer sahen die Sünden der Zöllner und anderer Sünder. Sie beschuldigten Jesus, daß er die Sünder annimmt (Luk. 15,2). Und Jesus rechtfertigte sein Verhalten und rief die Pharisäer in die Gemeinschaft der Zöllner und Sünder, damit auch sie ihr Sündenelend erkennen und zu ihm als ihrem Retter umkehren. Diese Liebe Jesu zu den Verlorenen fehlte auch Jesu Jüngern. Denn als ein Dorf der Samariter Jesus und seine Jünger nicht aufnahm, schlugen Jakobus und Johannes vor, Feuer vom Himmel fallen zu lassen. Jesus aber wies sie zurecht: „Wißt ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid?“ (Luk. 9,52-56). Die Geister unterscheiden. Jesus sagt: „Lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“ (Matth. 11,29). Jesus sagte seinen Nachfolgern voraus, daß sie verfolgt werden (Matth. 10, 16-26). Aber nirgendwo fordert er auf, andere zu verfolgen. Der Wolf reißt das Schaf, aber ein Schaf beißt nicht den Wolf.

11. Luthers Ruf nach dem Henker

Trotz dieses eindeutigen Zeugnisses der Schrift will uns Martin Luther weismachen, Gott hätte der weltlichen Obrigkeit die Aufgabe gegeben, die Sendboten der Wiedertäufer zu töten und diejenigen schwer zu bestrafen, die diese beherbergen. Nachfolgendes Zitat aus seiner Auslegung der Bergpredigt deutet die Grundlinien seiner Argumentation an: “Denn die andern, so ohne Amt und Befehl herfahren, sind nicht so gut, daß sie falsche Propheten heißen, sondern Landstreicher und Buben, die man sollte Meister Hansen [gemeint ist der Henker]befehlen und nicht zu leiden sind (ob sie auch gleich recht lehrten), wo sie andern ins Amt und Befehl greifen wollen, wider der Obrigkeit Ordnung, oder heimlich und diebisch in Winkeln schleichen, da niemand soll ungefordert ein eigen Predigen anrichten, noch sich eindringen, ob er gleich hört und weiß, daß man öffentlich falsch predigt, als dem nicht befohlen ist dafür zu antworten. Denn GOtt hat das Amt geordnet wie andere, daß man nicht dawider handle“.20
Die Eckpunkte für Luthers menschentötende Argumentation ist folgende:
„Gott hat das Amt geordnet“ – „ohne Amt und Befehl“ – „diebisch“;
„wider der Obrigkeit Ordnung“;
„ob er gleich hört und weiß, daß man öffentlich falsch predigt“.
Luthers Argumentation setzt das Staatskirchentum voraus, das es seit dem römischen angeblich christlichem Kaiser Konstantin (gest. 337) gibt. Dieses wollte Luther reformieren, nicht aber abschaffen. In einem politischem Gebiet soll es nur eine Verkündigung geben. Dazu war er bereit es hinzunehmen, daß die lutherische Lehre nicht verkündigt wird. „Wo sich’s begibt, daß in einer Pfarre, Stadt oder Herrschaft die Papisten und Lutherischen (wie man sie nennt) gegen einander schreien und wider einander predigen über etliche Artikel, da beides Theils die Schrift für sich haben will, wollte ich dennoch solche Zwietracht nicht gerne leiden, und meine Luherischen sollten auch gern abtreten und schweigen, wo sie merken, daß man sie nicht gerne hört; wie Christus lehrt Math. 10, 14., und sich lassen zu predigen zwingen; wie ich thue. Denn ich gar leichtlich ablasse, wo man mich nicht hören will, und alle mein Predigen und Schreiben habe ich müssen gedrungen und gezwungen thun“.21 „In einer Pfarre, Stadt oder Herrschaft“ – diese Formulierung zeigt, daß Luther die Kirchengemeinde nicht getrennt sah von der Welt, in der sie existiert. Im gleichen Sinne schrieb er: „Und solches soll man also fest halten, daß auch kein Prediger, wie fromm oder rechtschaffen er sei, in eines Papisten oder ketzerischen Pfarrherrn Volk zu predigen oder heimlich zu lehren sich unterstehen soll, ohne desselbigen Pfarrherrn Wissen und Willen“.22 Erschrecken kann man, daß Luther sogar die Päpste und Bischöfe anerkannte, als ob sie irgendeine göttliche Vollmacht hätten, wenn er schrieb: „Wer hatte größeren und gewisseren Beruf denn Aaron, der erste Hohepriester? Noch fiel er in Abgötterei und ließ die Juden das goldene Kalb machen [2 Mos. 32, 4]. Und hernach das ganze levitische Priesterthum fiel das mehrer Theil alles in Abgötterei, und verfolgten dazu GOttes Wort und alle rechten Propheten. So war ja König Salomon auch herrlich genug berufen und bestätigt; noch fiel er in seinem Alter und richtete viel Abgötterei an. Haben die Bischöfe und Päpste nicht herrlichen Beruf und Befehl? Sitzen sie nicht in der Apostel Stuhl, und an Christus Statt? Noch sind sie allesamt des Evangelii ärgste Feinde, schweige daß sie recht lehren sollten und rechten Gottesdienst erhalten. Kann nun der Teufel die Lehrer, so Gott selbst berufen, geordnet und geweihet hat, betrügen, daß sie falsch lehren und die Wahrheit verfolgen; wie sollte er denn durch die Lehrer, so er selbst, ohne und wieder GOttes Befehl, treibt und geweihet hat, etwas Gutes, und nicht viel mehr eitel teuflische Lügen lehren?“23 Die Päpste und katholischen Bischöfe, diese Hurer und Mörder, von Gott berufen? „in der Apostel Stuhl, und an Christus statt“? Was soll dieser Schwachsinn? Wo gibt es im Neuen Testament eine Priesterweihe, eine Bischofsweihe oder gar eine Papstweihe? Daß das Neue Testament solchen Hokuspokus nicht kennt, hatte Luther schon lange vorher gewußt. Denn schon 1520 schrieb er in seiner Adelsschrift: „Denn was aus der Taufe gekrochen ist, das mag sich rühmen, daß es schon Priester Bischof oder Pabst geweihet sei“.24 Diese biblische Erkenntnis hatte bei seiner früheren Polemik gegen den Klerus ihre Funktion. Doch nun war eine andere Situation. Nun hielt er es für erforderlich, den Menschen weiszumachen, daß sowohl er selbst als auch die Bischöfe, mit denen er irgendwie paktierte, das Predigtamt hätten, nicht aber die Wiedertäufer. Prof. Dr. Luther war eben ein hochstudierter Theologe; und durch seine große Gelehrsamkeit konnte er das Gotteswort so zurechtbiegen, wie er es brauchte oder wie die Fürsten es brauchten, denen er diente.

Die Wiedertäufer beriefen sich auf Jesu allgemeinen Missionsbefehl. Doch dieser galt nach Luther lediglich den Aposteln. „Aber darnach hat niemand mehr solchen gemeinen apostolischen Befehl, sondern ein jeglicher Bischof oder Pfarrherr hat sein bestimmt Kirchspiel oder Pfarre“.25 So war Luther Prediger in Wittenberg. Daß er aber durch seine Bücher in alle Welt wirkte, rechtfertigte er damit, daß er Doktor der Heiligen Schrift „von päbstlichem und kaiserlichem Befehl“26 war. Doch dieser Auftrag wurde ihm vom Papst entzogen. Doch auch da war Luther um eine Ausrede nicht verlegen: „habe auch also, nachdem ich in solch Wesen gekommen bin, müssen drinnen bleiben; kann auch noch nicht mit gutem Gewissen zurück oder ablassen, ob mich gleich Pabst und Kaiser darüber verbannen. Denn was ich angefangen habe als ein Doctor, aus ihrem Befehl gemacht und berufen, muß ich wahrlich bis an mein Ende bekennen, und kann nun fort nicht schweigen noch aufhören, wie ich wohl gerne wollte, und auch wohl so müde und unlustig bin über der großen unleidlichen Undankbarkeit der Leute. Wiewohl, wenn ich schon kein solcher Doctor wäre, so bin ich dennoch ein berufener Prediger, und habe die Meinen wohl mögen mit Schriften lehren. Ob nun andere mehr solche meine Schriften auch begehrt und mich darum gebeten haben, bin ich es schuldig gewesen zu thun; denn ich mich damit nirgend selbst eingedrungen, noch von jemand begehrt oder gebeten, dieselben zu lesen; gleichwie andere mehr fromme Pfarrherren und Prediger Bücher schreiben, und niemand wehren noch treiben zu lesen, und damit auch in aller Welt lehren und laufen, und schleichen doch nicht, wie diese losen, unberufenen Buben, in fremde Aemter, ohne Wissen und Willen der Pfarrherrn, sondern haben ein gewiß Amt und Befehl, der sie treibt und zwingt“.27 So mancher Wiedertäufer, z. B. Menno Simons, war zuvor katholischer Priester und hatte somit eine päpstliche Vollmacht für die Verkündigung. Doch er war nur für ein bestimmtes Gebiet berufen. Das unterschied ihn von Luther, der von Papst und Kaiser einen universellen Ruf hatte, an dessen Ausübung ihn kein päpstlicher Bann hindern könne. Luther konnte also alles so hindrehen, wie er es brauchte, damit er persönlich nicht von den Verkündigungsverboten betroffen war, die er anderen auferlegt hatte.

Die Wiedertäufer hatten auch Bücher und Flugblätter verbreitet, die ebenfalls niemand zu lesen brauchte. Diese wurden ohne Zustimmung der Obrigkeit in „lutherischen“ Gebieten verbreitet wie Luthers Schriften in katholischen Gebieten. Letzteres hielt Luther für in Ordnung. Und die Verbreitung wiedertäuferischer Schriften in „lutherischen“ Gebieten? Irgendwer mußte sie doch drucken und verbreiten. Und die Grenze einer Weitergabe täuferischer Schriften zur mündlichen Information über deren Inhalt ist durchaus fließend. Auch hier scheint Luther mit zweierlei Maß gemessen und das Gotteswort so hingebogen zu haben, wie er es brauchte.

Wie in päpstlichen Gebieten niemand Luthers Schriften lesen brauchte, so brauchte auch niemand die Wiedertäufer anhören. Trotzdem schrieb Luther: „Und ein Bürger ist schuldig, wo solcher Winkelschleicher einer zu ihm kommt, ehe denn er denselbigen hört oder lehren läßt,  daß er es seiner Obrigkeit ansage und auch dem Pfarrherrn, des Pfarrkind er ist. Thut er das nicht, so soll er wissen, daß er als ein Ungehorsamer seiner Obrigkeit wider seinen Eid thut, und als ein Verächter seines Pfarrherrn (dem er Ehre schuldig ist) wider Gott handelt; dazu selbst schuldig ist und gleich auch mit dem Schleicher ein Dieb und Schalk wird, wie der 50. Psalm, V.16-20., sagt von solchen Winkellehrern: ‚GOtt sprach zu dem Gottlosen: Was verkündigest du meine Rechte, und nimmst meinen Bund in dein Maul? So du doch die Strafe hassest, und wirfst meine Worte hinter dich. Wenn du einen Dieb siehst (das ist einen Seeldieb, Joh. 10, 8), so läufst du mit ihm, und hast Theil mit den Ehebrechern (das ist, mit den Abergläubigen und Ketzern). Dein Maul lässest du Böses reden und deine Zunge treibt Falschheit. Du sitzest und redest wider deinen Bruder, und verleumdest deiner Mutter Sohn’ “.28

Diese Entgleisung Luthers widerspricht der von ihm selbst gelehrten Zweireichelehre. Nach dieser Lehre regiert Gott zwei unterschiedliche Reiche auf völlig unterschiedliche Weise. Er regiert das Reich Gottes, das sein eigentliches Reich ist und das Luther „Reich Gottes zur Rechten“ nennt. Dann regiert Gott die Welt. Luther nennt sie „Reich Gottes zur Linken“. Diese Bezeichnung trifft zwar nicht genau die Bibellehre, kommt an sie aber nahe genug heran, um die Verfolgung der Wiedertäufer als unbiblisch zu entlarven. Das „Reich Gottes zur Rechten“ regiert Gott durch sein Wort, das “Reich Gottes zur Linken“ durch Polizei, Justiz, den Henker u. s. w. Wenn ein Wiedertäufer schrieb: „Es steht der Obrigkeit nicht zu, den Glauben zu regieren“,29 dann zeigt dies, daß die Wiedertäufer in diesem Punkt lutherischer waren als Luther. Mit der schon damals30 gezogenen Konsequenz aus Luthers Zweireichelehre, daß die Obrigkeit niemanden wegen seines Glaubens zu strafen habe, setzt sich Melanchthon in einer Schrift, deren Mitverfasser auch Luther ist, auseinander: „Obrigkeit straft nicht von wegen der Meinung und Opinion im Herzen, sondern von wegen der äußerlichen unrechten Rede und Lehre, dadurch andere auch verführt werden. Darum, wie die Obrigkeit andere aufrührerische Rede und Dräuung, dadurch Aufruhr wirklich erregt werden, zu strafen schuldig ist, also ist sie auch schuldig, diese aufrührerischen Reden und Lehren zu strafen, als dadurch die Leute wirklich bewegt werden, Zerstörung anzurichten, so viel an ihnen ist, denn sie wollen, es soll keine Obrigkeit, kein Eid, kein Eigentum sein“.31 Mit lauter Halbwahrheiten wurde die Verfolgung gerechtfertigt. Sie verneinten lediglich die Vollmacht der Obrigkeit, Glaubensdinge zu regeln. Das hatte die Ablehnung eines Staatskirchentums zur Folge, wie die Reformatoren es aufbauten. Auch wollten die Wiedertäufer so leben, wie Jesus gelebt hat. Und Jesus lehnte es ab, sich zum König machen zu lassen (Joh. 6,15) und als Richter in Erbstreitigkeiten tätig zu sein (Luk. 12,14). Und so lehnten die Täufer sämtliche Funktionen innerhalb der Obrigkeit ab. Wenn ein Christ keine Funktion innerhalb der Obrigkeit ausführen kann, dann bedeutet dies, daß der christliche Schafspelz von obrigkeitlichen Personen nicht echt ist. Eine derart zwingende Schlußfolgerung war im damaligen Umfeld beleidigend und mag als aufrührerisch empfunden worden sein. Was die täuferische Gegnerschaft gegen das Eigentum betrifft, so ist auch das eine Halbwahrheit. Sie hatten nicht die Güter anderer vergesellschaftet wie in späteren Jahrhunderten die Sozialisten und Kommunisten, sondern sie setzten ihre eigenen materiellen Güter ein, um ihren Brüdern in Liebe zu dienen. Der Wiedertäufer Menno Simons schrieb zu diesem Thema: „Es ist lieber Leser, weder Sitte noch Gebrauch, dass ein vernünftiger Mensch die eine Hälfte seines Körpers kleide und speise und die andere in Not und Blöße lasse. Ach nein, ein vernünftiger Mensch trägt Sorge um alle seine Glieder. Also muss es auch unter denjenigen zugehen, welche des Herrn Kirche und Leib sind. 1. Johannes 3, 17. Alle, die aus Gott geboren, mit des Herrn Geist beschenkt und nach der Schrift zu einem Leib der Liebe in Christus Jesus berufen sind, stehen durch die Liebe bereit, ihrem Nächsten, nicht nur mit Geld und Gut, sondern auch mit dem Beispiel ihres Herrn und Hauptes, Jesus Christus, dem Evangelium gemäß auch mit Blut und Tod zu dienen. Sie erzeigen Barmherzigkeit und Liebe, so viel ihnen nur möglich ist. Sie lassen nicht zu, dass ein Bettler unter ihnen sei. Sie nehmen sich der Heiligen Notdurft an. Sie nehmen die Elenden auf. Sie führen die Fremdlinge in ihre Häuser. Sie trösten die Betrübten. Sie leihen den Bedürftigen. Sie kleiden die Nackten. Sie brechen den Hungrigen ihr Brot. Sie wenden ihr Angesicht nicht ab von den Armen und entziehen sich ihren gebrechlichen Gliedern und ihrem Fleisch nicht. Römer 12, 13; Jesaja 58, 7. Seht, eine solche Gemeinschaft lehren wir und nicht, dass der eine des anderen Land, Sand und Güter einnehmen und besitzen soll. … Diese Liebe, Barmherzigkeit und Gemeinschaft lehren und üben wir und haben sie, dem Herrn sei ewig Dank, schon siebzehn Jahre in solcher Form und Weise gelehrt und geübt, dass, obwohl unsere Güter uns zum großen Teil geraubt worden sind und noch täglich geraubt werden, viele fromme gottesfürchtige Väter und Mütter mit Feuer, Wasser und Schwert umgebracht werden, wir keine sichere Freistätte haben können und zudem noch teure und schwere Zeiten sind, dennoch keine Frommen, noch irgendwelche von Frommen hinterlassene Kinder, die unter uns leben wollen, gebettelt haben. Wenn dies nicht christlich Handeln und Recht tun heißt, so mögen wir wohl das ganze Evangelium unseres Herrn Jesu Christus, seine heiligen Sakramente und den christlichen Namen fahren lassen und sagen, dass das liebreiche und barmherzige Leben aller Heiligen nichts als Phantasien und Träume seien. 0 nein! ‚Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott in ihm.’ 1. Johannes 4, 16.“32 Diese gelebte Jesusnachfolge ist eine Anklage gegen die etablierten Kirchen. Über die Zustände in denselben schrieb Menno Simons: „Ist es nicht eine verdrießliche und unerträgliche Heuchelei, dass die armen Leute sich rühmen, Gottes Wort zu haben, die wahre Gemeinde und christliche Kirche zu sein und nicht merken, dass sie das Kennzeichen des wahren Christentums gänzlich verloren haben? Denn obwohl sie in allen Dingen die Fülle haben und so viele ihrer Mitgenossen in größtem Überfluss in Seide und Samt, Gold, Silber und allerlei Pracht und Hoffart einhergehen, ihre Häuser aufs schönste aufprunken, Kisten und Kasten voll haben und in aller Üppigkeit und Wollust und in gutem Frieden leben, so lassen sie dennoch ihre armen elenden Mitglieder, obwohl diese ihre Glaubensgenossen sind und einerlei Taufe mit ihnen empfangen haben und eines Brotes teilhaftig sind, bei großen Haufen betteln gehen, einen Teil die schwerste Armut, Hunger und Not leiden und so viele alte, gebrechliche, lahme, blinde und leidende Leute vor den Türen ihr Brot suchen“.33

Durch solche Worte in Verbindung mit einem heiligen Leben bezeugten die Täufer der „Welt“, auch er “Welt“ in den etablierten Kirchen, daß ihre Werke böse sind. Das tat schon Christus. Deshalb haßte ihn die „Welt“ (Joh. 7,7). Und deshalb haßten die Reformatoren die Wiedertäufer. So heißt es in der von Luther mitverfaßten Schrift Melanchthons: „Wie vorzeiten die Donatisten auch eine Wiedertaufe und Sonderung anrichteten und keine Ursache hatten, denn allein diese, es wären Priester und Leute in der anderen Kirche, die wären nicht fromm; sie wollten eine Kirche machen, die ganz rein wäre. Solches haben wir von etlichen Wiedertäufern gehört [; da wir sie fragten]: Warum sie Sonderung machen, auch von den Kirchen, da sie die Lehre und Gottesdienst nicht strafen könnten? sagten sie, wir führten ein böses Leben, seien geizig ac., sie wollten aber eine reine Kirche machen. Auf diesen Fall ist das Gesetz in Codice gemacht durch Honorium und Theodosium, darin steht, daß man die Wiedertäufer töten soll; denn Trennung und neue Ministeria anrichten, allein von wegen der Anderen bösen Sitten, ist gewißlich wider GOtt; und dieweil es sehr ärgerlich und zu ewigem Unfrieden Ursache gibt, soll die weltliche Obrigkeit solches mit Ernst wehren und strafen“.34

Der haßerfüllte Blutdurst wurde mit dem Kampf gegen Gotteslästerung bemäntelt. So heißt es in der bereits genannten Schrift Melanchthons: „Von solchen geistlichen Artikeln ist das auch unsere Antwort. Wie die weltliche Obrigkeit schuldig ist öffentliche Gotteslästerung, Blasphemias und Perjuria zu wehren und [zu] strafen, also ist sie auch schuldig, öffentlich falsche Lehre, unrechten Gottesdienst und Ketzereien in eigenem Gebiete und an Personen, darüber sie zu gebieten hat, zu wehren und zu strafen. Und dieses gebietet GOtt im anderen Gebot, da er spricht: Wer GOttes Namen unehrt, der soll nicht ungestraft bleiben. Jedermann ist schuldig nach seinem Stand und Amt, Gotteslästerung zu verhüten und zu wehren. Und kraft dieses Gebotes haben Fürsten und Obrigkeiten Macht und Befehl, unrechte Gottesdienste abzuthun und dagegen rechte Lehre und rechten Gottesdienst aufzurichten. Also auch lehret sie dieses Gebot, öffentliche falsche Lehre zu wehren und die Halsstarrigen zu strafen. Dazu dient auch der Text 3 Mos. 24.: ‚Wer GOtt lästert, der soll getötet werden.’“.35

Glaubensfreiheit gestand Luther angeblich jedem zu. Nur durfte sich ein Glaube, den Luther als falsch wertete, nicht im Leben auswirken. Daß Luther es nicht für absurd hält, daß der Glaube ohne Auswirkungen auf das Leben bleiben könnte, wurde bereits mit dem Bild einer Lokomotive illustriert, die auch dann eine Lokomotive bleibt, wenn an ihr keine Waggons hängen. Wie Luther gedanklich seinen Glauben von seinem Leben abtrennen konnte, so sollten es auch die Wiedertäufer mit ihrem falschen Glauben tun. Glauben mögen sie, was sie wollen. Doch über das Handeln bestimme die Obrigkeit. Denn wir seien ja Bürger zweier Reiche, des Reiches Gottes und der Welt. Hier irrte Luther. Wir sind nicht Bürger der Welt, sondern Fremdlinge in der Welt (1. Petr. 1,1; 2,11; Hebr. 11,13). Durch die scheinbar geringe Abweichung der Zweireichelehre Luthers von der biblischen Zweireichelehre wurde der Schmale Weg erheblich verbreitert. Daß wir Bürger zweier Reiche seien, läuft darauf hinaus, daß wir auch zwei Herren zu dienen hätten. Dem würde Luther widersprechen. Da Gott beide Reiche regiert (wenn auch auf unterschiedliche Weise), würden wir nur einem einzigen Herren dienen. Doch da sind Zweifel angebracht. Denn in seiner Auslegung des 82. Psalms (V.4) schrieb er im Zusammenhang mit der Bestrafung von Gotteslästerung: “Denn hiermit wird niemand zum Glauben gedrungen, denn er kann dennoch wohl glauben, was er will. Allein das Lehren und Lästern wird ihm verboten, damit er will GOtt und den Christen ihre Lehre und Wort nehmen und will solches dennoch, unter derselbigen eigenen Schutz und Gemeinschaft aller weltlichen Nutzung, zu ihrem Schaden thun. Er gehe dahin, da nicht Christen sind, und thue es daselbst. Denn, wie ich mehr gesagt, wer bei Bürgern sich nähren will, der soll das Stadtrecht halten, und daselbst nicht schänden und schmähen, oder soll sich trollen“.36 „Glauben, was er will“ und „das Stadtrecht halten“. Das bedeutet: Glaubensfreiheit; aber nur in den Grenzen dem Glauben gemäß leben, die das „Stadtrecht“ vorgibt. Das bedeutet, zwei Herren zu dienen. Da das aber niemand kann, deshalb steht faktisch die weltliche Obrigkeit über Gott. Jesus mag z. B. in der Bergpredigt lehren was er will. Jeder Bürger des „Reiches Gottes zur Rechten“ darf Jesu Worten auch glauben. Aber im „Reich Gottes zur Linken“ hat er das „Stadtrecht“ zu halten. Da regieren die Fürsten und der Kaiser. Und deren Vollmacht als Diener Gottes im „Reich Gottes zur Linken“ gehe sogar so weit, daß sie verbieten dürften, das Gotteswort zu predigen. Daß Luther bereit war, derartige Verkündigungsverbote für päpstliche Gebiete zu akzeptieren, wurde bereits gezeigt. Wer diesen Hokuspokus nachvollzieht, der bleibt von der Verfolgung verschont, die Christus seinen Nachfolgern vorhergesagt hat. Deshalb wurden und werden „Lutheraner“ bis in unsere Gegenwart kaum verfolgt, während das Blut der Wiedertäufer in Strömen floß.

12. Unkraut unter dem Weizen

Es stellt sich die Frage, wie der Ruf nach dem Henker mit Jesu Gleichnis vom Unkraut unter dm Weizen (Matth. 13,24-30. 36-43) vereinbar ist. In diesem Gleichnis schlugen die Knechte des Hausvaters vor, das Unkraut auszujäten. Darauf der Hausvater: „Nein! Damit ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft, wenn ihr das Unkraut ausjätet. Laßt beides miteinander wachsen bis zur Ernte“ (28f). Doch auch da fanden die Reformatoren eine Ausrede, um Jesu Forderung, die Ketzer am Leben zu lassen, abzuwehen. So lesen wir in der bereits mehrfach erwähnten und von Luther mitverfaßten Schrift Melanchthons:Daß aber dagegen angezogen werden diese Worte vom Unkraut: ‚Lasset beides wachsen’, das ist nicht zu weltlicher Obrigkeit geredet, sondern zum Predigtamt, daß sie unterm Schein ihres Amts keine leibliche Gewalt üben sollen. Aus diesem allem ist nun klar, daß weltliche Obrigkeit schuldig ist, Gotteslästerung, falsche Lehre, Ketzereien zu wehren und die Anhänger am Leib zu strafen“.37 Mit großem Nachdruck verteidigte Luther die Freiheit des Glaubens, einschließlich der Glaubensfreiheit der Ketzer, sofern sie sich an das „Stadtrecht“ hielten und nicht gemäß ihres ketzerischen Glaubens lebten. „Des HErrn Christi meinung aber ist diese: Er wil anzeigen, das sein Reich unterscheiden sey und sein sol von der Welt Reich. Christus Reich thut nichts mit der Faust und Schwert. Dem Weltlichen Reich hat Gott befolhen, das es das Schwert fueren und das boese ausrotten sol, Ehebrecher, Diebe, Moerder und Todschleger strafen. Aber in Christus Reich ist kein Schwert noch Faustrecht. Wir Prediger und Christen haben allein mit dem Wort zu kriegen und zustreiten. Wie der Prophet Esaias ca. 2. klerlich saget: ‚Von Zion wird das Gesetz ausgehen und des HERRN wort von Jerusalem, Und er wird richten unter den Heiden und straffen viel Voelker. Da werden sie jre Schwerter zu Pflugscharen und jre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein  Volk wider das ander ein Schwert aufheben, Und werden fort nicht mehr kriegen lernen.’ Und Christus Johan. 18: ‚Mein Reich ist nicht von dieser Welt, were mein Reich von dieser Welt, meine Dener wuerden drob kempffen, das ich den Jueden nicht uberantwortet wuerde. Aber nu ist mein Reich nicht von dannen.‘ Item ‚Ich bin dazu geboren und auff die Welt komen, das ich die Wahrheit zeugen sol.‘ Darumb will der Herr hie so viel sagen: Christen sollen Ketzer nicht ausrotten Noch mit Schwert wider die Rotten streiten, wie der Bapst thut, Der rottet aus, hencket, ertrencket, boernt [verbrennt], wuerget und toedtet, was wider jn ist, und seine Fürsten thun auch also“.38

Das gilt auch für die Wiedertäufer und Schwärmer.39 Vom Reich Gottes ist das Reich der Welt zu unterscheiden. Dort hat der Henker seine Funktion, um Diebe, Mörder und andere Übeltäter zu strafen.40 Was die Ketzerei betrifft, so gilt Christi Befehl, das Unkraut nicht auszujäten, den Knechten im Gleichnis. Denn die Knechte sind nicht im Reich der Welt, sondern im Reich der Himmel. Deshalb sollen sie nicht das Schwert gebrauchen, denn Gott hat es ihnen nicht gegeben.41 „Aber die weltliche Obrigkeit hat das Schwert mit dem Befehl, daß sie allem Aergerniß soll wehren, daß es nicht einreiße, und Schaden thue. Nun ist aber das das gefährlichste und greulichste Aergerniß, wo falsche Lehre und unrechter Gottesdienst einreißt. Derhalben einer christlichen Obrigkeit am meisten an solchem Aergerniß soll gelegen sein, sintemal es allewege Zerrüttung der Regimente, und allerlei Strafe und Unglück mitbringet, wie man in allen Historien sieht. … Wo nun weltliche Obrigkeit schändliche Irrthum befindet, dadurch des HErrn Christi Ehre gelästert und der Menschen Seligkeit gehindert wird, und Spaltung unter dem Volk entsteht, da gern etwas Arges zu folgen pflegt, wie wir nun mehr und mehr denn eines erfahren ac.; wo solche irrige Lehrer sich nicht weisen lassen und vom Predigen nicht ablassen wollen, da soll weltliche Obrigkeit getrost wehren, und wissen, daß es ihres Amts halben anders nicht gebühren will, denn daß sie Schwert und alle Gewalt dahin wende, auf daß die Lehre rein und der Gottesdienst lauter und ungefälscht, auch Friede und Einigkeit erhalten werde. Auf daß also eins dem andern die Hand gebe: die im geistlichen Regiment mit dem Wort und Bann, die Obrigkeit aber mit dem Schwert und Gewalt dazu helfe, daß die Leute in der Lehre einig bleiben und allem Aergerniß und Uebel gewehret werde“.42

Mit seriöser Bibelauslegung hat Luthers Freibrief für obrigkeitliche Bluttaten wenig zu tun. Denn in Jesu Gleichnis wird das Unkraut am jüngsten Tag von den Engeln eingesammelt und verbrannt und nicht schon vorher durch die weltliche Obrigkeit. Und wenn Prediger den Weizen mit ausreißen könnten, wieviel mehr dann irgendwelche weltliche Obrigkeiten. Wenn Luther keine Ketzer getötet hat, sondern lediglich die weltliche Obrigkeit, dann haben auch die jüdischen Hohepriester Jesus nicht getötet, sondern nur Pontius Pilatus. Luthers Heuchelei und Scheinheiligkeit sind groß und mannigfaltig. Wie hätte denn ein Fürst oder Richter der damaligen Zeit anders entscheiden können, wenn der angesehenste Theologe ihm weismacht, daß Christus ein Todesurteil von ihm fordert?! Und dann warf Luther in der von ihm mitverfaßten Schrift Melanchthons den Wiedertäufern vor: „Ich habe hören sagen, wie sich die Schleicher können finden zu den Arbeitern in der Ernte, und auf dem Felde unter der Arbeit predigen, also auch zu den Köhlern und einzelnen Leuten in den Wäldern, und allenthalben ihren Samen säen und Gift ausblasen, wenden die Leute ab von ihren Pfarrkirchen. Da siehe doch den rechten Teufelsritt und Griff, wie er das Licht scheuet, und im Finstern mauset. Wer ist so grob, der hie nicht merken könnte, daß es rechte Teufelsboten sind? Wären sie von GOtt und rechtschaffen, so würden sie zu allererst sich zum Pfarrherr finden, und mit demselbigen handeln, ihren Beruf anzeigen, und erzählen, was sie glaubten, und ob sie derselbige wolle zulassen öffentlich zu predigen“.43 Das geistliche Amt soll die Leute lehren, die „Schleicher“ und „Teufelsboten“ zu fragen: „Woher kommst du? Wer hat dich gesandt? Wer hat dir befohlen, mir zu predigen? Wo hast Du Siegel und Briefe, daß du von Menschen gesandt seiest? Wo sind deine Wunderzeichen, daß dich GOtt gesandt hat? Warum gehst du nicht zu unserm Pfarrherrn? Warum schleichst du so heimlich zu mir und kreuchst in die Winkel? Warum trittst du nicht öffentlich auf? Bist du ein Kind des Lichts, warum scheuest du das Licht?“.44

13. Zweireichelehre

Denjenigen, deren Tod Luther fordert, zum Vorwurf machen, daß sie sich nicht selbst bei ihren Mördern melden, ist doch der Gipfel des Zynismus. Daß die weltliche Obrigkeit, die allein den Henker beauftragen kann, überhaupt für zuständig für die Bekämpfung der Ketzerei gehalten wurde, liegt an Luthers Verfälschung der biblischen Zweireichelehre. Die Eckpunkte der biblischen Lehre sind folgende: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Matth. 22,21). Doch die Frage ist: Was ist des Kaisers? Was ist Gottes? Wie ein Mathematiker die Leute um ihr Eigentum betrügen kann, indem er ihnen weismacht, daß 1 Euro = 1 Cent, so verschob der Betrüger Prof. Dr. Martin Luther die Grenze zwischen dem Eigentum des Kaisers und dem Eigentum Gottes. Durch Luthers Betrug wurden Jesu Schafe faktisch zu Schafen des Kaisers. Lediglich formal blieben sie Jesu Schafe. Die Betrüger beriefen sich auf die Bibellehre, daß Gott beide Reiche regiert, sowohl das „Reich Gottes zur Rechten“ als auch das „Reich Gottes zur Linken“. Und in der Tat steht geschrieben, daß die Obrigkeit Gottes Dienerin ist. Und unter diesem Deckmantel maßte sie sich zur Zeit Luthers und maßt sie sich auch heute Vollmachten innerhalb des „Reiches Gottes zur Rechten“ an. Jesus sagt: „Meine Schafe hören meine Stimme“ (Joh. 10,27). Doch die Obrigkeit behandelt Jesu Schafe wie ihre eigenen Schafe. Die Schafe sollen nur solche Worte Jesu vernehmen, die die Obrigkeit akzeptiert. Nicht der Untertan soll selbst anhand des Gotteswortes prüfen, was Jesu Stimme ist. Er soll nicht nach dem Gotteswort handeln: „Prüft aber alles, und das Gute behaltet“ (1, Thess. 5,21). Sondern ehe er den „Winkelschleicher“ hört oder lehren läßt, soll er denselben bei der Obrigkeit und dem „Pfarrherrn“ denunzieren.45So sollten nun billig Amtleute, Richter, und was zu regieren hat, wissen und gewiß sein, daß sie solche Schleicher müßten verdächtig haben, nicht allein falscher Lehre, sondern auch Mords und Aufruhrs halben, weil sie wissen, daß solche Leute vom Teufel geritten werden, und sollten lassen auch durch ihre Diener die Unterthanen versammeln, solches ihnen anzeigen, und verwarnen vor solchen Buben, und gebieten aufs höchste, bei großer Strafe, daß ein jeglicher Untertan solche Schleicher müßte ansagen, wie denn die Untertanen schuldig sind zu thun, wollen sie nicht selbst schuldig mit werden alles Mordes und Aufruhrs, so der Teufel im Sinn hat ac. Und auch also, wie das geistliche Amt, auf den Beruf dringen, und den Schleicher oder seinen Wirth fragen: Woher kommst du? Wer hat dich gesandt? ac. wie droben. Und den Wirth auch fragen: Wer hat dich diesen Schleicher heißen herbergen, seine Winkelpredigt hören? Woher weißt du, daß der Befehl habe dich zu lehren, und du, von ihm zu lernen? Warum hast du es nicht dem Pfarrherrn oder uns angesagt? Warum lässest du deine Kirche, da du getauft, gelehrt, berichtet bist, und dahin du gehörst durch GOttes Ordnung, und kreuchst in den Winkel? Warum richtest du ein Neues an, heimlich und unbefohlen? Wer hat dir Macht gegeben, dieses Kirchspiel zu trennen und unter uns Rotten anzurichten? Wer hat dir befohlen, deinen Pfarrherrn zu verachten, zu verurtheilen, zu verdammen im Rücken, ehe er verhört oder verklagt ist? Woher bist du solcher Richter über deinen Pfarrherrn, ja, auch dein eigener Selbstrichter geworden?“.46 „Dein eigener Selbstrichter“ – Luther hätte deutlicher sagen sollen: dein eigener Papst. Denn anders als Christus lehrt (Joh. 15,5), hängt im päpstlichem Denken die einzelne Rebe nicht direkt am Weinstock, sondern am „Pfarrherrn“, dieser am Bischof und dieser am Papst und erst dieser angeblich an Christus. Da das „Pfarrkind“ wie das Eigentum des „Pfarrherrn“ und nicht wie das Eigentum Jesu behandelt wurde, durfte es sich nicht selbst über die Glaubenskraft kundig machen, die Tausenden die Bereitschaft gab, für ihren Heiland in den Tod zu gehen. Wer nur etwas vom Geist Christi berührt war, der mußte doch empfunden haben, daß es nicht sein kann, daß diejenigen die „reine Lehre“ haben konnten, deren Verkündigung die sittliche Verwahrlosung des Volkes bewirkte und die den Tod der „Winkelschleicher“ forderten. Wer den Geist Christi hatte, dem mußten doch Zweifel kommen, ob es wirklich Boten des Teufels waren, die ein heiliges Leben führten und die Christus überall bezeugten, sogar bei ihrer eigenen öffentlichen Hinrichtung.

„Woher weißt du, daß er Befehl habe dich zu lehren, und du, von ihm zu lernen?“ – schrieb Luther. Wer kann einen solchen „Befehl“ erteilen? Natürlich nur die Obrigkeit. Das bedeutet, daß die Obrigkeit, vertreten durch den „Pfarrherrn“, sich als „Dieb“ und „Räuber“ (Joh. 10,8) der Schafe Jesu bemächtigt hat. Verschleiert wurde dieses Eigentumsdelikt dadurch, daß die Schafe nach wie vor formal als Jesu Eigentum galten. Denn die Obrigkeit sei lediglich Gottes Dienerin, selbst wenn sie ständig gegen den Willen Gottes handelt. Jesu Schafe durften zwar in der Bibel lesen, nicht aber die dabei gewonnenen Erkenntnisse weitergeben. Auch durften sie nicht die Erkenntnisse anderer Bibelleser zur Kenntnis nehmen. Denn einzig und allein die von der Obrigkeit lizenzierten Prediger durften andere lehren. Das ist Papsttum. Lediglich der Papst in Rom und dessen Bischöfe waren in den reformatorischen Gebieten, und zwar nur dort, durch die weltliche Obrigkeit ausgetauscht worden. Dieses Monopol führte zwangsläufig zur Verarmung der Verkündigung. Denn die göttliche Botschaft ist viel zu umfassend, als daß ein einzelner Prediger deren Reichtum auch nur ansatzweise ausschöpfen könnte. Deshalb hatten z. B. in Korinth auch Gemeindeglieder geistliche Erkenntnisse weitergegeben. „Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein jeder einen Psalm, er hat eine Lehre, er hat eine Offenbarung, er hat eine Zungenrede, er hat eine Auslegung. Laßt es alles geschehen zur Erbauung! “ (1. Kor. 14,26). Eine solche Erbauung durch andere Brüder in Christus hatten Luther und die anderen Reformatoren bewußt unterbunden.

14. Papsttum

Nur wer nichts macht, der macht nichts falsch. Und wie jeder Prediger irren kann, so können auch solche Verkündiger irren, die nicht von der Obrigkeit lizenziert sind. Und das kann in der Tat zu Spaltungen führen. Das hatte Luther richtig erkannt, wenn er schrieb: „wo man nicht auf dem Beruf oder Befehl fest stünde und dränge, würde zuletzt keine Kirche nirgend bleiben. Denn gleich wie die Schleicher unter uns kommen, und unsere Kirchen zertrennen und verwüsten wollen, also würden hernach auch andere Schleicher in ihre Kirchen kommen, und zertrennen und verwüsten, und fortan würde des Schleichens und Trennens, eins über das andere, nimmermehr kein Ende, oder müßte bald nichts mehr von keiner Kirche bleiben auf Erden“.47 Genau das ist die Argumentation der Katholiken, weshalb wir einen Papst bräuchten. Wenn alle auf den Papst in Rom hören würden, dann hätten alle die gleiche Lehre, dann gäbe es nicht viele Kirchen, sondern nur eine einzige Kirche. Weil viele denken: „Lieber falsch und gemeinsam als richtig und einsam“, deshalb ist das Papsttum so attraktiv. Doch Christus lehrt: „Ihr sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn einer ist euer Meister; ihr aber seid alle Brüder. Und ihr sollt niemand unter euch Vater nennen auf Erden; denn einer ist euer Vater, der im Himmel ist. Und ihr sollt euch nicht Lehrer nennen lassen; denn einer ist euer Lehrer: Christus“ (Matth. 23,8-10). Wer aber Christus nicht kennt, der hängt sich an irgendwelche Menschen, z. B. an den Papst in Rom.

Durch den Betrug mit dem Ablaß und durch den gottlosen Lebenswandel vieler Priester, Bischöfe und Päpste wurde es schwierig zu glauben, daß die Papstkirche seligmachen könne. Doch die päpstliche Denkweise blieb weitgehend erhalten. In dieser tritt die Bindung an Christus durch die Bindung an die „Kirche“ in den Hintergrund. Die einzelne Rebe hängt nicht direkt am Weinstock, sondern an ihrem „Pfarrherrn“, und der „Pfarrherr“ am Bischof. Ob der Bischof am Papst oder aber am Landesfürsten hängt, macht aus der Sicht des einfachen Kirchgängers keinen großen Unterschied. Übrigens galten beide als Diener Christi. Die „Kirche“ blieb auch bei „Lutheranern“ der Glaubensinhalt. Wenn die Wiedertäufer die Kirchgänger ermahnten, ihr Leben an der Lehre und dem Vorbild Jesu auszurichten, anstatt sich vom „Pfarrherrn“ führen zu lassen, dann empfand Luther das als kirchenzerstörend, und er wußte sich nicht anders zu helfen, als nach dem Henker zu rufen.

15. Hoftheologen

Luther wollte Kirche bauen. Dazu paktierte er mit der Obrigkeit. Möglich wurde dies, da Luthers Theologie den politischen Interessen der Fürsten entgegenkam. Diese waren dabei, die Herrschaft des Kaisers abzuschütteln. Eine politische Eigenständigkeit wird durch religiöse Eigenständigkeit gestärkt. Durch Luthers Theologie wurde die Unterordnung des Staates unter die Kirche beseitigt. Luthers Polemik gegen den Papst in Rom begünstigte den politischen Unabhängigkeitskampf.

Damals hatten alle gewußt, daß ohne Glauben das Volk unregierbar wird und das Land im Chaos versinkt. Was damals eine Binsenweisheit war, ist heute vielen nicht bewußt und wird gelegentlich sogar bestritten. Wenn in Pariser Vororten und in Londoner Stadtteilen der Bürgerkrieg tobt, wenn auch schon in Berlin und in anderen Orten Deutschlands Autos angezündet werden, dann ist das ein Vorgeschmack auf das Chaos, in das der Unglaube uns mit absoluter Sicherheit hineinführt. Christliche Verkündigung ist somit eine Voraussetzung für politische Stabilität. Daß Unglaube Chaos zur Folge hat, hatten zur Zeit Luthers alle Fürsten gewußt. Somit hatten sie ein politisches Interesse an der christlichen Verkündigung. Andererseits waren die Fürsten nicht bereit, persönlich Jesus nachzufolgen. Deshalb „mußte“ die Lehre Jesu so zurechtgebogen werden, damit die Untertanen als „gute Christen“ die Bosheit und Bluttaten ihrer „Obrigkeit von Gott“ auch ausführen konnten. Genau das war die Aufgabe der Hoftheologen. Sie bildeten an den staatlichen Universitäten die Prediger aus und erteilten Lizenzen für die Verkündigung. Das ist das Prinzip einer Landeskirche. Es gab „lutherische“ und reformierte Landeskirchen, aber keine täuferischen Landeskirchen. Denn in ihrem Selbstverständnis folgten die Täufer direkt Jesus nach und ließen sich deshalb von keinem Pseudopapst führen. Außerdem lehnten sie die Säuglingstaufe ab. Doch diese wäre die absolute Voraussetzung, um alle Bürger zu Kirchenmitgliedern zu machen. Wie ein „Kompendium der Kirchengeschichte48 zutreffend feststellt, hatte die Verbindung von Staat und Kirche „die Entstehung eines rückgratlosen Hoftheologentums“ zur Folge. Was das bedeutet, kann am Glockenspiel der Potsdamer Garnisonskirche illustriert werden. Deren Klänge sind zu folgendem Liedtext: „Üb’ immer Treu und Redlichkeit bis an dein kühles Grab; und weiche keinen Fingerbreit von Gottes Wegen ab“. Doch gemeint war: „… und weiche keinen Fingerbreit von den Wegen ab, die die Hoftheologen des Königs als Wege Gottes werten“. Dadurch wird einerseits Mord und Totschlag auf privater Basis verhindert, wie wir sie in Paris, London und demnächst auch in Deutschland erleben. Andererseits wird Mord und Totschlag im Auftrag des Staates ermöglicht.

Nachdem 1866 im Peußisch-Österreichischem Krieg staatlich lizenzierte Mörderbanden in Sachsen eingefallen waren, nahmen preußische Soldaten an den dortigen Gottesdiensten und auch am Abendmahl teil. Doch das erregte Ärgernis. Denn Preußen war uniert, und Sachsen galt als lutherisch. Und die Lutherische Landeskirche hatte damals keine Kirchen- und Abendmahlsgemeinschaft mit der Unierten Landeskirche Preußens. Daß sich Preußen und Sachsen noch kurz zuvor gegenseitig umgebracht hatten, spielte in diesem Zusammenhang keine Rolle. Denn von Luther hatte man gelernt, die beiden Reiche, deren Bürger wir angeblich seien, auseinanderzuhalten. Man tötete sich gegenseitig lediglich als „Bürger“ des „Reiches Gottes zur Linken“. Doch das sei ohne Relevanz für unsere Einheit im Glauben als Bürger des „Reiches Gottes zur Rechten“. Diese Lehre wurde von königlichen Hoftheologen entwickelt und an den staatlichen Universitäten den zukünftigen Pfarrern beigebracht. Die von Hoftheologen lizenzierten Pfarrer trugen sie ins Volk. Bis weit ins neunzehnte Jahrhundert hinein wurden Prediger samt ihren Gemeinden verfolgt, die ohne staatliche Lizenz das Gotteswort verkündeten. Paul Gerhard (1607-1676), der durch seine glaubenstiefen Lieder bis heute sehr viel Segen gestiftet hat, wurde 1667 aus seinem Pfarramt gejagt.

16. Paul Schneider

Im Jahren 1934 wurde Pfarrer Paul Schneider (1897-1939) auf Druck der damaligen Regierung von seiner Pfarrstelle entfernt. Er bekam eine neue Stelle in Dickenschied/Womrath. Doch auch da gab es Schwierigkeiten. Er kam wiederholt in „Schutzhaft“. 1937 wurde er aus dem Rheinland ausgewiesen. In einem Schreiben der Gestapo vom 24. Sept. 1937 an das Konsistorium in Düsseldorf heißt es dazu: „Pfarrer Schneider ist ein fanatischer Anhänger der Bekenntniskirche, der jede Gelegenheit benutzt hat, um gegen den nationalsozialistischen Staat zu hetzen. Gegen ihn schweben deshalb bei dem Sondergericht in Köln mehrere Strafverfahren wegen Vergehens gegen das Heimtückegesetz und Vergehens nach § 30a StGB. … Es wurde aufgrund der Verordnung des Reichspräsidenten vom 28.2.1933 gegen ihn ein Aufenthaltsverbot für die Rheinprovinz verhängt, weil sein Verhalten die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdete und den Interessen des nationalsozialistischen Staates zuwiderlief. Auch diese letzte staatspolitische Anordnung hat er umgangen, indem er trotz Verbotes am 25.7. 1937 in der Kirche zu Dickenschied gepredigt hat und dann mit unbestimmtem Ziel abgereist ist“.49 In einem Verhör der Gestapo am 20. Nov. 1937 wurde er beschuldigt, er hätte dem „Führer“ falsche Aussagen in Mein Kampf vorgeworfen. In einer Predigt hätte er gesagt, in Deutschland würde nicht mehr der Glaube an Gott gelehrt, sondern der Glaube an Deutschland, an eine zum Idol erhobene Person und an Blut und Boden. Er würde in jeder Predigt führende Staatsmänner angreifen und die Gemeinde gegen führende Persönlichkeiten und gegen den Staat aufhetzen. Auch hätte er Hitlers Trauerrede für Reichspräsident Hindenburg kritisiert.50 Das waren die Beschuldigungen der Gestapo, also der Feinde Christi.

Doch politisches Fehlverhalten wurde auch schon den gesteinigten alttestamentlichen Propheten, Johannes dem Täufer, Jesus Christus, den ersten Christen und den Wiedertäufern unterstellt. Wie die gesteinigten alttestamentlichen Propheten den Götzendienst ihrer Zeit thematisiert hatten, so predigte auch Pastor Schneider gegen das Heidentum seiner Zeit. Und Hitler, Goebbels und andere waren nicht nur Politiker, sondern vor allem falsche Prediger. Und Mein Kampf war keineswegs nur ein politisches Machwerk, sondern ein Predigtbuch des Teufels. Andere hatten auch die nationalsozialistische Ideologie kritisiert. Aber sie wußten, wie weit sie gehen durften. Das trifft auch für die „Bekennende Kirche“ zu. In ihr waren unter dem Dach der Kirche Kämpfer für das Evangelium wie Paul Schneider und auch andere Hitlergegner zusammengeschlossen wie z. B. die Theologen Bultmann, Karl Barth und Martin Niemöller, die mit Christus nichts zu tun hatten und als Folge ihres Unglaubens auf dem linken Auge blind waren. Diese Marxisten hatten im Unterschied zu Paul Schneider die Hitlerzeit überlebt und später viel Unheil angerichtet. Für Pastor Schneider war nicht die Frage, wieviel politische Unkorrektheit die Nazis tolerieren würden. Daß sein Verhalten tödlich ausgehen wir, hatte ihm seine Frau vorhergesagt. Denn als die Familie einen Garten kaufte, hatte sie unter Hinweis auf ihre vorhersehbare Witwenschaft angeregt, daß der Garten auf ihren Namen eingetragen wird.

Wiederholt kam Pastor Schneider in Schutzhaft. Wieder einmal in Schutzhaft, hätte er freikommen können, wenn er den Ausweisungsbeschluß aus dem Rheinland unterschrieben hätte. Doch er konnte nicht. Er wurde doch deshalb ausgewiesen, weil die Obrigkeit mit dem Inhalt seiner Verkündigung nicht einverstanden war. Den Ausweisungsbeschluß zu akzeptieren hätte bedeutet, der Obrigkeit die Befugnis einzuräumen zu entscheiden, welche Bestandteile der Botschaft Christi wann und wo verkündigt werden dürfen und welche Lehren Jesu zu verschweigen seien.51 Es ging nicht um das, was manche unter „Glaubensfreiheit“ verstehen. Denn Pastor Schneider durfte glauben, was er wollte. Er durfte sich lediglich nicht im Rheinland aufhalten. Doch der politische Zweck dieser Entscheidung war, daß nicht das ganze Gotteswort verkündigt wird, daß nicht gepredigt wird, was der Obrigkeit mißfällt. Andere Pfarrer waren auch keine Nazis und taten ihren Dienst, ohne Unannehmlichkeiten für sich und ihre Familien heraufzubeschwören. Doch deren angepaßtes Verhalten nahm sich Pastor Schneider nicht zum Vorbild. So wurde er Ende 1937 ins KZ Buchenwald eingeliefert. Auch von dort hätte er freikommen können, wenn er seiner Ausweisung aus dem Rheinland zugestimmt hätte. Aber der Obrigkeit eine Befugnis einräumen zu entscheiden, ob das Evangelium verbreitet werden dürfe, das konnte er nicht.

Wer den Glauben auf eine Anhäufung von Dogmen beschränkt, so daß man ihn mit einem Sack Kartoffeln vergleichen kann, der wird Pastor Schneider nicht verstehen. Denn wenn der Zentnersack nur 45 kg anstatt 50 kg wiegt, so sei das immer noch mehr als nichts. Wenn Pastor Schneider im Grabe liegt, dann könne er überhaupt nicht mehr predigen. Doch Glaube ist nicht ein Sack voller Kartoffeln, die man in dem Ausmaß an die Kirchgänger weitergeben könnte, das die Obrigkeit bereit ist zu tolerieren. Sonden bei jeder Aussonderung einer Glaubenslehre geht es für den Prediger um die Grundsatzfrage: Wessen Diener bin ich? Ein Diener Christi oder aber ein Diener der Obrigkeit? Wer ist mein Führer? Jesus Christus oder aber der jeweilige politische Machthaber? Es geht also um alles oder nichts. Pastor Schneider wollte sich von Christus führen lassen. Und so hat er am Ende seines kurzen Lebens (1897-1939) als „Prediger von Buchenwald“ durch seine Verkündigung und durch sein Martyrium, das ihm seine Predigt einbrachte, noch manchem Mithäftling den Weg zu Christus gewiesen. Am 18. Juli 1939 starb er, angeblich an Herzversagen. Dieses Herzversagen wurde aber durch Medikamente herbeigeführt. Denn vor seiner Inhaftierung war er kerngesund und niemals herzkrank gewesen. Der Leichnam wurde der Familie in einem verblombten Sarg übergeben. Offensichtlich sollte niemand die Spuren der Mißhandlungen sehen, von denen Mithäftlinge nach dem Krieg berichteten.

Sein Martyrium war Ausdruck einer Glaubenskraft, wie sie auch die Wiedertäufer der Reformationszeit hatten. Wie Paul Schneider glauben durfte, was er wollte, so gestand auch Luther den Wiedertäufern „Glaubensfreiheit“ zu. Doch sie ließen sich lieber foltern und köpfen, ertränken oder lebendig verbrennen, als aufzuhören Jesus nachzufolgen. Und zur Jesusnachfolge gehört – davon waren die Wiedertäufer und später Paul Schneider überzeugt –, die christliche Botschaft in aller Welt zu verkünden (Mark. 16,15).

17. Verfolgung auch heute

Niemand sollte meinen, die Fürstenwillkür und die Nazibarbarei seien vorbei, so daß wir heute nicht mehr von der Verfolgung betroffen wären, die Jesus seinen Nachfolgern vorhergesagt hat. Denn die Feindschaft, von der Jesus sprach, besteht nicht zwischen Diktatur und Demokratie, sondern zwischen dem Reich Gottes und der „Welt“. Und in der „Welt“ gilt: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Pilatus und Herodes waren einander feind. Doch durch die gemeinsame Ablehnung Jesu wurden sie einander Freunde (Luk. 23,12). Die Hohenpriester waren gegen die römische Fremdherrschaft. Doch als sie von Pilatus ein Todesurteil brauchten, waren sie kaisertreuer als der Prokurator und bekannten: „Wir haben keinen König als den Kaiser“ (Joh. 19,15). So ist es auch heute: Hitler kam auch deshalb an die Macht, weil viele in ihm ein Bollwerk gegen den sowjetischen Bolschewismus sahen. Doch dann kam der Hitler-Stalin-Pakt. Hitler wies berechtigterweise auf die Heuchelei hin, wenn er am 30. Jan. 1939 sagte: „Wenn nun das Ausland und in Sonderheit gewisse demokratische Staatsmänner so sehr für einzelne deutsche Priester eintreten, dann kann dies nur einen politischen Grund besitzen. Denn dieselben Staatsmänner schwiegen still, als in Rußland Hunderttausende an Priestern niedergemetzelt oder verbrannt worden waren, als in Spanien Zehntausende von Priestern und Nonnen in viehischster Weise abgeschlachtet wurden. …“52 Stalins Verbrechen waren also (zumindest teilweise) 1939 und auch schon vorher außerhalb der Sowjetunion bekannt. Trotzdem war Stalin Amerikas verbündeter in einem gemeinsamen Krieg für Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und – das ist der Gipfel des Zynismus – auch für Glaubensfreiheit. Die Amerikaner sprachen sogar von einem „Kreuzzug“. Von den Kriegsverbrechen der sowjetischen Waffenbrüder erfuhr die amerikanische Bevölkerung vorerst nichts, um so mehr aber von den Hitlerverbrechen. Da man auf deutschem Boden keine Gaskammer vorfand, bauten deutsche Kriegsgefangene eine in Dachau. Die amerikanischen Soldaten, die diese besichtigt hatten, erzählten dann überall in Amerika, was sie mit eigenen Augen gesehen hatten. Deutsche Kriegsverbrecher wurden in Nürnberg medienwirksam verurteilt, aber kein Amerikaner und kein Sowjetmensch.

Der Kriegs- und Nachkriegsverbrecher General Eisenhower (1890-1969), der deutsche Kriegsgefangene vorsätzlich verhungern ließ, wurde später US-Präsident. Doch ab 1947 kam es zum Streit mit den ehemaligen sowjetischen Waffenbrüdern. Dann brauchte man Nazideutschland als Verbündeten. Daraufhin verließen die alten Nazis nach und nach die Gefängnisse und kamen wieder in Schlüsselpositionen. Der Altnazi Globke (1898-1973) war Adenauers Mann, um die Rückholaktion technisch abzuwickeln. Alte Nazijuristen, die schon in der braunen Ära das Recht gebeugt hatten, bauten eine neue Justiz auf. Doch so neu konnte sie schon allein wegen ihres alten Personals unmöglich sein. Das erklärt, weshalb vorsätzliche Rechtsbeugung auch heute gang und gäbe ist. Doch darauf wird noch eingegangen werden, wenn dargelegt werden wird, daß schon wieder Menschen einzig und allein deshalb im Gefängnis sind, weil sie Jesus Christus nachfolgen wollen. Das NSDAP-Mitglied Kurt Georg Kiesinger (1904-1988) wurde Bundeskanzler. Warum auch nicht? Als junger Mann hatte er doch nicht wissen können, daß der Nazispuk schon zu seinen Lebzeiten beendet sein wird. Hätte Paul Schneider irgendwie überlebt, er wäre mit Sicherheit kein Bundeskanzler geworden. Denn Persönlichkeiten, die ihr Handeln nach dem Willen Gottes ausrichten, kann man nirgendwo in der „Welt“ gebrauchen. Denn der wirkliche Gegensatz besteht nicht zwischen Nazideutschland und der fälschlich sogenannten „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, sondern zwischen dem Reich Gottes und der „Welt“. Ein „Welt“mensch ist entweder ein „guter“ Nazi oder ein „guter“ Kommunist oderein „guter“ Demokrat, je nachdem, wie es die Situation zu erfordern scheint.

Die Staatskriminalität ist keine Besonderheit des Nationalsozialismus, sondern sie ist eine üble Frucht des Unglaubens. Durch den Schwindel vom „christlichen“ Staat, durch den seit dem römischen Kaiser Konstantin (gest.337) die Gläubigen verführt werden, ist die von der Bibel bezeugte kriminelle Energie der Gottlosen aus dem Bewußtsein gekommen. Folgende Bibelstellen, die diese bezeugen, wurden direkt aus der Heiligen Schrift zusammengetragen. Man findet sie in keinem Dogmatikbuch zusammengestellt, da diese Schriftworte die theologischen Lehrsysteme der Hoftheologen nicht stützen: „Du verwirfst alle, die von deinen Geboten abirren; denn ihr Tun ist Lug und Trug“ (Ps. 119,118). „Die Seele des Gottlosen gelüstet nach Bösem und erbarmt sich nicht seines Nächsten“ (Spr. 21,10). „Ein Gottloser, der über ein armes Volk regiert, ist wie ein brüllender Löwe und ein gieriger Bär“ (Spr. 28,15). „Die Gedanken der Gerechten sind redlich; aber was die Gottlosen planen, ist lauter Trug. Der Gottlosen Reden richten Blutvergießen an; aber die Frommen errettet ihr Mund“ (Spr. 12,5f). „Wenn die Gerechten Oberhand haben, so ist herrliche Zeit; wenn aber die Gottlosen hochkommen, verbergen sich die Leute“ (Spr. 28,12). „Denn wenn deine Gerichte über die Erde gehen, so lernen die Bewohner des Erdkreises Gerechtigkeit. Aber wenn dem Gottlosen Gnade widerfährt, so lernt er doch nicht Gerechtigkeit, sondern tut nur übel im Lande, wo das Recht gilt, und sieht des HERRN Herrlichkeit nicht“ (Jes. 26,9b-10). „Ein ungerechter Mensch ist dem Gerechten ein Greuel; und wer recht wandelt, ist dem Gottlosen ein Greuel“ (Spr. 29,27). In Psalm 10 ist die Mentalität des Gottlosen folgendermaßen beschrieben: „Weil der Gottlose Übermut treibt, müssen die Elenden leiden; sie werden gefangen in den Ränken, die er ersann. Denn der Gottlose rühmt sich seines Mutwillens, und der Habgierige sagt dem HERRN ab und lästert ihn. Der Gottlose meint in seinem Stolz, Gott frage nicht danach. ‚Es ist kein Gott’ sind alle seine Gedanken. Er fährt fort in seinem Tun immerdar. Deine Gerichte sind ferne von ihm, er handelt gewaltsam an allen seinen Feinden. Er spricht in seinem Herzen: ‚Ich werde nimmermehr wanken, es wird für und für kein Not haben’. Sein Mund ist voll Fluchens, voll Lug und Trug; seine Zunge richtet Mühsal und Unheil an. Er sitzt und lauert in den Höfen, er mordet die Unschuldigen heimlich, seine Augen spähen nach den Armen. Er lauert im Verborgenen wie ein Löwe im Dickicht, er lauert, daß er den Elenden fange; er fängt ihn und zieht ihn in sein Netz. Er duckt sich, kauert nieder, und durch seine Gewalt fallen die Unglücklichen. Er spricht in seinem Herzen: ‚Gott hat’s vergessen, er hat sein Antlitz verborgen, er wird’s nimmermehr sehen’.“ (Ps. 10,1-11).

Vielen „Weltverbesserern“ ist die menschliche Bosheit, wie die Bibel sie bezeugt, nicht bewußt. Sie sehen nur de Mißstände und wollen die Strukturen ändern. Doch jedes mal scheitern sie. Dagegen predigt Christus: „Aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung“ (Matth. 15,19). Und er fordert: „Tut Buße – wörtlich übersetzt: ändert eure Gesinnung –, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen“ (Matth. 4,17). Durch die Berührung mit dem Reich Gottes werden Menschen von Christus ergriffen. Dadurch verändert sich ihre Gesinnung. Das sehen wir an den Wiedertäufern der Reformationszeit, an Paul Schneider und an anderen. Und das wirkt sich auf die Gesellschaft aus. So predigt Jesus: „Ihr seid das Salz der Erde. … Ihr seid das Licht der Welt“ (Matth. 5,13f). Wie das menschenverändernde Gotteswort wirkt, erklärt Jesus durch ein Gleichnis: „Das Himmelreich gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter einen halben Zentner Mehl mengte, bis er ganz durchsäuert war“ (Math. 13,33). Wo dieser menschenverändernde Sauerteig aus dem Reich Gottes fehlt, da mag die Fassade verändert werden, doch die Quelle allen Übels ist nicht beseitigt. Aus dem boshaften menschlichem Herzen sprudelt die kriminelle Energie nach wie vor.

Angeblich sei die Hitlerherrschaft beseitigt, angeblich hätten wir Demokratie. Doch was hat sich wirklich geändert? Mit Recht wies Hitler auf folgende Tatsache hin: „Keine Regierung, in keinem Teil der Welt hat die Zustimmung des Volkes in solchem Maße wie die Regierungen Deutschlands und Italiens“.53Hitler war eindeutig demokratisch legitimiert und hatte wesentlich mehr Rückhalt im Volk als unsere heutigen Regierungen. Dagegen hatten die Amerikaner mit ihren hohlen Phrasen von Demokratie und Menschenrechte die Indianer ausgerottet, die Neger versklavt, viele Kriege inszeniert, ihrem Waffenbruder Stalin grünes Licht für viele Verbrechen bei der „Befreiung“ Deutschlands gegeben, deutsche Kriegsgefangene und deutsche Zivilisten vorsätzlich verhungern lassen und vieles mehr. Bis heuten morden Amerikaner in aller Welt, lassen foltern und unterstützen Folterregime, z. B. den Folterstaat Israel. Auf die demokratische Legitimation sowohl Hitlers als auch anderer Verbrecherbanden muß deshalb hingewiesen werden, weil in der Bundesrepublik Deutschland Entscheidungsträger aus ihrer demokratischen Legitimation die Vollmacht ableiten, Jesusnachfolger ins Gefängnis werfen zu dürfen. Christus warnt uns vor dem Breiten Weg, auf dem die Vielen wandeln, der in die Verdammnis führt (Math. 7,13f). Demokratie stellt lediglich sicher, daß die Gesellschaft sich auf diesem Breiten Weg befindet. Aber die Wiedertäufer der Reformationszeit, die zu Tausenden gefoltert und geköpft, ertränkt oder lebendig verbrannt wurden, als auch Paul Schneider ließen sich nicht von irgendwelchen Mehrheiten leiten. Sie wollten nicht den Breiten Weg der Mehrheit gehen, sondern den Schmalen Weg Jesu.

Hitler war auch deshalb in einem wesentlich höherem Ausmaß demokratisch legitimiert als unsere heutigen Regierungen, weil er sein verbrecherisches Gedankengut und seine spätere Kriegspolitik in dankenswerter Offenheit schon lange vor seiner Machtübernahme z. B. in Mein Kampf dargelegt hatte. Er bekannte sich zu Darwins Evolutionslehre54 und zeigte deren blutige Konsequenzen55 auf, die niemand widerlegen kann, der ebenso wie Hitler Darwins Evolutionslehre anerkennt. Mein Kampf schrieb er während der Festungshaft, zu der er verurteilt worden war, weil er durch kriminelle Handlungen die politische Macht an sich reißen wollte. Sein brauner SA-Pöbel demonstrierte schon vor 1933 in aller Öffentlichkeit den kriminellen Charakter seiner Bewegung. Daß er trotzdem gewählt worden war, zeigt seine große demokratische Legitimation, die wesentlich größer war als die der US-Präsidenten seiner Zeit und auch der Zeit vor und nach ihm. Denn diese versprachen ihrem Volk, sich aus den europäischen Kriegen herauszuhalten, während sie gleichzeitig auf einen Kriegseintritt hinarbeiteten. Im Unterschied zu Hitler besaßen sie für ihre Kriegspolitik keine demokratische Legitimation.

Der von Hitler öffentlich vertretene Darwinismus hat Bluttaten zur Konsequenz. Wenn der Mensch als eine Tiergattung betrachtet wird, dann ist es folgerichtig sich so zu verhalten, wie sich ein Tierzüchter verhält. Ein Tier, dessen Erbanlagen für eine Höherzüchtung als ungeeignet gewertet werden, wird dann getötet, wenn es auch sonst keinen Nutzen bringt. Trotzdem hatte Hitler wesentlich weniger Menschen getötet als andere. Er hatte wesentlich weniger Menschen getötet als Stalin, der Waffenbruder Amerikas im gemeinsamen „Kreuzzug“ für Demokratie, Menschenrechte, Freiheit und Glaubensfreiheit. Er hatte auch wesentlich weniger Menschen getötet als allein in Deutschland nach jener schrecklichen Hitlerbarbarei an Kindern im Mutterleib getötet worden sind. Hitlers Bluttaten entsprechen in ihrem Ausmaß durchaus dem, was vor ihm und nach ihm bis in unsere Gegenwart üblich war bzw. üblich ist.

Auch seine Stellung zur Kirche entsprich dem, was bei Politikern bis heute allgemein üblich ist. Nach eigener Aussage war er keineswegs ein Kirchengegner. Sein Minister für kirchliche Angelegenheiten Hanns Kerrl wies am 23. Nov. 1937 den Vorwurf zurück, die Kirche würde verfolgt. Unter anderem argumentierte er damit, daß die staatlichen Zahlungen an die Kirchen seit Jan. 1933 eine Milliarde Mark überschritten. „Man zahlt doch an niemanden etwas, den man vernichten will“ – war seine Schlußfolgerung.56 Und in der Tat: Die Feindschaft der Nazis richtete sich nicht gegen die Kirche, sondern gegen Christus und gegen diejenigen, die Christus angehören. Die Nazis wollten nicht die kirchlichen Strukturen zerschlagen, sondern sie wollten selbst die kirchliche Führung übernehmen. Die christlichen Verkündigungsinhalte wollten sie nach und nach durch ihre Naziideologie austauschen. Dabei konnten sie scheinbar fromm reden; doch die Bedeutung der Worte hatten sie verändert. „Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums“, heißt es in Art. 24 Parteiprogramms der NSDAP. Hitler sprach bei verschiedenen Gelegenheiten schöne Worte wie: Die christliche Religion als Grundlage deutscher Moral anerkennen; an unseren Schulen und in unseren Jugendorganisationen wieder den Glauben an Gott lehren; die Regierung der göttlichen Führung unterwerfen; die christliche Kirche stellt das Fundament dar, auf dem der deutsche Staat erreichtet werden soll; Hitlers Bitte um den Segen des Allmächtigen.57 Doch Hitlers „Gott“ war nicht der Gott der Bibel, dessen Name im hebräischen Alten Testament JHWH ist, ausgesprochen als Jahwe oder Jehova. Und unter „Christentum“ verstand er auch nicht die Lehre des Juden Jesus Christus. Doch anscheinend hätte er es nicht geduldet, derartige Unterschiede des Verständnisses von Christentum zu thematisieren. Denn am 23. Nov. 1937 sagte er: „… Es ist … entscheidend, daß das ‚Germanische Reich Deutscher Nation’ diesen tragfähigsten Gedanken der Zukunft nun verwirklicht, unbarmherzig gegen alle Widersacher, gegen alle religiöse Zersplitterung, gegen alle parteimäßige Zersplitterung. … Wir geben euch unbedingte Freiheit in eurer Lehre und in eurer Auffassung der Gottesvorstellung. Denn wir wissen ganz genau: wir wissen darüber auch nichts. Eines aber sei ganz klar entschieden: Über den deutschen Menschen im Jenseits mögen die Kirchen verfügen, über den deutschen Menschen im Diesseits verfügt die deutsche Nation durch ihre Führer. Nur bei einer so klaren und sauberen Trennung ist ein erträgliches Leben in einer Zeit des Umbruchs möglich. Wir Nationalsozialisten sind in unserem tiefsten Herzen gottesgläubig. … Daher möchten wir, daß unser Volk demütig bleibt und wirklich an einen Gott glaubt. Also ein unermeßlich weites Feld für die Kirchen, sie sollen daher untereinander tolerant sein! Unser Volk ist nicht von Gott geschaffen, um von Priestern zerrissen zu werden. Daher ist es notwendig, seine Einheit durch ein System der Führung sicherzustellen. Das ist die Aufgabe der NSDAP“.58 Im Klartext: Hitler beanspruchte die geistige Führung des Volkes für sich. Und die von ihm gewährte „Freiheit“ der „Gottesvorstellung“ beschränkte sich lediglich auf solche Bereiche, an denen er ohnehin kein Interesse hatte. Die von Hitler gesetzte Rangordnung ist eindeutig: Er – Adolf Hitler – sei unser Führer, nicht aber Jesus Christus. Dieser Führungsanspruch der Obrigkeit war für Paul Schneider wie auch für die Wiedertäufer tödlich.

Wenn die Vokabel „Führer“ heute auch nicht mehr gebraucht wird, so ist es nach wie vor dieser Führungsanspruch, aufgrund dessen auch heute in Deutschland Menschen ins Gefängnis kommen. Die heutigen Jesusnachfolger kommen deshalb ständig ins Gefängnis, weil der „Kaiser“ sich nicht mit dem zufrieden gibt, was „des Kaisers“ ist, sondern das beansprucht was in Wirklichkeit Gottes ist. Dem würden viele unter Hinweis auf die im Grundgesetz „garantierte“ „Glaubensfreiheit“ widersprechen. Doch „Glaubensfreiheit“ gestanden auch Luther den Wiedertäufern und Hitler dem Pastor Schneider zu. Doch – so könnte man einwenden –, im deutschen Grundgesetz stehe auch: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet“ (Art 4, Abs. 2). Na und? Wenn Entscheidungsträger in Politik und Justiz sich nicht ihrer Verantwortung vor Gott bewußt sind, da kann im Grundgesetz stehen was will. Ohne Verantwortung vor Gott ist keine Rechtsstaatlichkeit möglich. Zwar lesen wir in der Präambel des Grundgesetzes von der „Verantwortung vor Gott und den Menschen“. Doch wie bereits zitiert, hat selbst Hitler es nicht an frommen Worten fehlen lassen. Nach biblischer Lehre ist der Unglaube eine unerschöpfliche Quelle jeden Verbrechens. Entsprechende Bibelstellen, die dies bezeugen, die in den Kirchen aber verschwiegen werden, wurden bereits zitiert. Daher sollte niemand meinen, daß gottlose Politiker und gottlose Richter, die von den gottlosen Politikern nach politischen Gesichtspunkten ausgewählt worden sind, sich durch irgendwelches bedrucktes Papier in ihrer kriminellen Energie stoppen lassen würden. Und so kommen ständig irgendwelche Jesusnachfolger ins Gefängnis. Angeblich nicht wegen ihres Glaubens, sondern weil sie gegen irgendwelche Gesetze verstoßen haben, die von ihnen verlangen, auf dem Breiten Weg zu wandeln, vor dem Christus uns warnt.

Ein Beispiel sind Herr und Frau Dojan. Sie hatten ihren Sohn von einem Theaterprojekt ferngehalten. In diesem wurde den Grundschulkindern vermittelt, daß ihr Gefühl bei sexuellen Entscheidungen immer Recht habe. Näheres in dem auf www.johannes-lerle.net veröffentlichtem Flugblatt Völkermord am Gottesvolk, unterstützt durch die Karlsruher Verbrecherbande. Vater und Mutter von David waren jeweils acht Tage im Gefängnis, weil sie ihren Sohn vom Pornounterricht fernhielten. In dem dort benutzten „Unterrichtsmaterial“ erklärt ein Vater seinen Kindern: „Das ist ein sehr schönes Gefühl. Mein Glied in Mamas Scheide“.59 Die Dauer der Gefängnisaufenthalte mag gering erscheinen. Doch das wirklich Schlimme ist die Tendenz. Immer häufiger werden Gläubige eingesperrt, und die Strafen werden immer höher. Auch Paul Schneider kam anfangs lediglich wiederholt in Schutzhaft, angeblich um ihn vor dem Volkszorn zu schützen. Erst nachdem die Haftzeiten ihn nicht zu „bessern“ vermochten, kam er in das KZ Buchenwald. Die Gläubigen wurden und werden deshalb verfolgt, weil die jeweils Mächtigen sich nicht mit der politischen Herrschaft zufrieden geben, sondern die totale Herrschaft beanspruchen. „Diese alle handeln gegen des Kaisers Gebote und sagen, ein anderer sei König, nämlich Jesus“ (Apg. 17,7). Weil die Wiedertäufer das Gotteswort über die Weisungen ihrer Fürsten gestellt hatten, deshalb wurden sie zu Tausenden geköpft, ertränkt oder lebendig verbrannt. Weil Paul Schneider das Gotteswort über die Weisungen eines selbsternannten „Führers“ gestellt hatte, deshalb wurde er im KZ Buchenwald „gestorben“. Genau das ist auch heute die Ursache, weshalb Herr und Frau Dojan, Davids Eltern und viele weitere Jesusjünger im Gefängnis waren. Das zeigt folgende Formulierung aus einem Nichtannahmebeschluß einer Verfassungsbeschwerde, die sich wortwörtlich in vielen Gerichtsurteilen wiederfindet: „Die Allgemeinheit hat ein berechtigtes Interesse daran, der Entstehung von religiös oder weltanschaulich motivierten ‚Parallelgesellschaften’ entgegenzuwirken und Minderheiten auf diesem Gebiet zu integrieren“.60 Die Wiedertäufer sollten in die Gemeinschaft der „rechtgläubigen“ obrigkeitshörigen Staatsbürger „integriert“ werden, und Paul Schneider sollte in die nationalsozialistische Volksgemeinschaft „integriert“ werden. In gleicher Weise soll auch heute die „Minderheit“ der „religiös motivierten“ „Parallelgesellschaft“ derer, die Ehebruch, außereheliche Kontakte und Homosexualität verabscheuen, in die Gemeinschaft der Unzüchtigen, der Ehebrecher und der Homosexuellen „integriert“ werden.

18. Judasdienst der Theologen

Als der Apostel Paulus einmal im Gefängnis war, schrieb er über Christus: „Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleichgestaltet werden, damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten” (Phil. 3,10f). Der Gemeinschaft der Leiden Christi konnte Luther durch eine Symbiose – Kritiker nennen es Kumpanei – mit den Fürsten weitgehend ausweichen. In diesem gegenseitigen Geben und nehmen hat Luther zwar das Gotteswort nach den politischen Interessen der Fürsten zurechtgebogen, dafür konnte er aber auch alle Staatsbürger mit der christlichen Botschaft erreichen. Die Pastoren wurden an den staatlichen Universitäten ausgebildet. Die Obrigkeit hat die Professoren selbstverständlich nach politischen Gesichtspunkten ausgewählt. Dadurch beeinflußte sie die Verkündigung in den Gemeinden. Manch ein Theologieprofessor wurde Bischof. Somit wirkte sich die Professorenernennung auch auf den Kurs der Kirchenleitungen aus. Während der Hitlerzeit kamen zunehmend Nazis auf die Lehrstühle für Theologie. Als Folge des verlorenen Krieges wurden sie davongejagt und durch Hitlergegner ersetzt. Solch ein Hitlergegner war z. B. der Theologieprofessor Karl Barth, der 1949 sagte: „Und dann kann man vom Kommunismus eben nicht das sagen, was man vom Nationalsozialismus vor zehn Jahren sagen mußte: daß es sich bei dem, was er meint und beabsichtigt, um helle Unvernunft, um eine Ausgeburt des Wahnsinns und Verbrechens handelt. Es entbehrte nun wirklich alles Sinnes, wenn man den Marxismus mit dem ‚Gedankengut’ des Dritten Reiches, wenn man einen Mann von dem Format von Joseph Stalin mit solchen Scharlatanen wie Hitler, Göring, Heß, Goebbels, Himmler, Ribbentrop, Rosenberg, Streicher usw. es gewesen sind, auch nur einen Augenblick im gleichen Augenblick im gleichen Atem nennen wollte. Was in Sowjetrußland – es sei denn: mit sehr schmutzigen und blutigen Händen, in einer uns mit Recht empörenden Weise – angefaßt worden ist, das ist immerhin eine konstruktive Idee, immerhin die Lösung einer Frage, die auch für uns eine ernsthafte und brennende Frage ist und die wir mit unseren sauberen Händen nun doch noch lange nicht energisch genug angefaßt haben: der sozialen Frage“.61 Wenn man Millionen Ukrainer vorsätzlich verhungern läßt, wie in den 1930er Jahren geschehen, dann löst das in der Tat so manche „soziale Frage“. Doch der „Mann von dem Format von Josef Stalin“ hatte wesentlich mehr Christen umgebracht als Hitler. „Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit“ (1. Kor. 12,26). Doch Prof. Karl Barth war kein Glied am Leibe Christi. Deshalb hatte er auch nicht mit den Gliedern am Leibe Christi mitgelitten, die in der damaligen Vergangenheit und in der damaligen Gegenwart in der Sowjetunion verfolgt worden waren. Dadurch, daß Nazis und Kommunisten sich gegenseitig beschimpfen und sich auch gegenseitig umgebracht hatten, gerät deren geistige Verwandtschaft aus dem Blickfeld. Konkurrierende Gangsterbanden bringen sich doch auch gegenseitig um, obwohl sie die gleiche Verbrechergesinnung haben. Die Gemeinsamkeit der Nazis mit Marxisten wie Karl Barth ist die Feindschaft gegen Christus.

In früheren Jahrhunderten waren große Fähigkeiten in der Auslegungsakrobatik der Bibeltexte erforderlich, um den Leuten weiszumachen, es sei gottwohlgefällig, z. B. Wiedertäufer umzubringen. Da jeder Akrobat einmal an seine Grenzen stößt, können selbst die gelehrtesten Theologen das Gotteswort nur begrenzt verfälschen. Doch seit dem 19. Jahrhundert hat sich eine bibelkritische Betrachtungsweise breitgemacht. Die Bibel wird nicht als göttliche Offenbarung anerkannt, sondern die einzelnen biblischen Bücher werden lediglich als Dokumente gewertet, in denen irgendwelche Menschen ihren Glauben bezeugt hätten. Daher wird die Bibel als Maßstab für unseren heutigen Glauben verworfen. Das läuft darauf hinaus, daß die Heilige Schrift als irrelevant für unseren persönlichen Glauben angesehen wird. Einzelne Bibelzitate werden lediglich als Dekoration mißbraucht, nicht aber als Erkenntnisquelle. Auf diesem Hintergrund müssen wir auch Hitlers bereits zitierte Äußerungen über den christlichen Glauben verstehen. Die Bibellehre war weder Maßstab für Hitlers Glauben, noch für sein Handeln. Daß es eine Hölle gibt, in die er wegen seiner Sünden kommen könnte, ist zwar eindeutig die Lehre der Bibel, war aber nicht die Überzeugung Hitlers, die sein Handeln hätte bestimmen können. Bei dieser Theologie, wie sie vor Hitler, während der Nazizeit und heute an den Universitäten gelehrt wurde und gelehrt wird, befassen sich die Studenten mit einem ihnen fremden Glauben, so wie sich andere wissenschaftliche Disziplinen mit dem uns fremden Glauben z. B. der Alten Griechen befassen. Die ungläubigen Theologen können dabei viele richtige Erkenntnisse z. B. über den Glauben des Paulus gewinnen, wie der Apostel in aller seiner Drangsal und in seinen Verfolgungen auf den Gekreuzigten und Auferstandenen blickt, dem er immer ähnlicher werden will, und wie er sich nach seiner himmlischen Heimat sehnt. Doch das ist der Glaube des Paulus, nicht aber der eigene Glaube.

Wem Christus innerlich fremd ist, der eifert auch nicht für den Glauben. Nur so ist die bereits zitierte Entgleisung Karl Barths zu erklären. Derartige Theologieprofessoren sind mit Forschern vergleichbar, die das Ökosystem des Waldes untersuchen. Sie kommen zu richtigen Erkenntnissen über den Ameisenhaufen und über dessen Bedeutung für das Ökosystem. Doch gleichzeitig wird der Wald mit riesigen Maschinen in großer Geschwindigkeit abgeholzt. Aber das ist Politik und nicht Sache der Ökologen, deren Aufgabe es ist, immer neue Erkenntnisse über das Innenleben der im Wald befindlichen Ameisenhaufen zu gewinnen. Die Theologen können ungestört ihre steuerfinanzierte Beschäftigungstherapie betreiben, solange sie den Völkermord am Gottesvolk nicht behindern. Selbst Hitler hatte sie in Ruhe gelassen. Denn sie hatten die Naziideologie nicht angegriffen. Der Dorfpfarrer Paul Schneider war lediglich eine der wenigen rühmlichen Ausnahmen. Heute befassen sich Drittkläßler in der Schule z. B. mit folgenden Fragen: „Warum wird bei einer Frau die Vagina feucht? Warum wird bei einem Mann, wenn er eine Frau sieht, die ihm gefällt, der Penis steif und lang? Was für ein Gefühl ist es, wenn Vagina und Penis sich treffen?“.62 Doch was hat das mit theologischer Wissenschaft zu tun? Gläubige, die diese „Wissensvermittlung“ für ihre Kinder ablehnen, werden eingesperrt. Was geht das die Theologieprofessoren an? Wenn irgendwelche „Fundamentalisten“, irgendwelche „religiös oder weltanschaulich motivierte ‚Parallelgesellschaften’“ sich nicht „integrieren“ lassen, so ist das deren Problem. Man selbst ist „bestens“ auf dem Breiten Weg „integriert“, und die Gemeinden sollten sich auch „integrieren“, sofern sie es nicht schon getan haben, um die Kirche nicht in den üblen Ruf des „Fundamentalismus“ und der Weltfeindlichkeit zu bringen. Ob eine derartige Angepaßtheit mit Lehre und Vorbild Jesu vereinbar ist, spielt für „wissenschaftliche“ Theologen keine Rolle. Denn man folgt Jesus Christus ohnehin nicht nach. Und das, was die Schrift über Christus berichtet, betrachtet man lediglich als Glaubensvorstellungen der ersten Christen, also als den Glauben einer längst vergangenen Epoche.

Derartige Auswüchse des Abfalls von Christus sind erst durch die Bibelkritik ermöglicht worden. Auch Luther war von Christus abgefallen. Doch er hatte gelehrt, daß die Bibel Gottes Wort ist. Folglich konnte er sich nur so weit von der Bibel entfernen, wie es seine akrobatischen Fähigkeiten bei der Bibelauslegung ermöglichten. Diese waren allerdings beträchtlich. Vergessen wir nicht: Luther wollte die Kirche reformieren, die damals vom Papst geleitet worden war. Und durch seine „Klugheit“ hat er in der Tat viel erreicht. Während die Urchristen blutig verfolgt worden waren, während das Blut der Wiedertäufer in Strömen floß, etablierte er viele Landeskirchen, die von der Verfolgung, die Christus seinen Nachfolgern vorhergesagt hatte, weitgehend verschont geblieben sind und sogar gesellschaftlich anerkannt waren und bis heute staatlich unterstützt werden. Luther hatte richtig gelehrt, daß das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet ist. Doch das Denken in den Bahnen des Papsttums wurde nicht überwunden. Faktisch wurde Luther zu einem Alternativpapst. Das zeigt die Bezeichnung „Vater Luther“, die noch vor nicht allzu langer Zeit gang und gäbe war.63 Diese Bezeichnung war nur möglich durch die freche Ignorierung folgenden Jesuswortes: „Ihr sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn einer ist euer Meister; ihr aber seid alle Brüder. Und ihr sollt niemanden unter euch Vater nennen auf Erden; denn einer ist euer Vater, der im Himmel ist. Und ihr sollt euch nicht Lehrer nennen lassen; denn einer ist euer Lehrer: Christus“ (Matth. 23,8-10). „Vater Luther“ ist nicht nur eine unglückliche Formulierung, sondern ich habe es in „lutherischen“ Kreisen wiederholt erlebt, daß die Behauptung „Luther hat gesagt“ als Argument diente. Weil der Hinweis auf Luther und die Tradition nicht den Hauch eines Argumentes haben darf, deshalb wurde die Hetze des Teufels zitiert, die sich in den Schriften des Reformators befindet. Luthers Hetze ist keineswegs nur Vergangenheit, sondern sie hat nach seinem Tod (1546) Eingang in die Lutherischen Bekenntnisschriften gefunden, die bis heute das offizielle Lehrdokument der Kirchen sind, die sich selbst als „lutherisch“ bezeichnen. So steht in der Konkordienformel von 1580, daß die Irrlehren der Wiedertäufer „weder in der Kirchen noch in der Polizei und weltlichem Regiment noch in den Haushaltungen zu dulden noch zu leiden“ seien (Epitome XII,2; SD XII,9). Diese Anweisung des Teufels kann man nicht dadurch abtun, daß man sie dem Bereich der Ethik zuordnet, während die Bekenntnisschriften lediglich ein Dokument für die Lehre, nicht aber für die Ethik seien. Denn diese Anweisung des Teufels setzt eine falsche Lehre voraus. Sie setzt voraus, daß die biblische Zweireichelehre verworfen wird, wonach das Reich Gottes von den politischen Reichen dieser Welt zu unterscheiden ist. Somit haben Polizei und weltliches Regiment keine Funktion bei der Bekämpfung wiedertäuferischer Irrlehren.

19. Verbreiterung des Schmalen Weges durch die „Zweireichelehre“

Dagegen redeten Luther und die „Lutheraner“ viel von Zweieichelehre. Sie beriefen und berufen sich dann auf die Zweireichelehre, wenn sie den Schmalen Weg verbreitern und ganze Lebensbereiche bei der christlichen Heiligung ausblenden wollen. So wurde der gesamte Nationalsozialismus dem Bereich der Politik zugeordnet, auf den die christliche Verkündigung aufgrund des Gotteswortes nicht eingehen dürfe. Hitler wurde ausschließlich als Politiker, nicht aber als Apostel des Teufels betrachtet. Da diese Verfechter „lutherischer“ Zweireichelehre angeblich nur das Evangelium verkündigt hätten, wurden sie im Unterschied zu Paul Schneider von den Nazis auch nicht verfolgt. Die biblische Zweireichelehre wurde und wird somit so zurechtgebogen, wie man es braucht, um die Gemeinde in die „Welt“ zu „integrieren“, damit sie von der Schmach einer „Parallelgesellschaft“ verschont bleibt. Dabei verliert man den Unterschied von „Welt“ und Gemeinde aus dem Blick.

So lesen wir in dem bereits erwähnten Predigtbuch der Deutschen in Rußland aus dem 19. Jahrhundert: „Ist es denn nicht ein Wunder vor unseren Augen, daß aus einem kleinen Senfkorn der gewaltige Baum der christlichen Kirche erwachsen ist? Daß unser Weltteil Europa, der vor 1900 Jahren ein heidnischer war, jetzt ein christlicher ist?“64 An anderer Stelle heißt es: „Vor 1900 Jahren war unser Weltteil ein heidnischer Weltteil, und jetzt bekennen sich in demselben alle Völker mit ihren Fürsten und Regenten zu Jesus Christus“.65 Viele Bluthunde, wozu auch die russischen Zaren zu der Zeit gehörten, in der dieses Predigtbuch geschrieben worden war, hatten sich zu Christus „bekannt“. Und außerdem lesen wir in diesem Predigtbuch, wir hätten „eine christliche Obrigkeit zu unserem Schutz“66 Doch damals war die Obrigkeit weder in Deutschland noch in Rußland christlich. Eine derartige Behauptung setzt voraus, daß man unter „christlich“ nicht die Nachfolge Jesu versteht, sondern ein „verchristlichtes“ Heidentum, wie wir es seit dem römischen Kaiser Konstantin (gest. 337) haben.

20. Sankt Luther

Dieses „verchristlichte“ Heidentum hat Luther beibehalten. Er wollte lediglich die Kirche reformieren. Doch es kam zur Kirchenspaltung. Die einen blieben beim Papst in Rom. Die anderen folgten dem neuen Papst Martin Luther nach. Heute kann niemand mehr die Mordaufrufe des Reformators gutheißen. Damit er unser Papst („Vater Luther“) bleiben kann, „mußte“ die Geschichte massiv gefälscht werden. Kirchengeschichtsdarstellungen verkamen zu Hagiographien67. Meine Kritik an Luther hat mir wiederholt den Vorwurf eingebracht, ich würde den Glauben zerstören. Doch diesen Vorwurf könnte man auch dem Mose machen, der das Goldene Kalb zerstört hat, das angeblich das Volk Israel aus Ägypten geführt hätte. „Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus“ (1. Kor. 3,11) – steht geschrieben. Es steht nicht geschrieben: …, welcher ist Luther. Folglich kann der Hinweis auf unumstritten wahre Tatsachen nur ein Götzenbild zerstören, nicht aber den Glauben an Christus. Die Blutspur, die Luther in der Kirchengeschichte hinterlassen hat, ist so gewaltig, daß sie keinem Lutherforscher und keinem Kirchenhistoriker verborgen geblieben sein könnte. Wer unter diesen Umständen dennoch den Heiligenschein von St. Luther poliert, dem ist der Geist Christi fremd, der ein Geist der Wahrheit (1. Joh. 4,6) ist, nicht aber ein Geist der Geschichtsfälschung. Daß Luther viel Richtiges geschrieben hat, z. B. den Kleinen Katechismus, daß er die Bibel übersetzt und viele zu Christus geführt hat, das soll hier nicht bestritten werden. Luther hat das Gotteswort verkündigt; und das Gotteswort wirkt den Glauben, weil es das Wort Gottes ist. Ein Akademiker wie Prof. Dr. Luther kann in fremden Gedankengängen denken und einen ihm fremden Glauben darlegen. Auch ein Wegweiser zeigt den richtigen Weg; er geht ihn aber nicht.

Es gibt zwei Traditionslinien im Gottesvolk: Da gibt es die alttestamentlichen Propheten, die getötet worden waren; und es gibt die Prophetenmörder. Die Pharisäer wollten in der Tradition der ermordeten Propheten gesehen werden. Doch Jesus zeigte die Pharisäer in der Traditionslinie der Prophetenmörder. In der Tradition der ermordeten Propheten standen Jesus selbst, seine Apostel, der erste Märtyrer Stephanus und die Urchristen. In der Tradition der Prophetenmörder standen die Pharisäer und die Päpste. In welcher Tradition stand Luther? Die Antwort ergibt sich aus der Beantwortung der folgenden Frage: Hat Jesus seinen Nachfolgern geboten, andere zu verfolgen, oder hat er ihnen vorhergesagt, daß sie verfolgt werden? In welcher Tradition standen die Wiedertäufer? Sie hatten in der Tat in vielen Punkten falsch gelehrt. Deren falsche Lehren haben folgende Veröffentlichungen zum Gegenstand, die im Internet unter www.johannes-lerle.net abrufbar sind: Haben die Apostel Säuglinge getauft?68 Und Das Tausendjährige Reich.

21. Leben in Christus

Wenn man das verstümmelte Christentum der Wiedertäufer mit einem menschlichem Körper vergleicht, dann fehlen diesem einige Glieder, z. B. eine Hand, ein Fuß u. s. w. Dagegen hatte Luther einen fast unversehrten Körper. Der im Glauben verstümmelte Wiedertäufer lebte in Christus. Doch Luthers fast unversehrter Körper war tot. Wer dem widerspricht, der möge doch bitte erklären, wieso es Leben in Christus sein soll, die Hinrichtung von „Winkelschleichern“ zu fordern. Wo hat Christus irgendwen aufgefordert, das Unkraut, wofür die Widertäufer gehalten worden waren, aus der Welt auszuraufen? Diese irrenden Sünder lebten in Christus und gaben dieses Leben überall weiter, z. B. bei ihren öffentlichen Hinrichtungen. Als Jörg Blaurock und Hans Langegger 1529 bei Klausen in Südtirol auf dem Scheiterhaufen starben, stand ein achtjähriger Junge namens Peter Walpot unter den Zuschauern. Obwohl er mit eigenen Augen gesehen hatte, was die Nachfolge Christi bedeuten kann, war er bereits mit 21 Jahren Diener am Wort unter den Täufern.69 Ein anderes Beispiel: Joost Joosten in den damals spanischen Niederlanden war ein Sänger mit einer wunderschönen Stimme. Er wurde von einem Sendboten der Täufer in einer geheimen Versammlung getauft. Im Jahre 1560 wurde er gefaßt und ins Gefängnis geworfen. Vier Beauftragte des „Heiligen Offiziums der Inquisition“ kamen zu seinem Verhör. Auf fünf Blättern schrieb Joost für sie nieder, was er glaubte. Auch im Gefängnis sang er und schrieb Lieder. Die Inquisitoren befragten Joost auf der Streckbank. Man trieb glühende Metallstäbe von den Knien abwärts bis sie an den Knöcheln wieder hervortraten. Doch sein Herz ließ sich nicht erschüttern. Schließlich wurde er zum Tod verurteilt. Auf dem Marktplatz wurde ein kleines Strohhaus errichtet. Zu Pferd, zu Fuß und mit Booten strömten die Zuschauer herbei. Sie säumten die Straßen und den Marktplatz. Eine große Truppe Soldaten wurde aufgeboten, die Menge zurückzuhalten. Dann brachten Soldaten den Verurteilten in Ketten zum Richtplatz. Kein Mensch hatte ihn je so abgemagert und bleich gesehen. Doch dann begann Joost Joosten zu singen. Er sang mit der gleichen klaren Stimme wie früher. Doch es war nun die Stimme eines Mannes. Einige erkannten, welches Lied er sang. Er hatte es geschrieben, als er gerade Christ geworden war: 0 Herr, du bist ja stets in meinem Sinn!. Er wurde in das kleine Strohhaus gebracht. Er hörte nicht auf zu singen, als die Flammen aufloderten. Es war der Montag vor Weihnachten im Jahr 1560. Joost Joosten war gerade 18 Jahre alt.70 Was diesen Menschen die Bereitschaft gab in den Tod zu gehe, zeigen nachfolgende Zeilen, die Hans Schlaffer in der Nacht vor seiner Hinrichtung 1528 schrieb: „Es ist von ewig in deinem göttlichen Rat beschlossen und durch die Schrift bezeugt, dass der ganze Christus, das Haupt mitsamt den Gliedern hat müssen leiden. Die Glieder seines Leibes werden von seinem Fleisch und seinem Gebein sein, die zwei werden ein Fleisch sein. Dies ist ein großes Geheimnis in Christus und seiner Gemeinde. Weil nun Christus als das Haupt, im sterblichen Fleisch (aber ohne Sünde) lebte, musste er leiden und sterben. Und sind wir nun seine Glieder und ein Leib mit ihm geworden, so müssen die Glieder dem Haupt nachfolgen“.71  In der „Gemeinschaft seiner Leiden“ (Phil. 3,10) folgten die Täufer Christus nach, nahmen sein Kreuz auf sich. (Matth. 16,24) und fanden Gemeinschaft in ihm. Die  „Gemeinschaft seiner Leiden“ bedeutet auch, „seinem Tod gleichgestaltet zu werden“ und „hinzugelangen zur Auferstehung aus den Toten“. In der Nachfolge des Märtyrers Jesus Christus gingen die Täufer anderthalb Jahrtausende später seinen Weg, den Weg des Kreuzes, den Weg zu ewigem Licht und Leben. In diesem Sinne schrieb Hans von Overdam, kurz bevor er am 9. Juli 1551 in jungen Jahren auf dem Scheiterhaufen in Genf starb: „Wir wollen lieber durch Gottes Gnade unsern vergänglichen Leib brennen, ertränken, enthaupten, ausspannen, peinigen oder nach eurem Gutdünken uns geißeln, ausbannen oder verjagen und unsere Güter uns rauben lassen, als euch wider des Herrn Wort Gehorsam erweisen“.72 Diesen Glauben kann man nicht von Menschen lernen. So schrieb Leonhard Schiemer 1528, einige Tage bevor er geköpft wurde: „Wer es nicht von Gott gelernt hat, sondern von Menschen allein, der kann nimmer einen festen Glauben haben. Und ein solcher Glaube währt nur so lange, bis man ihn verfolgt. Wenn ich einen viel lehren würde, der sich zuvor nicht Christus unterworfen, so käme ich Christus zuvor und wäre ein Dieb und Mörder. Denn ein solcher ist verfinstert in seinem Herzen und Verstand. Paulus sagt, sie sind entfremdet von dem Leben, das aus Gott ist. Einen solchen zu lehren, ist wie einem Blinden zu leuchten. Er sieht dadurch doch nicht besser“.73 Als Thomas von Imbroich 1537 in Köln enthauptet wurde, hinterließ er in einem Lied folgendes Testament:
„Ich bin zwar willig und bereit
Zu leben und zu sterben.
Ich acht nicht viel, wie es mir geht
Gott lässt mich nicht verderben.
Bin wohl getrost und nehm es gut,
Dieweil ich bin auf Erden.
Freundlich tröst‘ er mir Herz und Mut
Durch meine lieben Brüder werten.

Schwert, Wasser, Feuer, was auch kommt
Soll mich gar nicht erschrecken,
Kein Mensch, noch irgendwer
Soll mich von Gott abtrecken
Was ich im Anfang hab erwählt,
Dabei hoff ich zu bleiben.
Aller Schmerz dieser Welt
Soll mich von Gott nicht treiben“74

Als man den Verfasser dieser Zeilen köpfte, war er erst 25 Jahre alt. Diese und viele weitere zum Teil jugendliche Märtyrer hatten gewußt, was es heißt Jesus Christus nachzufolgen. Das griechische Wort Märtyrer bedeutet Zeuge. Sowohl die alttestamentlichen Propheten als auch Johannes der Täufer, die Apostel, Stephanus und viele Gläubige in der Alten Kirche hatten Christus mit ihrem Leben bezeugt. In einem angeblich christlichem Umfeld bezeugten auch die Wiedertäufer Christus mit ihrem Leben. Angeblich sei auch unser Umfeld christlich – siehe die Präambel des Grundgesetzes. Die gegenwärtige Verfolgung nimmt an Schärfe zu. Möge Gott auch uns die Kraft geben, in einem zunehmend antichristlichem Umfeld Jesus Christus mit unserem Leben zu bezeugen.

 

1Simons, Menno, Werke, Die vollständigen Werke Menno Simons, Funk Ausgabe 1876, Nachdrucke 1971 und 1982, Band 2, S. 158f.

2 Ebenda Band 2, S. 278f.

3Joest meint zu unrecht und interpretiert die Schriften Luthers entsprechend. Sein Artikel ist schwer zu lesen, da Joest es nicht für nötig hielt, die lateinischen Lutherzitate zu übersetzen (Wilfried Joest: Paulus und das Luthersche Simul Iustus et Peccator. In: KERYMA UND DOGMA 1 (1955), S. 269-320).

4Ohne Quellenangabe zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 57.

5Kilian Auerbacher, ein Wiedertäufer aus Mähren, in einem Brief von 1534 an den Straßburger Reformator Martin Bucer. In: Quellen zur Geschichte der Täufer, Band VIII, Elsaß II, Straßburg 1533-1535, Gütersloh 1960. In der Reihe: Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte, S. 406, zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 68.

6Fundamentbuch, in: Simons, Menno, Werke, Die vollständigen Werke Menno Simons, Funk Ausgabe 1876. Nachdruck: Aylmer, Ontario 1971, S. 124, zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 68.

7D. Martin Luthers Brief an Eberhard von der Tannen, von den Schleichern und Winkelpredigern, Anfang 1532, In: Dr. Martin Luthers Sämmtliche Schriften, 2. Auflage, herausgegeben von Georg Walch, St. Louis, Mo., USA 1880-1910, Nachdruck Groß Oesingen 1987, Band 20, Spalte 1666. Im folgenden abgekürzt: Walch2. Oder: Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe 30. Band, Weimar, S. 518f. Im folgenden abgekürzt: WA. Die Luthertexte sind nach Walch2zitiert. Diese Fassung ist leichter lesbar als Texte in Luthers Originalrechtschreibung. Der Nachdruck von 1987 ist in lutherischen Kreisen weit verbreitet, so daß jeder in bibeltreuen lutherischen Kreisen jemanden kennen sollte, der diese Ausgabe hat. Die Nachprüfbarkeit für jedermann ist deshalb wichtig, weil die nachfolgenden Lutherzitate von Blut triefen, so daß man es nicht für möglich halten sollte, daß sie tatsächlich von Luther stammen könnten. Die Originalrechtschreibung kann in der Weimarer Ausgabe (WA), nach der Luther in wissenschaftlichen Veröffentlichungen zitiert wird, nachgesehen werden. Einsehen kann man diese in Bibliotheken Theologischer Fakultäten. Da das für viele zu umständlich ist, deshalb wird Luther hier an erster Stelle nach der zweiten Auflage von Walch zitiert.

8Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 68f.

9D. Martin Luthers Brief an Eberhard von der Tannen, von den Schleichern und Winkelpredigern, Anfang 1532, Walch2, Band 20, Spalte 1666 oder WA 30 S. 518f.

10 D. Martin Luthers Brief an Eberhard von der Tannen, von den Schleichern und Winkelpredigern, Anfang 1532, Walch2, Band 20, Spalte. 1666 oder WA 30, S. 518f.

11Mennonitisches Lexikon, Hg. Chr. Hege, Chr. Neff, H. E. Bender, E. Crous, G. Hein, 4 Bde., Frankfurt a. M., Weierhof, Karlsruhe, 1913-1967. Nachdruck Bolanden-Weierhof 1986, Band 2, S. 601, zitiert in Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 70f.

12 Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S.71

13Verlegung etlicher unchristlicher Artikel, welche die Widerteuffer fürgeben, Melanchthons Werke in Auswahl I, Gütersloh 1951, S. 321, zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 70f.

14Phil. Melanchthons Bedenken, daß weltliche Obrigkeit schuldig sei, den Wiedertäufern mit leiblicher Strafe zu wehren, Anno 1536. (Luther war ein Mitverfasser). In: Walch2, Band 20, Spalte 1757 oder WA 50. Band, S. 14.

15 In: Catabaptistarum Strophas Elenchus, 1527, zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 239.

16Walter Klarer, zitiert in: J. J. Simmler, Sammlung alter und neuer Urkunden, Zürich 1757, zitiert in Feuertaufe a. a. O., S. 239.

17Der Widertöufferen Ursprung, fürgang, secten, wäsen, fürnemme und gemeine irer leer Artickelo, 1561, Fotomechanischer Nachdruck, Leipzig 1975, S. 16, zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 239.

18Fischers schrieb mehrere Bücher gegen die Bruderhöfe in Mähren: Von der Wiedertauffer verfluchtem Ursprung, gottlosen Lehre, und derselben gründliche Widerlegung, 1603; Der Hutterischen Wiedertauffer Taubenkobel in welchem all ihr Mist, Kot und Unflat zu finden ist 1607; 54 erhebliche Ursachen warum die Wiedertauffer nicht sein im Lande zu leiden…, 1607, zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 239f. …

19Erster evangelischer Prozess wider allerlei grausame Irrtümer der Wiedertäufer, Köln 1582, zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 240.

.20ausgelegt 1532. Walch2, Band 7, Sp. 627 oder WA 32, S. 507.

21Luthers Auslegung von Ps. 82,4, 1530, Walch2, Band 5, Spalte 719 oder WA 31, S. 209.

22Luthers Auslegung von Ps. 82,4, 1530, Walch2, Band 5, Spalte 721f oder WA 31, S. 211.

23D. Martin Luthers Brief an Eberhard von der Tannen, von den Schleichern und Winkelpredigern, Anfang 1532, Walch2, Band 20, Spalte. 1670 oder WA 30, S. 521f.

24An den christlichen Adel deutscher Nation, von des christlichen Standes Besserung, Walch2, Bad 10, Spalte 272 oder WA 6, S. 408.

25Luthers Auslegung von Ps. 82,4, 1530, Walch2, Band 5, Spalte 721 oder WA 31, S. 211.

26Luthers Auslegung von Ps. 82,4, 1530, Walch2, Band 5, Spalte 723 oder WA 31, S. 212.

27Luthers Auslegung von Ps. 82,4, 1530, Walch2, Band 5, Spalte 723 oder WA 31, S. 212.

28 Luthers Auslegung von Ps. 82,4, 1530, Walch2, Band 5, Spalte 721 oder WA 31, S. 210.

29Kilian Auerbacher, ein Wiedertäufer aus Mähren, in einem Brief von 1534 an den Straßburger Reformator Martin Bucer. In: Quellen zur Geschichte der Täufer, Band VIII, Elsaß II, Straßburg 1533-1535, Gütersloh 1960. In der Reihe: Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte, S. 406, zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 68.

30Phil. Melanchthons Bedenken, daß weltliche Obrigkeit schuldig sei, den Wiedertäufern mit leiblicher Strafe zu wehren, Anno 1536. (Luther war ein Mitverfasser), Walch2 Band 20, Spalte 1753 oder WA50, S. 10.

31Phil. Melanchthons Bedenken, daß weltliche Obrigkeit schuldig sei, den Wiedertäufern mit leiblicher Strafe zu wehren, Anno 1536. (Luther war ein Mitverfasser), Walch2 Band 20, Spalte 1753 oder WA50, S. 10f.

32Eine wehmütige und christliche Verantwortung …, Simons, Menno, Werke, Die vollständigen Werke Menno Simons, Funk Ausgabe 1876, Nachdrucke 1971 und 1982, Band 2, S. 437f, zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 181f.

33Quelle nicht identifiziert, zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 236f.

34Phil. Melanchthons Bedenken, daß weltliche Obrigkeit schuldig sei, den Wiedertäufern mit leiblicher Strafe zu wehren, Anno 1536. (Luther war ein Mitverfasser), Walch2 Band 20, Spalte 1755f oder WA50, S. 12f.

35Phil. Melanchthons Bedenken, daß weltliche Obrigkeit schuldig sei, den Wiedertäufern mit leiblicher Strafe zu wehren, Anno 1536. (Luther war ein Mitverfasser), Walch2 Band 20, Spalte 1754f oder WA50, S. 11f.

36Luthers Auslegung von Ps. 82,4, 1530, Walch2, Band 5, Spalte 718f oder WA 31, S. 208.

37Phil. Melanchthons Bedenken, daß weltliche Obrigkeit schuldig sei, den Wiedertäufern mit leiblicher Strafe zu wehren, Anno 1536. (Luther war ein Mitverfasser), Walch2 Band 20, Spalte 1756 oder WA 50, S. 13.

38 Hauspostille 1545, Nachtrag. Am V. Sontag nach Epiphanie. Evangelium Matth. XIII, WA 52, S. 836. Dieser Nachtrag scheint in der Ausgabe von Walch zu fehlen.

39 Ebenda, WA 52, S. 838.

40Hauspostille 1544. Am fünfften Sontag nach dem Obersrsttag, Euangelion Matthei am 13. Walch2 Band 13a, Spalte 190f oder WA 52, S. 134.

41Walch2 Band 13a, Spalte 191 oder WA 52, S. 134.

42Walch2 Band 13a, Spalte 191-193 oder WA 52, S. 134f.

43D. Martin Luthers Brief an Eberhard von der Tannen, von den Schleichern und Winkelpredigern, 1532, in: Walch2, Band 20, Spalte 1666 oder WA 30, S. 518.

44 D. Martin Luthers Brief an Eberhard von der Tannen, von den Schleichern und Winkelpredigern, 1532, in: Walch2, Band 20, Spalte 1666f oder WA 30, S. 519.

45 Luthers Auslegung von Ps. 82,4, Walch2, Band 5, Spalte 721 oder WA 31, S. 210.

46D. Martin Luthers Brief an Eberhard von der Tannen, von den Schleichern und Winkelpredigern, 1532, in: Walch2, Band 20, Spalte 1668 oder WA 30, S. 520.

47D. Martin Luthers Brief an Eberhard von der Tannen, von den Schleichern und Winkelpredigern, 1532, in: Walch2, Band 20, Spalte 1669 oder WA 30, S. 520f.

48Karl Heussi, § 81 m

49Rudolf Wentorf, der Fall des Pfarrers Paul Schneider, Neukrchen-Vluyn 1989, S. 171f, zitiert in: Claude Foster, Paul Schneider. Seine Lebensgeschichte, Holzgelingen 2001, S. 546f.

50Claude Foster, Paul Schneider. Seine Lebensgeschichte, Holzgelingen 2001, S. 591.

51Claude Foster, Paul Schneider. Seine Lebensgeschichte, Holzgelingen 2001, S. 600.

52M. Domarus, Hitler, Reden und Proklamationen 1932-45, 1962, zitiert in: Claude Foster, Paul Schneider. Seine Lebensgeschichte, Holzgelingen 2001, S. 659.

53Völkischer Beobachter vom 30. 9. 1937, zitiert in: Claude Foster, Paul Schneider. Seine Lebensgeschichte, Holzgelingen 2001, S. 549.

54Die 167.-169. Auflage von 1935, S. 70, 245, 314, 316f, 323 und 494-496.

55A. a. O., S. 149, 312 und 740.

56Claude Foster, Paul Schneider. Seine Lebensgeschichte, Holzgelingen 2001, S. 598.

57Claude Foster, Paul Schneider. Seine Lebensgeschichte, Holzgelingen 2001, S. 361.

58M. Domarus, Hitler, Reden und Proklamationen 1932-45, 1962, zitiert in: Claude Foster, Paul Schneider. Seine Lebensgeschichte, Holzgelingen 2001, S. 597f..

59 Das mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnete Bilderbuch Peter, Ida und Minimum, angeblich geeignet für Kinder ab 6 Jahren.

60Vom 29. April 2003, Aktenzeichen 1 BvR 436 und ist unter www.johannes-lerle.net zu lesen.

61Vortrag, gehalten am 6. Februar 1949. Veröffentlicht in der Zeitschrift: Unterwegs, Berlin-Reinickendorf-Ost 1949, Heft 2, S. 25.

62In der Bessunger Grundschule in Darmstadt (Hessen) im Schuljahr 1998/99. Näheres in der Broschüre: „Die Sünde ist der Leute Verderben“ (Spr. 14, 34). Warum Deutschland pleite geht, veröffentlicht auf www.johannes-lerle.net

63Das ist die gängige Bezeichnung in folgendem Predigtbuch: C. Blum, Gnade um Gnade. Evangelien-Predigten für das ganze Kirchenjahr, Nachdruck Gr.-Oesingen 1995.

64Predigt am Sonntag Okuli in: C. Blum, Gnade um Gnade. Evangelien-Predigten für das ganze Kirchenjahr, Nachdruck Gr.-Oesingen 1995.

65Predigt am Epiphaniasfest, Ebenda.

66Predigt am 17. Sonntag nach Trinitatis, Ebenda.

67Eine Hagiographie ist eine Heiligenlegende in der katholischen Literatur.

68Auch in gedruckter Form zum Preis von 7 Euro erhältlich bei: Verlag der Lutherischen Buchhandlung Heinrich Harms, 29393 Groß Oesingen: Johannes Lerle, Haben die Apostel Säuglinge getauft?, ISBN 3-922534-56-2

69Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 89.

70 Märtyrerspiegel: Thielmann J. van Braght, Der blutige Schauplatz / oder / Märtyrerspiegel / der / Taufgesinnten oder / Wehrlosen Christen …, Nachdruck, Aylmer, Ontario 1973, Band 2, S. 211, zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 207f.

71Kunstbuch, noch unveröffentlichte Sammlung täuferischer Texte. Zitiert nach einer Transkription von Samuel Geiser, die in der Goshen Historical Library einzusehen ist. Hier zitiert nach: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 46.

72Aus „Ein Brief von Hans von Oberdam, den er an die Herren des Gerichts zu Gent und an die Ratsherren den Tag vor seiner Gefangenschaft gesandt hat“, 1551, Märtyrerspiegel: Thielmann J. van Braght, Der blutige Schauplatz / oder / Märtyrerspiegel / de / Taufgesinnten oder / Wehrlosen Christen …, Nachdruck, Aylmer, Ontario 1973, Band 2, S. 71, zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 62.

73Vom Fläschlein, Quellen zur Geschichte der Täufer, Band III, Glaubenszeugnisse oberdeutscher Taufgesinnter I, hg. von Lydia Müller, Leipzig 1938, S. 73f, zitiert in: Peter Hoover, Feuertaufe. Das radikale Leben der Täufer – eine Provokation, Berlin 2006, S. 79.

74Ausbund / das ist: / Etliche schöne / Christliche Lieder / wie sie im Gefängnis zu Passau in dem / Schloß von den Schweizer Brüdern und / anderen rechtgläubigen Christen /hin und her gedichtet worden … / 13. Auflage./ Verlag von den Amischen Gemeinden /in Lancaster Country, Pa. / 1975, 23, 20-21.

 

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